Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
dafür haben, dass meine zexuelle Neugier, die meinen Freunden und meiner Frau bestens bekannt ist, geweckt ist. Ich vermute, dass man sogar mit einem gelähmten linken Arm eine Alte flachlegen kann. Oder zie entjungfern.«
»Das ist nun wiederum nicht möglich, Amores.«
»Wurde zie schon entjungfert?«
»Ja. Als sie noch weiße Kniestrümpfe trug.«
Da ist die Treppe, David Miralles, hier die Ecke mit den Gaszählern oder den Wasserzählern, daran erinnerst du dich nicht mehr, aber an die Treppenabsätze ohne Glühbirnen, die herausgebrochenen Eisenbeschläge der Treppe, die Wand im Zwischenstock, die die Kinder bekritzelten.
Und die Schwelle, die Schwelle … Der Türknauf, an dem du dich festgehalten hast an dem Tag, an dem du deine Frau im Brautkleid heraufgetragen hast. Du hattest so wenig Geld, dass ihr nicht einmal in ein kleines Hotel an die Costa Brava fahren konntet, und dabei waren die damals so billig und die Fenster so schön. Man konnte von ihnen aus sogar noch das Meer sehen, weil der Ausblick noch nicht mit den Betonkästen des Fortschritts verbaut war. Damals hattest du noch Illusionen, David Miralles, du hattest gerade einen amerikanischen Film gesehen, im dem der Bräutigam die Braut auf Händen trägt. Gesegnet seien die früheren Illusionen, David, und gesegnet die Filme, in denen du das Leben der anderen entdecktest.
Und die Jahre. Hier sind die Jahre, David, die zu schwarzem Staub gewordene Zeit, zu Spinnwebenschaum, zum Skelett einer Katze, die sich dort versteckte, um eine Hoffnung zu gebären. Hier ist die durch die Wände gesickerte Zeit, die ein feuchtes Licht abgesondert hat.
Und sie. Außerdem ist sie da.
Mabel trägt keine weißen Kniestrümpfe mehr, aber du weißt, dass sie mal welche getragen hat, und sie trägt auch nicht mehr das Kleid mit den ausgefransten Säumen und die Unterwäsche des anständigen Mädchens. Die bösen Mädchen kommen in die Hölle, sagten damals die Katholiken, die anständigen ins Bett. Mabel hat nicht mehr das feste Fleisch der Fünfzehnjährigen und nicht mehr diese Brustwarzen, die es noch zu taufen gilt, und diese zarte Haut, sie ist inzwischen von gierigen Männermündern aufgefressen worden. In ihren Augen spiegelt sich nicht mehr die Illusion, mit der sie einst aus den Fenstern des Viertels blickte, und auch nicht mehr die Klarheit, mit der sie der Straße die Stirn bot.
Aber sie ist da, wie eine wohlige Wärme in den Eingeweiden des Hauses.
Dieser Knauf, David, dieser Knauf, auf dem dich abstütztest, als du deine Frau auf Händen in das Glück trugst, das man euch verheißen hatte. Jetzt schämst du dich, mit Mabel hochzugehen, die Wärme ihrer Hand zu fühlen – die Hand der anderen –, die das Haus nicht kennt, in dieser Dunkelheit – und die Angst hat, die Treppe herunterzufallen. Und das kleine Fenster des Treppenabsatzes, das deinen Sohn so faszinierte, die zerbrochene Scheibe, die von den hinteren Galerien geschluckte Luft, das in ein Leichentuch gehüllte Licht.
»Das war die Wohnung. Komisch, dass sie in all der Zeit nicht von Hausbesetzern entdeckt wurde. Aber ich muss sagen, der Besitzer hat sie hin und wieder reinigen lassen, und die Haustür war ordentlich abgeschlossen.«
»Dann brauchtest du einen Schlüssel.«
»Ich habe beim Auszug eine Kopie anfertigen lassen, denn es war die Wohnung, in der mein Sohn geboren wurde. Ich wollte sie behalten, so wie man den Schlüssel vom Sarg seiner Frau aufhebt. Aber vielleicht war das gar nicht so verkehrt. Manchmal, wenn ich wusste, dass das Haus leer war, ging ich hinein und blieb hier stehen, kauerte mich zwischen Tür und Treppe, fast ohne zu atmen, wie jemand, der sich in einen Sarg gelegt hat. Aber wer sich in einen Sarg legt, spürt die Zeit nicht, und ich spürte sie sehr wohl.«
Und dann fügte er kaum hörbar hinzu:
»Aber das hat es mir möglich gemacht zu leben.«
Und hier ist der Treppenabsatz zwischen zwei Türen, deiner, David, wo dein Stück Gelobtes Land war, und der auf der anderen Seite. Es ist die Tür von Señora Engracia, die verstarb, nachdem sie zweimal die Kommunion empfangen hatte (für den Fall, dass sie beim ersten Mal keine Wirkung zeigen würde), und die ihres Mannes, Señor Abel, der mit einer roten Fahne beerdigt werden wollte. Und die Tür ihrer beiden Töchter, Tita und Belén, die die Ersten waren, mit denen dein Sohn auf dem Fußboden spielte. Und hier das Licht, das Licht der toten Fenster, das sich nicht verändert hat.
»Hast du noch einen
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