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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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heute zu sterben. Hast du dir das schon einmal überlegt? Vielleicht ist ihm stattdessen vorbestimmt, alt und grau zu werden und … und … und Hoverboards zu erfinden.“
    „Du solltest wirklich weniger Filme schauen.“
    „Das ist doch jetzt völlig wurst. Verstehst du denn nicht, was ich meine?“
    „Doch, sehr gut sogar. Es ist vielmehr so, dass du nicht zu verstehen scheinst. Ich war unehrlich, ja, aber es geschah zu deinem Besten. Ließe ich zu, dass du dich zu sehr um Menschen sorgst, würde das deine Arbeit nur unnötig erschweren.“
    „Wa… von was zum Teufel redest du da?“
    „Du kannst es dir als mein Nachfolger nicht leisten, zu viel Mitgefühl zu haben. Der Tod ist das Finale. Unvermeidbar, ob er nun auf die eine oder andere Weise eintritt. Für meinen Nachfolger ist es unerlässlich, dies als Tatsache zu akzeptieren. Du würdest Qualen durchleiden, wenn du versuchst, all die Seelen zu retten, die du holen musst.“
    Ich war fassungslos. „Ich soll kein Mitgefühl haben? Gerade das Mitgefühl macht uns doch erst zum Menschen, das unterscheidet uns von einer gefühllosen Maschine! Wenn dir jegliches Mitgefühl fehlt, dann fehlt dir auch jegliche Menschlichkeit.“
    Tod schaute mich mit leerem Gesichtsausdruck an. „Martin, wenn du diese Aufgabe übernimmst, kannst du dir keine Menschlichkeit mehr leisten. Du kannst deinen Auftrag nicht meistern, wenn du versucht bist, alle zu retten. “
    „Und genau deshalb werde ich es nicht machen.“
    „Es bleibt dir aber nichts anderes übrig!“, schrie mich Tod an und ich wich erschrocken zurück. „Eines Tages wirst du mein Amt übernehmen. Du kannst es nicht abwenden. Lerne von mir oder weigere dich, aber am Ende wird alles auf dasselbe hinauslaufen. In der Stunde deines Todes wirst du zum Tod, ob du willst oder nicht. Du wirst viele Jahre, Jahrhunderte gar, in Einsamkeit verbringen. Solange wir uns kennen, war es mein Bestreben, dich darauf vorzubereiten. Deswegen habe ich dich auch immer vor den Menschen schützen wollen.“
    Tods Worte verwirrten mich zunehmend. Er hatte mich vor den Menschen – beschützt?
    Tod verzog sein Gesicht. Es sah fast so aus, als hätte er sich verplappert und überlegte nun, wie er das Gesagte wieder ungeschehen machen könnte. Und in dem Moment dämmerte es mir.
    „Oh“, sagte ich, „jetzt wird mir einiges klar.“
    „Du musst verstehen, dass ich immer nur in deinem Interesse gehandelt habe.“
    Ich musste mich an die Wand lehnen. Ziemlich viele Puzzleteile setzten sich in meinem Kopf zusammen.
    „Du wolltest mich nicht schützen. Du wolltest mich isolieren! Gerrit ist gestorben, weil ich keine Freundschaft zu ihm aufbauen sollte! Du hast dich in mein Leben gedrängt, bist in den unpassendsten Momenten aufgetaucht, um mich in der Schule und bei Conny wie einen Idioten dastehen zu lassen. Für die Leute um mich herum bin ich ein Freak, der mit sich selbst redet und neuerdings auch noch übers Wasser gehen kann!“
    Thanatos schwieg und begann mit den Zähnen zu knirschen.
    Ich fuhr fort: „Mein Abi wäre vermutlich auch besser gelaufen, wenn du mich nicht mitten in ein Katastrophengebiet gebracht hättest.“
    „Aha, aber die Gabe, während der Prüfung die Bibliothek zu besuchen, hast du gern genutzt“, stellte Tod fest.
    „Darum geht es nicht! Jahrelang habe ich geglaubt, dass du mein einziger Freund wärst, aber es stellt sich nun heraus, dass ich ohne dich jede Menge haben könnte.“
    „Nun komm mal wieder auf den Teppich.“
    „Nur weil ich dich kenne, ist einer meiner Freunde gestorben, und Leute meiden mich, weil sie denken, dass ich mich wie ein Irrer aufführe.“
    „Und was davon macht dir jetzt mehr Sorgen?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Ich will einfach nur ein normales Leben führen, verstehst du das nicht? Ich will Freunde, ich will lieben, ich will … leben. Ich will einfach nur leben wie ein ganz normaler Mensch.“
    „Du bist aber kein normaler Mensch.“
    „Ich hab verdammt noch mal nicht darum gebeten, so zu sein, wie ich bin. Ich hab mir nicht ausgesucht, dich zu kennen.“
    „Es ist ganz einfach dein …“
    „… Schicksal, ja ja“, unterbrach ich ihn. „Du klingst wie eine springende Schallplatte. Das gibt dir trotzdem nicht das Recht, dich in mein Leben einzumischen.“
    „Ich denke, es ist an der Zeit, sich wieder etwas zu beruhigen. Du lässt dich in deinem Unmut zu Äußerungen hinreißen, die ich nicht länger hinnehmen werde.“
    „Sonst was? Versaust du mir

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