Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
Vom Netzwerk:
wollt ihr denn jetzt von mir“, erwiderte er.
    „Er wollte dasselbe sagen wie ich, nämlich dass du dich wieder untersuchen lassen solltest“, setzte meine Mutter fort.
    „Hör auf deine Frau“, sagte ich.
    „Ach, die wollen mich doch nur dabehalten.“
    „Ja, vermutlich, weil du die immer so schön unterhältst. Hast du denn auch daran gedacht, dass die Ärzte dir wirklich helfen wollen?“
    „Die machen das doch nur, weil die irgendwie die Betten vollkriegen müssen.“
    „Du hast ja eine wirklich hohe Meinung von meinem Beruf“, zischte ich.
    Anja hakte sich bei mir ein, und meine Mutter starrte meinen Vater böse an, der sich schließlich entschuldigte und sagte, dass er schon noch zum Arzt gehen würde.
    Anja flüsterte mir zu, dass ich mich nicht darüber ärgern sollte. „Dein Vater meint es doch nicht so.“
    „Ich denke schon, dass er es so meint. Wie kann man nur so starrköpfig sein.“
    „Ich stehe direkt neben euch, übrigens“, sagte er. „Und ich habe bereits gesagt, dass ich hingehe. Ist gut jetzt.“
    Wir verabschiedeten uns, als es an der Zeit war, in den Warteraum zu gehen. Ich umarmte meine Eltern, und sie umarmten Anja, als wäre sie ihre eigene Tochter. Meine Mutter flüsterte Anja irgendwas ins Ohr, und beide nickten sich zu, als würden sie etwas aushecken. In dem Moment freute ich mich einfach nur, dass sie sich so gut verstanden.
    Mein erster Instinkt war, die anderen Passagiere des Fluges zu „scannen“, also in ihre Zukunft zu schauen und zu sehen, ob irgendwer im Flugzeug dran glauben müsste. Ich hatte nicht per se Angst vor dem Fliegen, aber nichts würde einem den Urlaub mehr versauen, als gleich am ersten Tag abzustürzen. Die Aussichten waren eher der normale Kram, größtenteils Krankenhaus, ein paar Autounfälle, Tod in der Badewanne. Einer stürzte von einem hohen Gebäude, das war zumindest mal was Neues. Wenigstens wusste ich nun mit Sicherheit, dass das Flugzeug nicht mit der Titanic kuschelte und auch sonst keine unangenehmen Überraschungen auf uns warten würden. Wir zwängten uns also in die Sardinenbüchse, in der wir die nächsten neun Stunden verbringen sollten, und ich für meinen Teil hoffte, dass ich nicht allzu häufig auf die Toilette musste. Zur Freude meiner Freundin lief als Bordfilm „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“, den wir bis dahin noch nicht gesehen hatten. Mich dagegen regte er vor allem an, über die Sinnhaftigkeit der deutschen Übersetzungen von Filmtiteln zu reden, immerhin hieß er im Original, wörtlich übersetzt, „Das Tagebuch von Bridget Jones“. Ich schwatzte Anja über „Dawn Of The Dead“ voll, der im Deutschen „Zombies im Kaufhaus“ hieß, was in dem Fall zumindest eine treffende Bezeichnung war. „Dämmerung der Toten“ wäre aber auch kein schlechter Titel gewesen. Eine weitere Verunglimpfung war „Ich glaub, mich knutscht ein Elch“, der im Original „Stripes“, also „Streifen“, hieß.
    Anja war bald so von meinen Ausführungen gelangweilt, dass sie an meiner Schulter einschlief und ich den Film alleine sah. Im Grunde hieß das, dass ich ihn mit ihr noch einmal anschauen müsste. Aber wie sie mir da so süß schlummernd an der Schulter lehnte und in ein leichtes Frauenschnarchen verfiel, wurde mir klar, dass mir das eigentlich gar nichts ausmachen würde.
    Das Thema Heirat stand schon eine Weile unausgesprochen im Raum. Mit 26 Jahren fand ich mich fast noch ein wenig zu jung zum Heiraten, aber wenn man sowieso fest entschlossen ist, den Rest des Lebens mit einer bestimmten Person zu verbringen, warum sollte man dann warten? Ich nahm mir vor, nach einem Ring Ausschau zu halten, sobald ich Geld hätte.
    Wir kamen irgendwann gegen Mittag in Washington an und kämpften uns durch die Immigration. Bis zu dem Tag dachte ich, dass mein Englisch ganz passabel wäre, aber ohne Anja hätte ich wohl gar nichts auf die Reihe bekommen. Die Amerikaner schienen alle mit Kaugummis im Mund zu sprechen. Ich verstand kaum ein Wort. Wir mieteten uns ein Auto, stopften unsere Sachen hinein und fuhren zu dem Hotel, das wir im Vorfeld gebucht hatten.
    Ich war vom Flug ziemlich erschöpft, so erschöpft, wie man halt sein kann, wenn man im Grunde den ganzen Tag nur gesessen und versucht hat, sich die Benutzung des Flugzeugklos zu verkneifen. Es war aber nicht daran zu denken, ins Bett zu gehen, immerhin war es vor Ort immer noch mitten am Tag. Also beschlossen wir, uns schon mal ein wenig umzusehen.
    Mir wurde erst

Weitere Kostenlose Bücher