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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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sie sich durch die Hoftür in die Herberge schlich. »Der Lump von Bankherr trifft sich mit der Frau seines jüngsten Bruders zu einem Schäferstündchen! Und das bestimmt nicht zum ersten Mal!«
    Aber passte das nicht ins Bild? Wer seinem eigenen Bruder Hörner aufsetzte, musste doch einen verdorbenen Charakter haben. Was Matteo Brancoletti besitzen wollte, das nahm er sich offenbar ohne Skrupel. Da war es vielleicht kein allzu großer Schritt, sich auch durch Morde das zu verschaffen, was ihm auf andere Art verwehrt blieb.
    Das musste er auf der Stelle Scalvetti berichten!
    Zu seiner Verwunderung reagierte der Commissario, den er noch in seinem Amtszimmer antraf, nicht so auf seinen Bericht, wie er erwartet hatte. Er zeigte sich weder überrascht noch empört.
    »Schau an, schau an«, sagte er nur trocken. »Der feine Herr steckt seinen Pinsel also in verlockende Töpfchen, die ihm nicht gehören. Ganz der Vater! Aber nun ja, was sollte man auch anderes von ihm erwarten? Der Apfel fällt nun mal nicht weit vom Stamm. Armer Alessio.« Er zuckte die Achseln, und wieder einmal brach der Sarkasmus in ihm durch, als er hinzufügte: »Die Schutzengel vieler Leute müssen gefallene Engel sein. Aber so ist die Welt: Nur wenige werden am Ende nicht am Halfter in den Stall geführt.«
    »Das ist alles, was Ihr dazu zu sagen habt?«, fragte der Mönch leicht befremdet von Scalvettis mangelnder Entrüstung und seinem Spott über den Gehörnten.
    »Euch mag es ja überrascht haben, aber dass Matteo Brancoletti ein Schweinehund ist, weiß ich nicht erst seit heute«, erwiderte der Commissario gelassen. »Wie gesagt, sein Vater war ihm ein prächtiges Vorbild an verkommener Sittenlosigkeit.«
    »So«, brummte Pater Angelico.
    Tiberio Scalvetti nickte. »Der Alte war bekannt dafür, dass er in fremden Revieren dreist gewildert hat. Dass er sich nicht auch noch an der Frau seines Ältesten vergriffen hat, verdankt dieser wohl nur der Tatsache, dass er schon zu krank dafür war, als Matteo geheiratet hat. Obwohl, er hätte es vermutlich auch dann gelassen, wenn er noch in Saft und Kraft gestanden hätte. Aber nur, weil Clarissa, Matteos Frau, seinen Ansprüchen an eine Bettgespielin nicht gerecht geworden wäre. Denn eine Schönheit war sie schon als junge Braut nicht, und nachdem sie die Kinder zur Welt gebracht hat, hat sie zwar um einiges zugelegt, aber nicht gerade an Schönheit. Dafür war sie ein einträgliches Geschäft für das Haus Brancoletti. Ihr wisst, wie es bei uns im Land zugeht: Je unansehnlicher die älteste Tochter aus vornehmem Haus, desto tiefer muss der Vater für die Mitgift in die Geldtruhe greifen. Da ist ein schöner Batzen zusammengekommen, und schöne, willige Frauen gibt es ja auch außer Haus zur Genüge.« Und dann lächelte Scalvetti das hintergründige Lächeln eines Mannes, der längst alle Illusionen verloren hatte und von seinen Mitmenschen grundsätzlich das Schlechte, Verdorbene und Bösartige erwartete.
    »Jedenfalls wirft die Sache ein bezeichnendes Licht auf Matteo Brancoletti und das, wozu er sonst noch fähig sein dürfte«, brummte Pater Angelico und beließ es dabei. Stattdessen kam er auf den Ring zu sprechen.
    Aber da war ihm der Commissario auch wieder voraus. »Ich weiß, er trägt eine halbe Lilie im linken und einen hübschen halben Stierkopf im rechten Wappenfeld. Habe ich hier schon herausgefunden«, sagte er und klopfte auf ein dick gebundenes Buch, das vor ihm auf dem Tisch lag. »Aber zu sagen hat das leider nicht viel. Denn der Ansatz vom rechten Feld, den wir im Wachs an der Tischkante gefunden haben, könnte ebenso gut zu einem Turm oder einem anderen Wappenelement passen. Daraus lässt sich wahrlich kein Strick knüpfen, Pater.«
    »Aber es sind doch sich verdichtende Hinweise«, beharrte Pater Angelico und berichtete abschließend von der Einladung, die er dem Bankherrn abgeluchst hatte und die dieser für seine ureigenste Idee hielt.
    Endlich zeigte Scalvetti die Überraschung, die der Mönch lange zuvor schon erwartet hatte. »Ihr habt ihn dazu gebracht, Euch zu seinem Kostümball einzuladen? Heilige Zunderbüchse, das lasse ich mir gefallen! Denn Brancolettis Feste sind so amüsant und prächtig, wie sein Charakter missraten und abstoßend ist. Aber was erhofft Ihr Euch davon?«
    Pater Angelico zuckte die Achseln. »Ich weiß, wo sich sein Ankleidezimmer befindet. Vielleicht gelingt es mir zu später Stunde, wenn genügend Wein geflossen ist, dort einen Blick auf seine

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