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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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darauf, dass ein Arzt sich meiner erbarmen würde.
    Es roch nach Desinfektionsmittel. Ich kratzte mir die Nase, als eine Frau im weißen Kittel den Vorhang beiseiteschob und lautstark sagte: „Aber nicht die Popel an der Liege abwischen!“
    „Aber ich hab doch gar nicht … ich wollte doch gar nicht.“
    „Schon gut, war nur ein Scherz. Also, was gibt’s denn?“ Sie starrte auf den Zettel, den ich ausgefüllt hatte.
    „Das habe ich da aufgeschrieben.“
    „Ja, aber wenn du mir sagst, was du hast, dann muss ich das hier nicht entziffern.“ Sie schwenkte den Zettel hin und her. „Dem Gekrakel nach zu urteilen, hast du was an der Hand. Damit könntest du glatt Arzt werden.“
    Sie lächelte mich an, und irgendwie fühlte ich mich durch die Zwanglosigkeit dieser Frau schon besser. Außerdem machte sie auch ziemlich was her. Es gab ein paar Krähenfüße um ihre Augen, aber sie war vermutlich nicht älter als Mitte 30. Wäre sie etwas jünger oder ich etwas älter, hätte ich mich auf der Stelle in sie verliebt.
    „Hab mir das Bein verknackst. Tut tierisch weh beim Laufen.“
    „Du hast also nicht nur eine Sauklaue, sondern kommunizierst auch nur in rudimentären Sätzen, was? Erzähl mir etwas mehr. Ich hab ’ne 24-Stunden-Schicht hinter mir, da höre ich gern ein paar gute Geschichten.“
    „Ich bin bei der DLRG, und bei uns an der Badestelle ist ein kleiner Junge im Wasser bewusstlos geworden. Ich bin ins Wasser gerannt und habe ihn rausgeholt. Dabei muss ich irgendwie umgeknickt sein.“
    „Mensch, das ist doch mal eine Story. War das jetzt nur eine Geschichte oder ist das wirklich so abgelaufen?“
    „Wirklich so.“
    „Respekt. Da sitzt vor mir ein echter Lebensretter.“
    Ich wurde etwas rot.
    „Ernsthaft …“, fuhr sie fort, „… ich habe viel Achtung vor dem, was ihr da tut. Viele glauben wahrscheinlich, ihr sitzt da nur rum, aber ehrenamtlich Leuten zu helfen ist etwas, das viel mehr Leute machen sollten. Und wie man an dir sieht, seid ihr eine echte Hilfe.“
    Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte, also sagte ich einfach nur: „Danke.“
    Sie hielt mir ihre Hand hin. „Ich bin Simone.“
    „Ich bin Martin“, sagte ich und schüttelte die Hand.
    „Jetzt, da wir uns bekannt gemacht haben …“, sprach sie und legte das Klemmbrett mit dem Zettel beiseite, „… werden wir dich mal ausziehen, damit ich mir deinen Lebensretter-Körper mal genauer ansehen kann.“
    Ich machte große Augen. „Aber ich habe doch nur was am Fuß!“
    Sie legte den Kopf schief und lächelte. „Hätte ja klappen können. Leider kommen nicht so oft sportliche Lebensretter zur Behandlung.“
    Ich musste grinsen, auch wenn ich ihr Verhalten als Ärztin äußerst fragwürdig fand. Andererseits hatte ihre offene Art etwas sehr Sympathisches.
    Mein Bein war mittlerweile angeschwollen. Simone half mir dabei, meinen Schuh vom Fuß zu kriegen, was ziemlich weh tat. Nach einer kurzen Untersuchung entschied sie, dass er geröntgt werden müsste. Als sie mit den Röntgenaufnahmen zurück war, teilte sie mir mit, dass mein Bein tatsächlich angeknackst war.
    „Gebrochen ist das nicht, aber angebrochen“, sagte sie und zeigte auf die Stelle, bei der ich auf der Aufnahme anscheinend etwas hätte sehen sollen.
    „Ist das nicht dasselbe? Gebrochen ist gebrochen, oder?“
    „Gut, Besserwisser, dann ist es eben ge-, aber nicht durchgebrochen. Jedenfalls kriegst du jetzt erst mal einen dicken Wadenwickel, Verzeihung, Gips und kannst die nächsten Wochen krankfeiern.“
    „Na, mal sehen, ob mich der Bund nach Hause lässt.“
    „Ah, du bist bei der Bundeswehr?“
    Ich nickte.
    „Als Lebensretter bei den Mördern? Hättest du nicht bei deinem Verein irgendwas machen können, damit du da nicht hinmusst?“
    „Die Option gab es leider nicht. Und der Ersatzdienst hätte mich zu viel Zeit gekostet.“
    „Ah, ich verstehe. Und hast du dich schon entschieden, was du danach machen willst?“
    Ich zuckte mit den Schultern. „So richtig weiß ich noch nicht. Mal sehen.“
    „Dann wird’s aber langsam Zeit, oder? Was hattest du denn für Leistungskurse?“
    „Physik und Bio.“
    „Noten?“
    „Physik drei, Bio eins. Insgesamt 2,3 im Durchschnitt.“
    „Hm“, machte Simone, „Das ist nicht spitze, aber doch ganz gut. Schon mal darüber nachgedacht, Medizin zu studieren?“
    Ich schwieg und grübelte. Der Gedanke war mir bisher nicht gekommen.
    „Ich dachte nur, vielleicht ist es etwas für dich, immerhin bist du

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