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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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inzwischen voller Tasten, mit denen man rechnen kann.
    Miralles stellte sich das alles vor.
    Den Raum, den sein Körper hinter der Bank einnehmen wird.
    Wie hoch seine Arme reichen, wenn er vor der Tafel steht.
    »Alles sehr schön.«
    Es gab ein großes Fenster, das auf den Pausenhof hinausging, ein Innenhof im Ensanche-Viertel, mit alten Galerien, alten Damen und den Katzen des Kleinbürgertums. Der Hof wirkte wie eingekapselt, aber was will man machen. Wenn es auf den Friedhöfen keinen Platz für die Toten gab, dann gab es auch keinen Raum für die Kinder zwischen all den Geschäften im Ensanche. Der Hof war nicht groß, aber er hatte alles Notwendige: Basketballtore, Streifen, bei denen man nicht genau weiß, wofür sie gut sein sollen, und so kleine Tore, durch die nur ein Ball passt, der eine Diät gemacht hatte. Aber es gab nicht eine einzige Bank, auf der die Kinder lesen könnten, und das war schade, denn David wusste, dass sein Sohn gern gelesen hätte.
    »Wir machen regelmäßig Hallenfußballturniere.«
    »Sehr schön, sehr schön. Mein Sohn wird an einem einladenden Ort sein und keine schlechten Vorbilder haben. Sehr schön.«
    Im Hof spielten mehrere Jungen und Mädchen, alle in der Schuluniform. Sie kreischten und lachten. Junge und Mädchen? Ja, das hat man dir doch gerade gesagt, David, Koedukation. Plötzlich fiel ein Mädchen hin – ein für sein Alter sehr großes Mädchen –, und unter dem Stoff kommen zwei sehr lange, sehr wohlgeformte Beine und weiter oben ein weißer Slip zum Vorschein. David Miralles errötete ein wenig, und für einen Augenblick beschlich ihn Angst. Würde sein Sohn sich in so frühem Alter von jemandem sexuell angezogen fühlen? Und das Mädchen ließ sich Zeit mit dem Aufstehen, richtete sich mit Mühe auf, spreizte die Beine noch ein Stück weiter und zeigte noch mehr von ihrem Slip.
    Nein, das war unmöglich, David wusste das. Sein Sohn würde sich auf jeden Fall romantisch in ein älteres Mädchen verlieben – die älteren sind immer erfahren, sogar ein wenig pervers, sie haben eine Vergangenheit. Er würde es heimlich beobachten, und wenn es ihn ansah, würde er rot werden.
    Sein Sohn würde eine reine Seele haben, er würde die Mädchen als Klassenkameradinnen ansehen und niemals würde er, auch als Erwachsener nicht, einen Päderasten verstehen können.
    Ein guter Ort. Sein Sohn würde mindestens zwei Jahre hier verbringen, fern von der Gefahr, bis sie beide – der Junge und David – ein langes Gespräch führen und sich neue Ziele setzen könnten.
    »Vielen Dank, Señora. Ich werde den Jungen am Montag mitbringen und dann werden wir den formellen Teil erledigen.«
    David Miralles trat hinaus ins Gewühl der Straße mit den Kassensturz machenden Händlern, den Mädchen, die die Zukunft lasen, und den Matronen, die nur noch in der Geschichte lasen. Er war so zerstreut, dass er fast von einem Bus überfahren wurde, aber nichts passierte – die Schulter war noch dran –, denn die Schule hatte ihm sehr gefallen.
    Schade, dass der Kleine nicht dorthin gehen konnte. David Miralles fühlte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen.
    Aber was half es.
    Das Mädchen.
    Für David Miralles war seine Assistentin Eva Expósito immer ein Mädchen gewesen. Die Lehrerin, bei der er gerade gewesen war, repräsentierte die Vergangenheit und Eva die Zukunft. Sie saß im Esszimmer – nicht auf dem für den Jungen reservierten Stuhl – mit übereinandergeschlagenen Beinen und zeigte einen Teil ihrer schönen Schenkel, die den Männern so gefielen. Und plötzlich fiel David nicht ohne ein gewisses Erstaunen auf, dass Eva Expósito kein Kind mehr war.
    Verdammt, David, das hättest du doch wissen müssen. Deine Unfähigkeit, die Dinge zu sehen wie sie sind, ist schon ärgerlich. Du hättest es schon auf dem Friedhof merken müssen, als du sie vor den Vergewaltigern gerettet hast. Diese unter Zwang gespreizten Beine waren wohlgeformt gewesen, jung, straff, von einem guten Gott geschaffen, der am Tag ihrer Geburt sein Handwerk erlernt zu haben schien. Und wie diese Schweine sie anstarrten … Du hättest es merken müssen, aber an jenem Abend hast du nur daran gedacht, Knochen zu brechen, und dabei blieb es auch. Du hättest es dir doch denken können, als man dir von dem Mordversuch an ihr berichtete. Und von Méndez, der sie gerettet hatte. Der Mann, der sie töten wollte, vergaß die Kugel für Eva Expósito und dachte nur noch an ihre Beine und ihren Mund.
    Du hättest es also

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