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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Vorrats- und Weinkeller führte. Nun jedoch sah er im Licht der kleinen Lampe, die neben dem Einlass auf einem Seitenbord brannte, dass dem Gitter ein Riegel oder ein Schloss fehlte. Stattdessen befand sich zwischen den Eisenstäben nur ein quadratischer schwarzer Eisenkasten.
    Tiberio Scalvetti stellte sich davor, so dass der Mönch nicht sehen konnte, was genau er tat. Pater Angelico bekam nur mit, dass der Commissario durch das Gitter griff und sich auf der Hinter- oder Unterseite des Schließkastens kurz zu schaffen machte. Dann war ein Klicken zu vernehmen, und die Gittertür sprang auf.
    »Schnell, die Treppe hinunter!«, raunte Scalvetti, ließ ihn an sich vorbei in den Gang treten, der nach zwei Schritten im rechten Winkel nach rechts abknickte, und drückte das Gitter hinter sich wieder zu.
    Hinter der scharfen Biegung führte ein rundgemauerter Treppengang etwa zwei Dutzend Steinstufen in die Tiefe. Von unten drang ein schwacher Lichtschein herauf, so dass man gerade eben sehen konnte, wohin man seinen Fuß setzte.
    »Ihr macht es wirklich spannend«, murmelte Pater Angelico über die Schulter. Ihm fiel auf, dass die Stufen deutliche Spuren von Abnutzung aufwiesen, was bei dem harten grauen Stein den Schluss nahelegte, dass sie schon vor sehr langer Zeit angelegt worden waren.
    »Ihr sollt mich nicht für einen Langweiler halten«, gab Scalvetti leise zurück.
    Am Fuß der Treppe eröffnete sich ein kleines Gewölbe mit rundem Grundriss von etwa fünf, sechs Schritten Durchmesser. Mit seiner hohen Decke wirkte es wie eine unterirdische Rotunde.
    Zwei Türen führten aus dem Kellerrund. Auf der linken Seite versperrte ein Gitter mit einer ähnlichen Schließanlage wie oben den Weg. Dahinter zeichnete sich schemenhaft ein breiter Durchgang ab. Irgendwo dort musste sich der Weinkeller befinden. Vor der Gittertür hing, nur halb zugezogen, ein Vorhang aus schwarzem Wollstoff, der sich am rechten Rand bauschte. Dem Treppenaufgang genau gegenüber befand sich ein zweiter Ausgang, verschlossen von einer schweren Eichentür, die zusätzlich mit sich kreuzenden, handbreiten Streifen aus Eisenblech beschlagen war. So etwas wie ein Schloss schien es in der Tür nicht zu geben. An keiner Stelle zeichnete sich auf der glatten Fläche aus schwarzem Blech und dunkler Eiche etwas ab, das auf einen Schließmechanismus hingedeutet hätte, obwohl es zweifellos einen gab.
    Tiberio Scalvetti zog im Vorbeigehen den Vorhang ganz vor die Gittertür und deutete auf die Öllampe, die an drei Eisenketten von der Decke hing. Das Öl befand sich in einem kugelförmigen Behältnis von der Größe eines Kinderkopfes, und die Lampe brannte mit weit heruntergedrehtem Docht.
    »Mein ganz eigenes ewiges Licht«, sagte er selbstironisch, griff nach einer Handlaterne, die im Lichtkreis am Boden stand, und entzündete sie mit Hilfe eines langen Kienspans, den er aus einem Holzkasten an der Wand nahm.
    Pater Angelico fragte sich, wohin der Commissario ihn wohl bringen mochte und welchem Zweck dieser geheimnisvolle Abstieg in die dunklen Eingeweide der Colombina diente.
    »Habt noch einen Augenblick Geduld«, sagte Scalvetti, als ahne er, was dem Mönch durch den Kopf ging. »Erst einmal muss ich Euch einen heiligen Schwur abnehmen.«
    Pater Angelico furchte die Stirn. »Mit meiner Aufnahme in den illustren Kreis der Otto di Guardia sollten wir aber schon noch warten, bis ich irgendwann wirklich vor verschlossenen Klostertüren stehe«, sagte er.
    Ein flüchtiges Lächeln glitt über Scalvettis Gesicht. »Ich werde das im Hinterkopf behalten, Pater. Aber jetzt geht es allein darum, dass Ihr mir bei Eurer Seele schwört, mit niemandem über das zu sprechen, was Ihr hier seht und gleich noch sehen werdet«, erklärte er. »Nicht einmal in der Beichte!«
    »Ich werde Euer Vertrauen nicht missbrauchen. Ich werde absolutes Stillschweigen bewahren, das schwöre ich bei meiner Seele«, kam der Mönch der Forderung augenblicklich nach. Doch er wusste nicht recht, ob er sich nur geehrt fühlen oder auch beunruhigt sein sollte.
    »Gut, das hätten wir hinter uns gebracht. Und jetzt dreht Euch um und blickt zur Treppe, bis ich Euch sage, dass Ihr Euch wieder umwenden könnt.«
    Pater Angelico tat, wie ihm geheißen. Kaum hatte er sich umgedreht, vernahm er hinter sich ein leises Geräusch, als schabe Stein über Stein. Dann hörte er ein doppeltes metallisches Klacken und nahm an, dass es sich dabei um das Zurückspringen zweier schwerer Bolzen oder Riegel

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