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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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die sich mit dem Kescher buchstäblich hindurchfallen ließ. Tod schien sehr beschäftigt zu sein, materialisierte sich an einer Stelle mitten in der Luft und kurz darauf wieder an einer anderen. Jedes Mal nahm er einen winzigen Bruchteil der Schmetterlinge gefangen.
    Die Polizisten und Feuerwehrleute hatten sich in der Zwischenzeit wieder gesammelt und riefen, ob irgendwer in der Nähe verletzt sei. Ein paar Leute hatten geringe Hautabschürfungen, aber zum Glück nichts Schlimmeres. Dann baten die Einsatzkräfte uns zu gehen. Ich trat hervor und gab zu verstehen, dass ich Arzt war. Fragend schaute der Polizist vor mir den Feuerwehrmann an, der neben ihm stand und ihm schließlich antwortete: „I guess we could use every help we can get.“

Kapitel 41
    Es war bereits früher Morgen des Folgetages, als ich endlich ins Hotelzimmer kam. Anja lag angezogen auf dem Bett, schlafend. Der Fernseher lief noch bei geringer Lautstärke und zeigte immer wieder die gleichen Nachrichtenbilder, in denen die Türme, die zuvor das Stadtbild New Yorks geprägt hatten, in sich zusammenfielen. Wahrscheinlich war Anja irgendwann eingeschlafen, während sie auf mich gewartet hatte. Einen Moment lang stand ich vor dem Bett und schaute sie einfach nur an, dann zog ich meine Schuhe aus und ging ins Bad. Ich erschrak vor mir selbst, als ich mich im Spiegel erblickte.
    Meine Haare hatten eine graue Färbung angenommen, und der Dreck der Staubwolke, der sich auf meiner Haut abgesetzt hatte, hatte sich mit meinem Schweiß von der Arbeit an den Verletzten vermischt und war mir in dunklen Rinnen die Wangen heruntergelaufen. Wie ich dort so stand, dachte ich an all die Toten, die der heutige Tag gesehen hatte. Ich spürte Hass in mir. Hass auf die Menschen. Hass auf Menschen, die zu so etwas in der Lage waren. Hass auf die Religionen dieser Welt, die Menschen zu so etwas bringen konnten. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ich ungern Teil dieser Welt bin. Und zum ersten Mal kam mir der Gedanke, nach meinem eigenen Tod in meinem Spiegelbild zu suchen.
    Die Vision sträubte sich. Ich konnte das spüren. Es war fast so, als sollte ich nicht wissen, wie ich selbst sterbe. Aber ein paar Bruchstücke drangen durch. Ich sah Berlin. Ich sah den Lustgarten. Ich sah die Spree. Ich sah Thanatos. Ich sah aufgeregte Leute. Ich sah eine Zeitung und konnte fast schon das Datum erkennen, als plötzlich Anja vor der Tür stand und mich aus meiner Trance riss.
    „Martin? Oh mein Gott, Martin!“, rief sie und umarmte mich, als hätte sie mich Jahre nicht mehr gesehen. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht.“
    „Mir geht es gut. Keine Bange.“
    „Was ist passiert? Du … du siehst aus, als wärst du mittendrin gewesen.“
    „Ja. Ich war ganz in der Nähe, als die Türme herunterkamen.“
    Anja schluchzte und umklammerte mich erneut.
    „Pass auf, du machst dich noch ganz schmutzig“, sagte ich.
    „Das ist mir jetzt echt egal. Ich bin bloß froh, dass du wieder da bist“, erwiderte sie.
    Ich umarmte sie auch und fing an zu weinen. Ich kann nicht mal genau sagen, warum. Die ganze Zeit hatte ich völlig klar denken können. Das Blut und Elend hatten mir nichts ausgemacht. Aber jetzt, in Anjas Armen, überkam mich die ganze Wucht der Ereignisse, und die Gefühle stürmten auf mich ein.
    Ich sank vor ihr auf die Knie, dreckig, wie ich war, und hielt ihre Hand in meiner.
    „Anja, ich weiß, es ist vielleicht nicht der beste Zeitpunkt. Ich habe auch überhaupt nichts vorbereitet und … und … gar nichts. Aber wenn mir eines heute klar geworden ist, dann, dass ich den Rest meines Lebens mit dir verbringen will. Nach dem, was heute passiert ist, weiß ich nicht, ob ich überhaupt Kinder in diese Welt setzen will, aber du sollst wissen, dass ich dich immer lieben werde.“
    Nun fing Anja an zu weinen und zog mich zu sich hoch.
    „Ich weiß, dass es etwas plötzlich kommt. Ich habe auch noch keinen Ring besorgt, aber ich musste das jetzt einfach loswerden“, sagte ich, und sie musste zwischen den Schluchzern grinsen.
    „Von mir aus hätte es auch früher kommen können, Dummkopf“, erwiderte sie und küsste mich auf den Mund, bevor sie kurz darauf den Kopf wieder wegnahm und den Staub ausspuckte, den sie von meinem Gesicht aufgelesen hatte.
    „Vielleicht solltest du dich erst mal sauber machen.“
    „War das jetzt eigentlich ein Ja?“
    „Was glaubst du denn?“, sagte sie und küsste mich noch einmal. Und wieder spuckte sie hinterher den Staub

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