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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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Anschließend stürzte der Rechner ab.
    Einen Moment lang war Seliger beeindruckt. Dann knurrte er: »Ach, leck mich doch!« und ging nach Hause.
    Drei Tage später lag ein Umschlag in seinem Briefkasten. Er enthielt die Rechnung eines Notars namens Holger Wehr über die Errichtung und Beurkundung von Seligers Testament. Die Abschrift desselbigen lag bei. Als Erbe war Theo Brechtel eingesetzt. Das Testament war von Seliger eigenhändig unterschrieben. Die Namen der unterzeichneten Zeugen hatte Seliger nie gehört.
    Holger Wehr hatte seine Kanzlei im Westend. Seliger fuhr mit der Bahn hin. Der Notar residierte im 3. Stock eines alten Bürogebäudes. Seliger nahm den Aufzug. Als sich die Türen öffneten, stand er mitten im Vorzimmer des Notars. Nüchterne Eleganz bestimmte den Ton. Auch den der Empfangsdame, die Seliger mitteilte, Herr Wehr befinde sich nicht im Hause, werde erst morgen wieder erscheinen. Überdies sei der Terminkalender randvoll. Seliger winkte ab. Er hatte nicht vor, auf einen Termin zu warten. Die Sache duldete keinen Aufschub. Er würde diesen Wehr schon zu fassen kriegen.
    Mit dem Lift fuhr er wieder nach unten und schaute sich auf dem Firmenschild die Bürozeiten an. Die Kanzlei öffnete jeden Tag um 10.00 Uhr. Seliger würde früh genug da sein. Er ging zur nahen Bahnhaltestelle. Unterwegs kam ihm ein roter Alfa entgegen. Seliger sah ihm nach. Der Wagen hielt vor dem Gebäude, das er selbst kurz zuvor verlassen hatte. Niemand stieg aus.
    Seliger ging weiter, setzte sich in den Unterstand der Haltestelle. Als die Bahn kam, blieb er sitzen und beobachtete weiter den Alfa. Nach einer Weile kam Manuela aus dem Bürogebäude und stieg ein.
    Seliger fuhr nicht nach Hause, sondern direkt zum »Netz«. Theo war nicht da. Seligers Platz war besetzt: ein abgerissen aussehender Typ mit Stoppelhaar. Er saß im Rollstuhl. Hinter der Theke stand ein Gorilla im Muskelshirt mit einem Muttermal auf der linken Wange. Seliger starrte ihn an. »Haben Sie nicht früher auch mal im Rollstuhl gesessen?«
    »Wie bitte?« Der Gorilla sah ihn an, als wäre er nicht ganz bei Trost.
    Seliger schüttelte den Kopf und ging nach Hause.
    Am nächsten Morgen meldete er sich krank und machte sich beizeiten auf den Weg ins Westend, um Holger Wehr vor seiner Kanzlei abzufangen. In der Bahn saß ihm eine ältere Dame gegenüber und blätterte in der Zeitung. Seligers Blick schweifte desinteressiert über die ihm zugewandten Seiten, als er seinen eigenen Namen las. Fett gedruckt in einem mit schwarzen Linien umrahmten Feld. Er riss der Dame die Zeitung aus der Hand. Tatsächlich: sein Nachruf! Als Todesdatum war der Tag angegeben, an dem er das Spiel verloren hatte.
    Die Dame protestierte lautstark. Einige Fahrgäste sahen missbilligend auf. Seliger beachtete sie gar nicht. An seiner Haltestelle sprang er aus der Bahn und nahm die Zeitung mit.
    Ohne nach links oder rechts zu schauen, rannte er auf das Bürogebäude zu. Den roten Alfa sah er erst, als er selbst schon durch die Luft segelte. Seine letzten Momente erlebte er wie in Zeitlupe. Überdeutlich sah er dabei das Gesicht des Fahrers, ehe er über die Motorhaube gegen die Frontscheibe donnerte. Es verriet kein Erschrecken, nicht einmal Staunen. Das Muttermal auf der linken Wange blieb blass.
    Das Letzte, was Seliger hörte, als er auf dem harten Asphalt starb, waren die Worte eines Zeugen: »Er hat nicht richtig geschaut«, sagte der Mann. »Selbst schuld.« Wenig mitfühlend klang das. Der Mann brauchte offenbar sein ganzes Mitleid für sich selbst. Er saß im Rollstuhl.

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    Ihr Herz raste und das Blut pochte in den Schläfen, ein Hämmern, mindestens so hektisch wie ihre Schritte. Sie hastete die Stufen hinauf. Mehrere nahm sie am Stück, musste dabei aufpassen, dass es sie nicht der Länge nach hinstreckte. Mit der rechten Hand zog sie ihren Oberkörper am Handlauf empor. Mit der Linken umklammerte sie ihre Beute.
    Mini hatte den Treppenabsatz erreicht. Bald war es geschafft! Gedämpft drangen die Laute vom Bahnsteig an ihr Ohr. Rufe der Empörung, Schreie des Entsetzens. Polizei! Immer wieder der Ruf nach der Polizei und nach der Rettung.
    Nun war es ihres, jetzt hatte sie endlich auch so ein Ding. Der Knabe hatte zu verlockend damit herumhantiert. Was braucht ein Kind mit vielleicht 10 Jahren schon ein iPhone? Von hinten hatte sie den Burschen gepackt, am Haarschopf, so wie Jack Wolfen das auch immer tat, wenn er einen Gegner

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