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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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der von meinem Mund dorthin gekommen zu sein scheint.
    Komm, David, der du einmal gestorben bist und es verdienst, ein weiteres Mal geboren zu werden.
    Und da ist die Nachbarin. Vielleicht ist es dieselbe, und sie besingt erneut das Leben. Da sind wieder die Innenhöfe und das Licht, das sich weigert zu gehen, weil wir noch da sind. So, David. So, so … Wie stark du bist, Liebling. Nur zu.
    Weiter weg, die stille Treppe, die fast verlassene Straße. Und dort stehst du, Méndez, wer sagt’s denn, und wachst auf Befehl des Herrn Hauptkommissars über eine Nummer, von der du nichts mitbekommst, zum Glück, denn es fehlte noch, dass du darüber einen Bericht schreiben müsstest. Und weil dich etwas anderes noch mehr interessiert, auch das muss gesagt werden. Eva Expósito bewacht ebenfalls von der anderen Straßenseite aus das Haus, an der gegenüberliegenden Ecke, wo es eine Kneipe voller Rentner gibt, die sich wiederum für sie interessieren. Mal sehen, ob Eva Expósito ihren Chef verfolgt hat, und du hast es nicht gemerkt.

32
    Die Lehrerin.
    Die Lehrerin war groß, schlank, ein wenig streng und ging auf die fünfzig zu. Sie arbeitete in einer Privatschule, oder einer subventionierten Privatschule, oder wie auch immer diese Schule heißen mochte. Der Mann, der sie soeben betreten hatte, hatte von diesen feinen Unterscheidungen keine Ahnung. Der Mann war kräftig und jung geblieben, sein Arm war in einem Verband ruhiggestellt. Bestimmt ein Arbeitsunfall, dachte die Lehrerin, die Leute passen heutzutage einfach nicht mehr auf.
    »Sie sind David Miralles.«
    »Ja.«
    »Ich heiße Laura, Laura Gimeno. Ich unterrichte Allgemeinbildung, aber ich bin hier auch die Sekretärin. Man hat mir gesagt, Sie wollten Ihren Sohn anmelden.«
    »Ja.«
    »Wie heißt er?«
    »Juan Miralles Cuesta.«
    »Alter?«
    David Miralles blickte sich verwirrt um, denn über diese so elementare Frage hatte er sich keine Gedanken gemacht.
    Er zögerte einen Moment, was nicht ungewöhnlich sein musste, denn es gab Eltern, denen fällt so spontan das Alter ihrer Kinder nicht ein. Aber dann erfand er eine Zahl:
    »Sechs Jahre.«
    »Dann wird er mich als Klassenlehrerin bekommen, denn die Sechsjährigen unterrichte ich. Auf welcher Schule war er denn vorher?«
    David Miralles zögerte wieder, als fiele es ihm schwer, sich zu erinnern. Am Ende zuckte er mit den Achseln. Was soll’s?
    »Er ist in verschiedenen Kindergärten gewesen.«
    »Von der Mutter ausgesucht?«
    »Nein. Verzeihung. Wir leben getrennt.«
    »Heutzutage ist das keine Seltenheit … Schön, spielt ja keine Rolle. Sehen Sie, das ist eine Privatschule, in der wir viel Wert auf Disziplin legen, die Kinder lernen hier zu gehorchen, im Rahmen dessen, wie Kinder eben heutzutage gehorchen. Ich will damit sagen, es gibt Leute, die halten uns für ein wenig altmodisch. Bei uns gibt es Religionsunterricht, das vorab, und wir haben an allen Demonstrationen gegen die Schulpläne der Regierung teilgenommen. Das sollten Sie wissen, damit Sie eine Vorstellung haben, wie die schulische Erziehung Ihres Sohnes aussehen wird.«
    »Ich bin damit vollkommen einverstanden. Deshalb bin ich ja hierhergekommen.«
    »Was machen Sie, Señor Miralles?«
    »Ich bin … Sicherheitschef in einem Unternehmen.«
    »Gut … Dann sind Sie ein Mann der Ordnung. Ich gehe davon aus, dass Sie unsere Stundenpläne und Preise kennen.«
    »Ja.«
    »Hier herrscht Koedukation, nur wenige Schüler pro Klasse. Wir unterrichten in Katalanisch und Spanisch, denn man braucht beide Sprachen, und wir führen gerade auch Englisch ein. Es bleibt uns nichts anderes übrig, das wird uns von oben vorgegeben. Was für eine despotische Sprache …«
    »Perfekt.«
    »Wunderbar, dass Ihnen das zusagt, Señor Miralles. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
    »Nein. Oder doch … Verzeihung, aber ich würde gerne einen der Klassenräume sehen, falls es nicht zu viele Umstände macht.«
    »Aber selbstverständlich nicht. Einer ist gerade leer, den kann ich Ihnen zeigen. Wenn Sie mich begleiten wollen.«
    Der Klassenraum war leer, und da war der Kleiderständer mit den Kitteln der Kinder, die gegangen waren. Nur fünfzehn Pulte, ein Indiz dafür, dass die Klassen tatsächlich klein waren. Die Tafel befand sich auf der linken Seite. Auf die wird mein Sohn seine ersten Sätze und seine ersten Berechnungen kritzeln, dachte David Miralles. Ich hoffe, dass ihm die Sätze gut gelingen, mit den Zahlen wird es vielleicht etwas hapern, aber die Welt ist

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