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Der Todesbote

Der Todesbote

Titel: Der Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Buval
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Er reagiert also völlig normal und ganz gesund.« Wie immer Herr Zubera dies auch meinen mag.
    Der in der Ukraine sehr geachtete Psychologe kommt in seinem Gutachten über Onoprienko zu einem erstaunlichen Ergebnis: »Auch wenn der Angeklagte wirr erscheint und nicht wie von dieser Welt – der Serienmörder Onoprienko ist geistig völlig gesund und deshalb für seine Taten voll verantwortlich und voll schuldfähig.«
    Ein weiterer Psychiater, der die Hauptverhandlung verfolgte, schüttelt unverständlich den Kopf über die seiner Meinung nach falsche Beurteilung des Häftlings durch seinen Kollegen.
    Er gibt seine Ansicht über den Geisteszustand des Angeklagten gerne wieder: »Anatolij Onoprienko ist ein extrem triebgestörter Mensch. Wie die meisten Serientäter hat auch er eine gespaltene Persönlichkeit. Meist waren es finanzielle Sorgen und Überlebensängste, die den Angeklagten in seine schwere Krise gestürzt haben. Seine Tötungsfantasien wurden dadurch hervorgerufen. Hass auf alle intakten Familien trug dazu bei.
    Denn ein intaktes Familienleben durfte er selbst nie erleben.
    Sein Verlangen nach Wohlstand, den er nicht erreichen konnte, entlud sich in monströsen Taten. Ich halte ihn für vermindert zurechnungsfähig und schuldunfähig. Sein zukünftiges Leben kann nur in einer psychiatrischen Anstalt enden, nicht in einem Gefängnis.«

    Anatolij Onoprienko, der geschickte Scharlatan Satans, hatte sein Ziel erreicht. Es war ihm geglückt, selbst die gelehrten Professoren in zwei Lager zu teilen. So war es ihm gelungen, Richter, Staatsanwalt und Verteidiger – allesamt psychiatrische Laien – in die höchst problematische rechtliche Situation zu bringen, darüber entscheiden zu müssen, ob er für seine Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden kann oder nicht. Für das Gericht galt es nun darüber zu befinden, der populistischen Forderung zu entsprechen und die Todesstrafe zu verhängen oder den Angeklagten für schuldunfähig zu erklären und somit für den Rest seines Lebens in eine psychiatrische Anstalt einzuweisen. Denn letztendlich werden die rechtlichen Entscheidungen allein vom Gericht getroffen und nicht von den Psychiatern. Dass ihre Gutachten dazu beitragen, dass sie in höchstem Maße zur Entscheidungsfindung beitragen, dafür wollen sie nach der Verurteilung meist nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.
    Fassungslos ist man, wenn man sieht, wie Psychiater die Bedeutung ihrer Gutachten nach dem Prozess herunterzuspielen versuchen. Dabei wissen sie sehr genau, dass ihre Einschätzung des Täters jedes Urteil stützt, natürlich auch, wenn es um Leben und Tod für den Angeklagten geht. In den Urteilsbegründungen der Gerichte ist dann zu lesen: »… ist das Gericht unter Berufung auf das Gutachten des Herrn Professor Doktor … zur Erkenntnis gekommen, dass der Angeklagte für seine Schuld voll (bzw. nicht) verantwortlich ist.« Doch bei einer Fehleinschätzung eines zu Verurteilenden ziehen sich die Gelehrten auf die »alleinige« Rechtsprechung durch das Gericht zurück.

Das Urteil
    Es ist ein bitterkalter Tag. Die Bewohner der Stadt Zhitomir sind in heller Aufregung. Die fast tägliche Berichterstattung der Presse und des Fernsehens haben dafür gesorgt, dass sich eine riesige Menschenmenge vor dem imposanten Gerichtsgebäude der Stadt versammelt hat. Die Öffentlichkeit ist erschüttert. Die Schreckensbilder der Zeitungen, die Bilder der getöteten Männer, der geschändeten Frauen und erschlagenen Kinder lassen sich nicht aus dem Gedächtnis verdrängen. Jedes Detail, das über die Taten bekannt wurde, hat den unglaublichen Hass der Bevölkerung weiter genährt.
    »Der Tag der Gerechtigkeit«, wie ihn die Medien titulierten, war gekommen. Wie zu einem Jahrmarkt sind die Menschen angereist. Der beeindruckende, große Platz vor dem Gerichtsgebäude füllt sich immer mehr. Eine nicht zu übersehende Menge an Sicherheitsbeamten mischt sich unter die Wartenden.
    Ein riesiges Militäraufgebot bewacht den Eingang zum Gerichtsgebäude.
    Junge und alte Bürger des Landes wollen ihn noch einmal sehen, den selbst ernannten Henker der Ukraine. Sie wollen ihm in die Augen sehen, wenn das Urteil, das für sie längst feststeht, verkündet wird.
    Eine alte Frau steht abseits der Menschenmenge völlig allein und beobachtet die Szenerie. Ihre Blicke eilen zu den wütenden Menschen. Sie hat vier ihrer Angehörigen verloren, darunter zwei kleine Kinder, bestialisch
    getötet von

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