Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
die sie mit frostiger Freundlichkeit begrüßte. Die Höflichkeit hatte es bereits notwendig gemacht, alle möglichen Leute einzuladen, die sie lieber nur aus der Ferne gesehen hätte, da musste sie nicht auch noch ungebetene Gäste willkommen heißen.
    »Kann ich eines von Ihnen machen, Mrs. Sarhadi? Sie sehen toll aus in Ihrem Kleid«, sagte Kilda.
    »Das kostet aber nichts, oder?«, vergewisserte sich Tottie.
    »Aye, Mam, ist umsonst«, sagte ihr Sohn.
    »Sie macht Modefotos für Zeitschriften«, fügte Jamila hinzu.
    »Oh, wenn das so ist«, sagte Tottie.
    Sie lehnte den Leinenbeutel ans Podium, strich sich das Haar zurecht und lächelte breit in die Kamera.
    »Wunderbar«, sagte Kilda. »Das war’s. Außer, es besteht noch die Möglichkeit, ein Bild des Brautpaars mit dem Imam zu machen, der die Trauung vollzogen hat. Ist er noch da?«
    »Aye«, sagte Tottie nicht sonderlich begeistert. »Aber wenn Sie ihm nahe kommen wollen, brauchen Sie eine Unbedenklichkeitserklärung des Islamischen Konzils und müssen sich bis auf die Unterhose durchsuchen lassen.«
    »Mam!«, protestierte Sarhadi. »Das ist doch nicht nötig. Außerdem hast du unrecht, hier ist er ja.« Der Scheich hatte den Raum betreten und näherte sich ihnen lächelnd.
    Kilda trat ihm mit erhobener Kamera in den Weg. In einem Meter Abstand bläst du ihm seinen verdammten Bart weg, hatte Jonty gesagt.
    Was ist, wenn andere in der Nähe sind?, hatte sie gefragt. Er hatte nur mit den Achseln gezuckt. Na, ich wär lieber mal einen Katzensprung entfernt.
    Wie weit konnte so eine Katze springen?, fragte sich Kilda. Der Scheich war mittlerweile nur noch gut zwei Meter vor ihr.
    Dann ertönte von Tottie ein Ruf, der den Nutzen einer guten Yorkshire-Ausbildung bezeugte: »Da stürmt ja noch einer rein. Und als Nächstes taucht auch noch der verdammte alte Seemann auf!«
    Alle bis auf Kilda sahen zur Tür.
    Im Eingang stand Peter Pascoe, diskutierte mit den selbst ernannten Wächtern und fuchtelte mit seinem Polizeiausweis herum.
    Schließlich, des Redens überdrüssig, räumte er sie kurz entschlossen mit der Schulter zur Seite und stürmte in den Raum. »Kilda!«, rief er.
    Die Frau mit der Kamera sah jetzt zu ihm, trat aber, noch immer lächelnd, einen Schritt auf den Scheich zu, der stehen geblieben war und spürte, dass etwas nicht stimmte.
    »Peter«, sagte sie mit fester, klarer Stimme. »Bleiben Sie stehen. Und sagen Sie den anderen, dass sie ebenfalls stehen bleiben sollen.«
    Sie befand sich unmittelbar vor dem Scheich. Der stämmige Knallkopf am Eingang wollte in den Raum, Pascoe holte nur mit dem Arm aus und traf ihn mit einem dumpfen Schlag am Brustkorb, so dass ihm die Luft wegblieb.
    »Keiner rührt sich!«, schrie er. »Keine Bewegung!«
    Es funktionierte.
    Jeder erstarrte. Die einzige Bewegung zeichnete sich in den Mienen ab: Wut, Verwirrung, Bestürzung, alles ging durcheinander und rangelte im Aufruhr der Gefühle um die Vorherrschaft.
    Und dann sprach er die Worte, die all diese Gefühle auf ihren nichtigen Platz verwiesen.
    »Sie hat eine Bombe.«

8
    Es steht geschrieben
    »Sie sind also der berüchtigte Scheich Ibrahim«, sagte Kilda Kentmore.
    Sie hatte unzählige Male sein Foto gesehen, und natürlich hatte sie ihn durch den Sucher ihrer Kamera beobachtet, als sie an jenem Tag ziellos oder zumindest ohne bewusstes Ziel zur Moschee in Marrside spaziert war und dann den verrückten Schuss auf seinen Wagen abgegeben hatte.
    Wie sie sich aus dem Staub gemacht hatte, wusste sie nicht mehr und war ihr auch egal. Wie so oft nach Chris’ Tod war sie sich wie ein Gespenst vorgekommen, das still und unbemerkt durch eine Welt von sinnloser Substanz trieb. So ähnlich fühlte sie sich jetzt auch. In diesem Raum existierten nur zwei Menschen: Kilda Kentmore und Ibrahim Al-Hijazi, der Zerstörer, der bald zerstört sein würde.
    Sie musterte ihn mit kalter Neugier. Er war ein ziemlich gut aussehender Mann, auch wenn sie sich noch nie viel aus Vollbärten gemacht hatte. Jedenfalls ein Gesicht, das wenig Ähnlichkeit hatte mit den wahnsinnigen Karikaturen des Bösen, die in den Boulevardblättern kursierten.
    Er erwiderte ihren Blick mit einem sanften, fragenden Lächeln. »Ja, ich bin Scheich Ibrahim«, sagte er. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Sie können mir dabei helfen, mich wieder mit meinem Mann zu vereinen«, antwortete sie.
    »Nur allzu gern, aber ich weiß nicht recht, wie ich das Ihrer Meinung nach bewerkstelligen

Weitere Kostenlose Bücher