Der Todesengel von Florenz
keine Einwände erheben wird. Und damit genug. Ich bestehe darauf, dass Ihr mir das Vergnügen macht, morgen mein Gast zu sein. Das wird auch meinen anderen Gästen gefallen. Wie gesagt, man kennt und schätzt Euch.«
Pater Angelico bemühte sich um einen geschmeichelten Ausdruck. »Ihr versteht es, einem zur Demut berufenen Mann jeden Ausweg zu verbauen und es so einzurichten, dass eine Absage den Charakter einer ungehörigen Zurückweisung trüge. Nur wird es dennoch darauf hinauslaufen. Immerhin handelt es sich um ein Kostümfest, und dem Anspruch, der damit einhergeht, kann ich nun wirklich nicht entsprechen. Wie sollte ich mich denn auch verkleiden, Signore?«
»Als Mönch«, schlug der Bankherr spaßeshalber vor, schüttelte dann aber lachend den Kopf. »Aber nein, das wäre natürlich weder passend noch originell. Ich kümmere mich um Euer Kostüm. Lasst Euch überraschen. Ich werde es Euch morgen im Laufe des Tages ins Kloster bringen lassen. – Und, habe ich nun Euer Einverständnis?«
Pater Angelico rang sich so etwas wie ein resigniertes Seufzen ab. »Ich fürchte, Ihr lasst mir keine Wahl. Ich werde Eure Einladung annehmen und mich hinsichtlich meiner Verkleidung ganz in Eure Hand begeben müssen, Signore.«
Vergnügt und mit sichtlicher Genugtuung klatschte der Bankherr in die Hände. »Und Ihr tut gut daran! Es freut mich, dass Ihr kommt. Jetzt muss ich mich aber entschuldigen, sonst komme ich zu spät zur Vesper. Und in diesen Tagen scheint es wohl noch mehr als zu gewöhnlichen Zeiten angebracht, auf geweihtem Boden zu knien und sich des kirchlichen Segens zu versichern.«
Pater Angelico meinte, in den Augen des Bankherrn so etwas wie Spott aufblitzen zu sehen, und dachte grimmig: Wenn Ihr der Todesengel seid, dann wird Euch der Spott wie auch manches andere bald vergehen!
Nachdem er sich noch einmal gebührend bedankt hatte, schlenderte er ohne jede Hast aus dem Palast. Er verweilte sogar noch ein paar Minuten im Vorhof und tat so, als bewundere er die Geschicklichkeit der Männer, die beim Errichten des mächtigen Pavillons mit Unmengen von Zeltplanen und Stützstreben zu kämpfen hatten. In Wahrheit galt sein Augenmerk der Mauer hinter dem Stall und der kleinen Seitenpforte, die nicht über ein Schloss, sondern nur über einen Riegel verfügte. Es konnte nicht falsch sein, sich von diesen örtlichen Gegebenheiten ein Bild zu machen. Wer wusste denn, wozu das einmal nützlich sein konnte?
Schließlich trat er hinaus auf die Straße und wandte sich schon in Richtung Kloster, als er hinter sich Matteo Brancolettis Stimme vernahm. Rasch blickte er sich um und sah, wie der Bankherr einen Nachbarn grüßte, der zur selben Zeit aus einem gegenüberliegenden Haus getreten war. Brancoletti blieb allerdings nicht stehen, sondern winkte dem anderen nur jovial zu und entfernte sich eiligen Schrittes.
Aber nicht auf der Via della Stufa hinunter zur Mündung der Straße in die Piazza San Lorenzo. Stattdessen schlug er die entgegengesetzte Richtung ein!
Das kam Pater Angelico seltsam vor, hatte Brancoletti doch gesagt, dass er zur Vesper wollte. Und zweifellos war San Lorenzo, kaum mehr als einen Steinwurf von seinem Palazzo entfernt, die Kirche, die er und seine Familie gewöhnlich besuchten. Eine andere zu wählen hätte keinen Sinn ergeben, zumal der Bankherr in San Lorenzo regelmäßig der Gegenwart des Medici und seiner brigata, diesem von Leibwächtern begleiteten Gefolge aus reichen und einflussreichen Signori, sicher sein konnte. Und ein Mann wie Matteo Brancoletti war viel zu schlau, um nicht zu wissen, wie wichtig es für seine Geschäfte und seinen Einfluss war, immer wieder mit Il Magnifico und seinen engsten Vertrauten zusammenzutreffen, auch wenn bei diesen Begegnungen nicht mehr stattfand als ein kurzer Plausch nach einer Messe oder Vesper.
»Wollen wir doch mal sehen, was dieser undurchsichtige Bursche tatsächlich vorhat«, murmelte Pater Angelico vor sich hin. Er wäre jede Wette eingegangen, dass dieser Mann nicht auf dem Weg in eine Kirche war. Er heftete sich an Brancolettis Fersen, achtete aber darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen.
So hielt er einen Abstand von gut anderthalb Dutzend Schritten und zog sich vorsichtshalber auch die Kapuze über den Kopf. Es war nie auszuschließen, dass ihn jemand erkannte und ihm womöglich quer über die Straße einen Gruß zurief.
Seine Überzeugung, dass Matteo Brancoletti mit Sicherheit keine Vesper besuchen wollte, geriet schwer ins Wanken,
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