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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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als der Bankherr an der nächsten Kreuzung links in die Via Porciaia einbog und dann geradewegs auf die Piazza Vecchia zuhielt – und damit auf die Kathedrale Santa Maria Novella, deren mächtiges Kirchenschiff sich jenseits des Platzes in den Himmel erhob. Sollte er sich doch getäuscht haben? Aber wer ging dort in die Vesper, wenn er das ebenso gut bei sich um die Ecke haben konnte?
    Tatsächlich schien Brancoletti auf Santa Maria Novella zuzusteuern. Und als er die Straße vor der Kirche überquerte und auf die gleichnamige Piazza zuging, überlegte Pater Angelico, ob er es dabei belassen und umkehren sollte.
    Doch der Bankherr ging am Portal des Gotteshauses vorbei!
    Also doch nicht zur Vesper!
    Wenig später gelangte er auf die breite Durchgangsstraße Via della Scala, von der aus man in wenigen Minuten bei der Porta al Prato war, und bog kurz danach in eine Seitengasse ein.
    Nun wird es interessant, dachte der Mönch und verringerte den Abstand, um Brancoletti nicht aus den Augen zu verlieren. Das erwies sich als kluge Entscheidung, denn sonst hätte er wohl nicht mehr mitbekommen, in welche der Brandgassen und Torwege Brancoletti plötzlich verschwand.
    Es war eine breite Tordurchfahrt auf der linken Seite, in deren Dunkelheit der Bankherr eintauchte. Pater Angelico beschleunigte seine Schritte erneut, schlich ihm nach und spähte am Ende des Torgangs um die Ecke. Vor ihm lag ein geräumiger Hof, der ausreichend Platz bot, dass vor den dazugehörigen Stallungen ohne allzu große Umstände ein Fuhrwerk gewendet werden konnte. Er sah, wie Brancoletti einen Schlüssel hervorzog, die Hoftür eines großen Backsteingebäudes aufschloss und dahinter verschwand. Es war jedoch nicht zu hören, dass er die Tür hinter sich wieder verschlossen hätte.
    Pater Angelico fand das Gebaren von Matteo Brancoletti mehr als verwunderlich, denn er brauchte nicht lange zu raten, um zu wissen, in welches Haus der Mann verschwunden war. Die Hintertür gehörte zu dem Gasthaus La Fiorentina, das dafür bekannt war, dass dort fast ausnahmslos Fernreisende abstiegen. Die Nähe zum Stadttor, die breite Via della Scala und natürlich der große Hinterhof mit dem Raum zum Einstellen von Reit- und Zugtieren, all das hatte, zusammen mit der guten Küche des Hauses, La Fiorentina bei auswärtigen Kaufleuten den Ruf eingetragen, für einen Aufenthalt in Florenz eine der besten Adressen zu sein. Und dementsprechend gut frequentiert war das Gasthaus gewöhnlich auch.
    Aber was hatte Matteo Brancoletti hier zu schaffen? Und warum besaß er einen Schlüssel zur Hoftür?
    Pater Angelico überlegte, ob er sich nun auch durch die offene Hintertür ins Gasthaus schleichen und versuchen sollte herauszufinden, was hinter der Geheimnistuerei des Bankherrn steckte, doch er entschied sich dagegen. Es wäre zu riskant gewesen. Ein dummer Zufall, und Brancoletti wäre gewarnt. Dann wäre guter Rat teuer.
    Schweren Herzens gab Pater Angelico die weitere Verfolgung auf und kehrte um. Darüber grübelnd, was es mit Brancolettis heimlichem Besuch in der Herberge auf sich haben mochte, überquerte er die Via della Scala und hielt auf die Piazza Santa Maria Novella zu.
    Um ein Haar hätte er in seinen Grübeleien übersehen, was sich kurz darauf als die Lösung des Rätsels herausstellen sollte. Er verdankte es einer Schar vor ihm aufflatternder Tauben, dass er den Kopf hob.
    Und da fiel sein Blick auf zwei Frauen, die vor dem Kirchenportal standen. Eine war an ihrer schlichten Kleidung und Haube unschwer als Bedienstete zu erkennen. Bei der anderen handelte es sich um Antonetta Brancoletti.
    Ungläubig starrte er zu den beiden hinüber. Was sie redeten, konnte er nicht hören, dafür standen sie zu weit von ihm entfernt, aber dass Antonetta äußerst ungehalten auf etwas reagierte, das ihre Begleiterin, vermutlich ihre Zofe, soeben gesagt hatte, war ihrer Gestik zweifelsfrei zu entnehmen. Herrisch deutete sie zum Portal hin, erteilte der Zofe offenbar einen knappen Befehl und ließ sie stehen. Diese schüttelte nur den Kopf, zuckte dann die Achseln und schritt die Stufen zur Kirche hinauf.
    Rasch wandte Pater Angelico sich ab, bückte sich und machte sich an seinen Sandalen zu schaffen.
    Achtlos rauschte Antonetta an ihm vorbei.
    Er folgte ihr, obwohl er sich das hätte sparen können, wusste er doch, wohin sie ihn führen würde – nämlich in den Hinterhof der Fiorentina.
    Und genau so war es.
    »Hol mich doch der Gottseibeiuns!«, entfuhr es ihm, als auch

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