Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
Vom Netzwerk:
ausschaltete. Bei Combat Striker, ihrem Lieblingsspiel. Man musste den Kopf zunächst nach hinten reißen und dann den Schwung nutzen und den Schädel gegen die Mauer schmettern. Danach wehrte sich keiner mehr. Der Junge war so erstaunt gewesen, dass das Blut längst aus seinem Mund geschossen war, ehe er zu schreien begonnen hatte. Aber da war sie schon bei den Stiegen gewesen. Auch die Leute hatten verzögert reagiert. Das war der Vorteil, wenn man so eine Aktion beim Einfahren des Zugs durchzog. Man musste immer auf das Einfahren des Zugs warten.
    Draußen, endlich! Jetzt gab es kein Halten mehr. Mini lief den Weg zum Park hinauf. Das war der Treffpunkt, da hingen immer ein paar Jungs von der Clique herum. Was die für Augen machen würden, wenn sie das edel schimmernde Ding hervorziehen würde! Tatsächlich saßen Gorki und Kermit im Halbschatten eines Baumes auf der Bank und tranken Energydrinks aus Aludosen. Gorki hatte seinen Namen erhalten, weil er einmal einen alten Schinken gesehen hatte: Der Film spielte in Russland. Im Gorki Park hatte man ein paar Leichen gefunden, denen jemand das Gesicht abgezogen hatte. Gorki, der damals noch Rudi geheißen hatte, war davon so fasziniert gewesen, dass er dasselbe bei seiner schlafenden Schwester versucht hatte. Das Vorhaben war jedoch misslungen, und seine Schwester hoffte noch immer auf einen Freund, den die Narben in ihrem Gesicht nicht störten.
    Kermit verdankte seinen Spitznamen hingegen seiner gelbgrünen Gesichtsfarbe, die er einer Lebererkrankung verdankte, die er wiederum seinen Eltern zu verdanken hatte. Junkies, die ihr Kind mit der Bierflasche aufgezogen hatten.
    »Was schnaufst denn so, Oida? Hat dich ein
Panther
gejagt?«, fragte Kermit zur Begrüßung, ohne die Dose, aus der er trank, abzusetzen. Gorki kicherte. Mini schüttelte den Kopf, atmete tief durch. Mit einem Siegerlächeln zog sie das Mobiltelefon aus ihrer Tasche und sagte: »Viel besser, ich hab grad einen kaltgemacht. Der hat mir das hier vererbt.«
    Kermit nahm das Gerät entgegen. Anerkennend pfiff er durch seine Zahnlücke. Gorki kicherte weiter vor sich hin, als er sagte: »Geh schau mal, ob du an Porno findest!«
    »Gute Idee«, meinte Kermit dazu, »wir haben ja jetzt unbegrenztes Datenvolumen. Los,« wies er Mini an, »geh Bier holen!«
    Warum sie ständig so behandelt wurde, fragte sie sich auf dem Weg zur Tankstelle. So von oben herab. Sie hatte doch bewiesen, dass sie gefährlich war, ja, das hatte sie ihnen schon oft bewiesen. Gerade eben und auch schon früher. Aber die zwei hatten halt das Sagen. Auch alle anderen taten, was die beiden verlangten.
    Wenig später kehrte sie mit einem Sixpack zurück. Kermit nahm eine Flasche aus dem Karton. »Warm«, stellte er fest. »Wenigstens geklaut?«
    »Logo, was glaubst du?«, log sie.
    Plötzlich unterbrach Gorki sein nervöses Kichern, und Kermit ließ das Bier hinter der Bank verschwinden. Schnell steckte er Mini das iPhone wieder zu. Die schwindelte es schnell in ihre Hose.
    Die zwei Polizisten, die durch den Park patrouillierten, hatten nichts bemerkt. Sie musterten sie einen Moment lang, dann zogen sie weiter ihre Runde.
    Der Moment des nervösen Schweigens hatte Gorki einen Geistesblitz beschert: »Was ist, wenn wir zu den Türken fahren und ein paar Panthers aufreiben. Du filmst das mit deinem neuen Telefon, und wir stellen's auf Youtube rein.«
    Kermit zerdrückte die Dose in seiner Hand und erhob sich. Das war das Zeichen zum Aufbruch.
    Sie nahmen die S-Bahn. Schon wieder die S-Bahn! Mini fühlte sich unbehaglich, zog ihren Kopf ein, da sie fürchtete, jemand könnte sie erkennen. Wie ein geduckter Marder schlich sie über den Perron, bis Kermit sie anschnauzte, aufrecht zu gehen, schließlich seien sie Mortals und keine Weicheier. Ja, sagte sie sich, sie war ein echter Mortal, trug den Totenkopf auf dem Halstuch – das gemeinsame Erkennungszeichen.
    Eine Melodie riss sie aus ihren Gedanken. Das Vibrieren bestätigte ihre Vermutung. Jemand rief auf dem iPhone an. Auf ihrem iPhone! Sie holte es hervor und drückte den Klingelton weg. Kermit hob eine Augenbraue, als der Zug einfuhr. Sie drängten sich an den anderen Wartenden vorbei und breiteten sich auf zwei Sitzbänken aus. Kurz vor dem Schließen der Türen sprangen zwei weitere Halbwüchsige in den Zug. Örnie und Börnie machten das Quintett perfekt. Sie schlugen einander auf die Handflächen, wie sie es aus den Musikvideos kannten.
    In ihrer Hose vibrierte es diesmal nur

Weitere Kostenlose Bücher