Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
Vom Netzwerk:
da.«
    »Ist sie noch nicht zurück? Dann rufe ich später noch mal an.«
    »Du könntest mich wenigstens begrüßen. Mich fragen, wie es mir geht.«
    »Du hast recht. Aber ich bin gerade ein bisschen angespannt … Wie geht es dir? Hast du den Rausch gut überstanden?«
    »Es sind zwei Monate seitdem vergangen. Ist das deiner Meinung nach lange genug?«
    »Genug wofür?«
    »Das ist ausnahmsweise mal eine gute Frage.«
    »Um den Rausch loszuwerden?«
    »Nein, Bacci. Um jede Hoffnung aufzugeben, jeden Antrieb zu verlieren, jeden Kredit zu verspielen. Auch wenn ich sturzbetrunken war, erinnere ich mich noch genau an den Vorsatz, den du an jenem Abend gefasst hast. ›In den nächsten Tagen rufe ich Aglaja an‹, hast du gesagt.«
    »Daran kann selbst ich mich noch erinnern.«
    Ihre Stimme nahm einen verächtlichen Klang an. Sie war wieder die gewohnte Clara.
    »Zwei Monate sind für dich also
in den nächsten Tagen
?Weißt du, was du bist? Ein elender Lügner. Und der unzuverlässigste Mensch, der mir je begegnet ist! Und du denkst, ich lasse dich an meine Tochter ran?«
    »He, Moment mal. In den letzten zwei Monaten habe ich geschuftet wie ein Tier. Und ich hatte keine Lust, meine Tochter nach zehn Jahren mit ein paar Stündchen hier und da abzuspeisen. Heute Morgen habe ich mit Aglaja gesprochen, und sie schien sich zu freuen. Ich glaube, sie würde in den Ferien gern zu mir kommen.«
    »Ich habe auch mit Aglaja gesprochen, und sie hat mir alles erzählt. Du wirst ja wohl nicht ernsthaft wollen, dass sie in eine von deinen verdammten Ermittlungen hineingerät! Reicht es dir denn nicht, dass du deine eigene Haut riskierst?«
    »Was redest du denn da? Es besteht nicht die geringste Gefahr. Ich mache hier Urlaub, ich bin zu Gast bei Virgilio Loi. Ich muss bloß einen Typen suchen, der sich wahrscheinlich nie aus Genua wegbewegt hat«, sagte ich und spürte sogleich den bitteren Nachgeschmack, den Lügen im Mund hinterlassen.
    »Ich glaub dir kein Wort. Ich wette, du hast deine Beretta mitgenommen. Sag die Wahrheit: Hast du die Waffe dabei? Wo hast du sie? Ins Handtuch eingewickelt oder in der Badehose versteckt?«
    »Was soll das denn jetzt? Wenn ich arbeite, habe ich die Waffe immer bei mir, aber das heißt noch lange nicht, dass ich sie auch benutze. Außerdem ist sie gar nicht geladen.«
    »Wen hast du noch mit? Eine von deinen Nutten? Nein, Bacci, tut mir leid, da ist nichts zu machen. Wenndas die Art und Weise ist, wie du deine Tochter wiedersehen willst, mal eben zwischendurch, wann und wie es dir gerade passt – vergiss es!«
    »Ach so, na klar, ich darf sie natürlich nur sehen, wenn es dir passt.«
    »Du irrst dich. Versuch dir lieber mal vorzustellen, was sie vielleicht von dir erwartet!«
    »Heute hat sie erwartet, dass ich sie anrufe. Das habe ich gemacht. Und ich werde es später noch mal probieren.«
    »Du verschwendest nur deine Zeit und dein Geld, sie ist gerade weggegangen.«
    »Was soll das heißen? Wir waren verabredet …«
    »Ihr habt euch verabredet, aber ihr habt die Rechnung ohne den Wirt gemacht.«
    Das war ihr jetzt so herausgerutscht. Im Grunde gab sie damit zu, dass Aglaja mich sehen wollte. Wahrscheinlich hatten die beiden gestritten und meine Tochter war türenknallend davongelaufen. Wenn ich doch bloß ihre Handynummer hätte.
    Clara schien ihren Fauxpas bemerkt zu haben. Ich hörte sie röcheln wie ein verwundetes Tier. Dann sprudelte ein ganzer Schwall von Beleidigungen aus ihr heraus, ungebremst und zugleich vom eigenen Schmerz erstickt.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, du Bastard! Das haben wir jetzt also davon, dass wir einem wie dir die Tür wieder aufgemacht haben. Aglaja hat erwartet, dass du sie anrufst, und du hast es nicht getan. Die letzten zwei Monate hat sie nicht mehr gelernt, ist in der Schule immer schlechter geworden und geht jetzt ständig inso ein heruntergekommenes Jugendzentrum, in dem sich lauter seltsame Gestalten herumtreiben, die Joints rauchen, sich volllaufen lassen und den ganzen Tag abhängen. Dabei ist sie davor immer ein ernsthaftes, fleißiges Mädchen gewesen, sie hat viel gelesen, Musik gehört und hatte einen netten Freund, der sie sehr gerne hatte. Dem hat sie vor ein paar Wochen den Laufpass gegeben und ihm vorgeworfen, dass er ›genauso langweilig ist wie Giovanni‹. Sie kommt andauernd zu spät nach Hause, oft sogar betrunken oder bekifft. Und sie hat einen Ton am Leib, zu dem einem nichts mehr einfällt. Weißt du, was sie vorhin zu mir gesagt

Weitere Kostenlose Bücher