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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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obwohl wir gar nicht rauchten.
    „Ich würde dem Typen ’nen Joint andrehen. Vielleicht raucht er dann lieber eine mit mir, statt rumzuballern. Wenn alle Pot rauchen würden, wäre die Welt viel friedlicher, Alter.“
    „Drogen paffen, Frieden schaffen?“, entfuhr es Remmler, der im Bett über mir ein Fantasybuch verschlang.
    „Genau, Alter“, sagte Damm.
    Remmler, Damm und ich fingen wie wild an zu kichern. Während wir so lachten, drehte ich mich zu Damm um. Ich schaute ihn an – und sah ihn plötzlich tot, mit offenem Mund dasitzen, während sein Blut und seine Gehirnmasse hinter ihm an der Wand herunterflossen.
    Ich erschrak so heftig über diese Vision, dass ich mich blitzschnell aufrichtete und mir die Kopfhaut an den Metallhaken des oberen Bettes aufriss.
    „Au! Scheiße!“, entfuhr es mir. Ich hielt mir den Kopf und spürte, dass ich blutete.
    „Kacke, Alter, was springste auch so auf?“, sagte Damm und zerrte mich in den Waschraum gegenüber unserem Zimmer. Ich tupfte mir mit einem Waschlappen den Schädel ab.
    „Lass mal sehen“, sagte Remmler, und ich ließ ihn gewähren. „Na, das ist eine schöne Schmarre. Sieht aber so aus, als wäre es nicht schlimm. Weshalb bist du denn eigentlich aufgesprungen?“
    „Ich … ich dachte, ich hätte etwas gesehen.“
    „Da würde mich ja mal interessieren, was“, sagte Damm, spülte seine Hände unter dem Wasserstrahl und wollte seine Haare verstrubbeln, merkte dann aber, dass es mit dem Stoppelschnitt nicht so richtig klappen wollte.
    „Nein, interessiert dich nicht“, entgegnete ich. „Sag mal, Damm. Ist mit dir eigentlich alles in Ordnung?“
    „Ob mit mir … Alter, du bist doch derjenige, der gerade wie ein Bekloppter aufgesprungen ist und sich am Kopf verletzt hat.“
    „Ja … ja, hast ja recht.“
    Von der anderen Seite des Korridors hörten wir plötzlich jemanden rufen: „Hier drin stinkt es ja wie in einer Drogenhöhle, verdammt!“
    Kruppa war zurück. Er kam herüber in den Waschraum und fing an, Damm anzumotzen.
    „Ich habe dir schon ein Dutzend Mal gesagt, dass du zum Rauchen rausgehen sollst. Die ganze Bude riecht nach Cannabis.“
    „Und?“
    „Wenn du auf Ärger mit Stuffz Anselm aus bist, bitte schön, aber ich will damit nichts zu tun haben.“
    „Beruhige dich. Martin ist verletzt, Alter“, sagte Damm und zeigte auf meinen Schädel.
    „Was ist denn passiert?“, fragte Kruppa.
    „Martin dachte, er hätte etwas gesehen, ist aufgesprungen und hat sich den Kopf am Bett aufgekratzt“, sagte Remmler.
    „Hat was gesehen?“
    „Was Unangenehmes“, sagte ich.
    „Geht’s noch ungenauer?“
    „Ist auch völlig egal“, erwiderte ich. „War wohl nur ein Hirngespinst.“
    „Hirngespinst?“, sagte Kruppa, „Wohl eher die Drogen. Siehst du, das kommt davon, Damm.“
    „Alter, geh mir nicht auf den Sack“, entgegnete Damm.
    Kruppa pumpte sich auf, aber Damm unterbrach ihn.
    „Drogen paffen, Frieden schaffen.“
    Wieder begannen wir anderen, wie wild zu kichern. Kruppa schüttelte nur den Kopf und ging aufs Zimmer. Wir folgten ihm und machten uns nachtfertig, aber ich sollte in dieser Nacht nur schwer in den Schlaf finden.
    ***
    Anja machte ihr Versprechen wahr und schrieb mir zur Bundeswehr. Sie erzählte mir Belanglosigkeiten aus ihrem Leben, ich berichtete ihr von den Merkwürdigkeiten meiner Bundeswehrzeit und versuchte in meinen Antworten möglichst kreativ und lustig zu sein. Meine Vision von Damm erwähnte ich allerdings auch ihr gegenüber nicht.
    In vielerlei Hinsicht war Anja der letzte Faden, der mich mit meinem alten Leben an der Schule verband. Abgesehen von ihr, hatte ich nur noch mit den Leuten von der DLRG zu tun, obwohl ich mich dort während meiner Bundeswehrzeit kaum sehen ließ. In den ersten Wochen war ich ohnehin kaserniert, ich kam gar nicht nach Hause. Später nutzte ich dann das Wochenende, um mich ein wenig zu erholen. Außerdem wollten meine Eltern mich ja auch noch sehen, obwohl sie ihre Zweisamkeit, seit ich von zu Hause weg war, sehr zu genießen schienen.
    Nach ein paar Wochen erhielt ich Post aus Heidelberg. Ich war nicht wenig überrascht, dass der Brief von Anja war. Sie hatte mir bisher verschwiegen, dass sie dort studieren würde. Mein Plan, sie irgendwann in Berlin groß auszuführen, war damit erledigt. Stattdessen hatte ich Damm ständig im Auge.
    Nichts deutete darauf hin, dass er sich irgendwann das Gewehr an den Kopf setzen würde, aber die Momentaufnahme von ihm in seinem

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