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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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handelte, ausgelöst vermutlich von einem im Mauerwerk verborgenen Federmechanismus.
    »Ihr könnt Euch wieder umdrehen, Padre! Der Sesam ist geöffnet. Tretet ein.«
    Mit einiger Spannung begab der Mönch sich zu ihm, trat durch den Rundbogen hinter der schweren, mehrfach gesicherten Eichentür und fand sich in einem zweiten rundgemauerten Raum wieder, der etwa so groß war wie das hinter ihm liegende Gewölbe. Und wie dort gab es auch hier eine zweite, rückwärtige Tür.
    Verblüfft schaute er sich um, während der Commissario hinter ihm die Tür schloss und die Bolzen aus dem Mauerwerk mit neuerlichem Klacken zurück in die Fassungen des faustdicken Eichenbretts sprangen.
    Die gerundete Wand links der Tür war bis zu der genau gegenüberliegenden zweiten Tür mit Waffen aller Art bedeckt. Da hingen, dicht an dicht, Hellebarden und Streitäxte neben Lanzen, Schwertern und Dolchen unterschiedlicher Länge und Machart. Dazu kamen Schwertgehänge, Kettenhemden, Helme sowie Brustpanzer und Stulpenhandschuhe. Mit diesem Arsenal hätte man eine kleine Truppe ausrüsten können. Am Ende hingen aber auch Gerätschaften von der Wand, die ganz sicher nicht dem Kampf dienten, sondern der peinlichen Befragung unter der Folter.
    In der Mitte des Raumes lag ein dicker, schmuckloser Teppich, der weniger der Zierde diente, wie seine unansehnliche rostbraune Farbe verriet, als vielmehr wohl die Bodenkälte mildern sollte. Auf dem Teppich standen neben zwei Scherensesseln ein loggio, ein breites Schreibpult mit Schubladen und Seitenfächern für Papiere und andere Utensilien, ein solider, großer Faktoreitisch sowie eine massive, eisenbeschlagene Truhe mit zwei schweren Vorhängeschlössern.
    Die rechte Hälfte des runden Raumes glich dem Laden eines Gebrauchtwarenhändlers, der sein Geschäft mit Kleidung aller Art machte und sowohl fadenscheiniges und geflicktes Armeleutezeug im Angebot hatte wie auch etliche Stücke von makelloser, ja sogar edler Qualität. Von einer Reihe weit in den Raum ragender Eisenstangen, die in schweren winkelförmigen Wandhalterungen saßen, hingen Roben, Wämser, Hüftjacken, Kniebundhosen, Beinkleider, Gewänder, Umhänge, Kutten, Livreen, Hüte, Kappen, Gürtel und vieles andere an Bekleidung mehr. Unterhalb der Stangen standen Stiefel und anderes Schuhwerk aller Art in allen möglichen Größen.
    »Teufel auch«, entfuhr es dem Dominikaner. »Ich habe Euch ja so manches zugetraut, Commissario! Aber hier unten ein ganzes Waffenarsenal, eine komplette Schreibstube und eine wohlsortierte Kleiderkammer vorzufinden – und das auch noch alles in einem Raum –, das hätte ich bei Gott nicht erwartet!«
    Tiberio Scalvetti gönnte sich ein kleines stolzes Lächeln. »In meinem Amt muss man auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, und das an verschiedenen Orten«, sagte er und bestätigte damit das Gerücht, demzufolge die Otto di Guardia an vielen Punkten sowohl in Florenz als auch außerhalb der Stadt über geheime Räumlichkeiten verfügte, die für konspirative Treffen mit Agenten und Zuträgern sowie für andere Zwecke genutzt werden konnten. »Und nun sollten wir uns mit dem Umkleiden beeilen, sonst ist der Vogel ausgeflogen, bevor wir seiner habhaft werden können!«
    »Umkleiden?«, wiederholte Pater Angelico ungläubig.
    »Ihr habt schon richtig verstanden. Dort, wo wir hinmüssen, sollte ich nicht gleich anhand meiner Kleidung als Mann der Otto di Guardia erkannt werden – und Ihr nicht als Mönch«, rief Scalvetti ihm zu und machte sich auch schon zwischen den Kleiderstangen zu schaffen. »Leute meines Schlages sind dort ebenso unerwünscht wie Vertreter Eurer frommen Zunft. Obwohl ich zugeben muss, dass Ihr in dieser Hinsicht mir gegenüber einen kleinen Vorteil habt. Hier, nehmt das. Das dürfte Euch passen … und Euch vielleicht an alte Zeiten erinnern«, fügte er hinzu und lachte.
    Pater Angelico konnte die Kleidungsstücke gar nicht so schnell auffangen, wie der Commissario sie ihm zuwarf. Ein altes braunfleckiges Wams flog an seinem Kopf vorbei und landete hinter ihm auf dem Faktoreitisch, doch die ausgeblichene Kniebundhose nach Landsknechtsart bekam er zu fassen. Es folgten ein Umhang und ein breitkrempiger Söldnerhut mit einigen abgeknickten Fasanenfedern.
    »Das mit dem Anprobieren von Stiefeln und Beinkleidern schenken wir uns besser. Es würde zu viel Zeit kosten. Und Ihr seid vom Klosterleben ja einige Härten gewöhnt«, erklärte Scalvetti, während er ähnliche

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