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Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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Klasse vielleicht auch Magersüchtige, Dealerinnen und Callgirls?«, entgegnete ich ungerührt.
    Perplex starrte Aglaja mich mit großen Augen an  – und schüttete sich dann aus vor Lachen, bis ihr die Tränen kamen, vermutlich noch vom Haschisch begünstigt. Und ehrlich gesagt hätte ich nicht übel Lust gehabt, auch mal zu ziehen. Stattdessen ging ich zurück ins Haus, um meine Pfeife und den englischen Tabak zu holen. Just in diesem Moment klingelte erneut mein Handy.
    »Gib mir meine Tochter«, befahl Clara. Sie sprach in einem derart kalten Ton, dass ich kurz mit dem Gedanken spielte, zum Strand hinunterzurennen und das Telefon ins Meer zu werfen.
    »Tut mir leid, aber Aglaja will nicht mit dir sprechen. Ich hoffe, in den nächsten Tagen …«
    Ihre Stimme überschlug sich, und sie stieß einen spitzen Schrei aus, ähnlich dem eines Tiers, dem bei lebendigem Leibe die Kehle durchtrennt wird.
    »In den nächsten Tagen?! In einer Woche ist die Schule zu Ende, sie muss die Griechisch- und Lateinprüfungen wiederholen!«
    »Ich weiß, aber
sie
will davon nichts wissen. Aber keine Sorge, sie wird sie sicher nach den Sommerferien nachholen.«
    Blanke Wut stieg nun in ihr auf. »Was? Pass bloß auf, Bacci! Schick meine Tochter sofort zurück nach Hause, oder ich hetze dir die Carabinieri auf den Hals«, zischte sie.
    »Clara, mit dir zu diskutieren ist pure Zeitverschwendung. Schick von mir aus die Marines her. Ich werde meine Tochter nicht zu etwas zwingen, das sie nicht will.«
    Jetzt wandte sie sich an ihren Mann, der wohl unfreiwillig Zeuge unseres Gesprächs geworden war. Er musste sich fühlen wie ein nüchterner Gast in einer Bar, der durch Zufall in eine Streiterei zwischen Betrunkenen geraten war. »Giovanni, tu was. Er will sie nicht nach Hause schicken.« Der Arme stotterte etwas vor sich hin, wahrscheinlich um sie zu beruhigen. Ich hörte die beiden diskutieren. Giovanni hatte offensichtlich nicht die geringste Lust, mit mir zu reden.
    »Sag ihm, dass wir die Carabinieri rufen!«, zischte Clara, deren Zorn sich inzwischen auch gegen ihn richtete.
    Aber von Giovanni kam nichts, so wie immer. Ich hörte Geräusche, die mir sagten, dass der Hörer mehrmals hin und her wanderte. Bis irgendwann doch Giovannis ernste Stimme erklang.
    »Bacci, ich bin’s.«
    »Ciao, Giovanni.«
    »Was ist los?«
    »Aglaja lässt sich absolut nicht dazu bewegen, zurückzufahren, daher habe ich beschlossen, sie ein paar Tage hierzubehalten.«
    »Wie lange?«
    »Ich weiß nicht. So lange, bis sie von selbst wieder nach Hause will.«
    »Sie muss aber ein paar Prüfungen wiederholen, Bacci. Ich appelliere an dein Verantwortungsgefühl …«
    »Du kennst ihn doch!«, hörte ich Clara im Hintergrund brüllen. »Da kannst du gleich an den Obersten Gerichtshof in Den Haag appellieren.«
    »Ihr könnt unbesorgt sein«, versicherte ich ihm.
    »Aber du steckst doch bestimmt in einer von deinen Ermittlungen.«
    »Ich mache Urlaub, Giovanni, einfach nur Urlaub«, beendete ich das Gespräch und schaltete das Handy aus.
    Draußen auf der Veranda setzte ich mich wieder in den Korbsessel. Aglaja war in den Hof hinuntergegangen, hatte meine Badelatschen an und spielte mit dem Hund Stöckchen apportieren. Ich beobachtete die beiden eine Weile, dann nahm ich den MP 3-Player , den sie auf dem Tisch hatte liegen lassen, setzte den Kopfhörer auf und wurde mitten hinein in das melodische Allegretto des Klavierkonzerts Nr.   19 von Mozart katapultiert  – die Melodie, die Aglaja unter der Dusche geträllert hatte. Ein schwärmerisches Wohlgefühl ließ mich Clara, Giovanni, Ganci, seine französische Frau und Valentino Sanna vergessen, ja sogar meine Freundin Gina Aliprandi, die mir das alles eingebrockt hatte.Ich hörte Mozart und beobachtete meine Tochter, die in meinem blauen Bademantel in der Sonne herumsprang, verfolgt von dem kleinen Hund, der ganz benommen war vor Freude. Wie schön sie war. Und glücklich. Strahlend.
    Als sie eine Viertelstunde später zu mir zurückkam, hatte sie ein maliziöses Lächeln auf den Lippen und zündete sich den Joint wieder an, der im Aschenbecher ausgegangen war. Sie schnappte sich ihren Rucksack, reichte mir die Kippe und küsste mich auf die Wange.
    »Hier, Pa, entspann dich. Ich gehe schlafen.«
    Ich sah sie im Haus verschwinden, während der Hund sich zu meinen Füßen zusammenrollte. Das Konzert tönte weiter in meinen Ohren, wunderbar zart. Die Sonne stand inzwischen hoch über dem Meer, das in allen

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