Der Todesflug der Cargo 03
die Bruchstücke eines lauten Gesprächs, das draußen auf dem Hof stattzufinden schien. Mühsam zog er sich so weit zu dem kleinen Oberfenster hoch, dass er einen Blick nach draußen erhäschen konnte. Der Exerzierplatz des Hauptquartiers war zu sehen. Die Elitekommandos der ARA waren angetreten. Im Hintergrund, in einem weiter entfernten Gebäude, waren die offenen Feuer zu erkennen, die dort von den Köchen angefacht wurden, um das Essen zuzubereiten. Eine Kompanie Rekruten aus Angola und Zimbabwe kroch verschlafen aus ihren Zelten, angetrieben von den Rufen ihrer Anführer. Weder Machita in der Zelle noch die exerzierenden Männer draußen wussten, dass dem Hauptquartier der ARA ein Tag bevorstand, wie ihn keiner der Männer je erlebt hatte. Joris Zeegler betrachtete angestrengt den Sekundenzeiger seiner Armbanduhr. Mit leiser Stimme sprach er in das Mikrofon eines Funkgerätes. »Tonic eins?«
»Tonic eins in Ausgangsposition, Sir«, kam die Antwort. »Tonic zwei?«
»Wir sind schußbereit, Oberst.«
»Noch zehn Sekunden«, sagte Zeegler. »Noch fünf, vier, drei, zwei…«
Die Soldaten der Elitekommandos, die zum Exerzieren angetreten waren, fielen, als sei ihnen von ihren Kommandeuren das sofortige Niederlegen befohlen worden. Machita, der das Geschehen vom Kellerfenster aus beobachtete, konnte nicht verstehen, dass zweihundert seiner Kameraden durch eine einzige Feuersalve, die aus dem Busch zu kommen schien, niedergemäht worden waren. Ohne auf den stechenden Schmerz in seiner Brust zu achten, preßte Machita sein Gesicht an die Eisenstäbe. Das Feuer, das von unsichtbaren Schützen rings um den Exerzierplatz abgegeben wurde, verstärkte sich, als einige ARA-Soldaten aus den Häusern gelaufen kamen und eine Gegenattacke versuchten.
Inmitten des ungleichen Kampfes vermochte Machita zwei Dinge zu unterscheiden. Da war einmal der typische Knall der automatischen CK – Achtundachtzig – Gewehre, die die Chinesen an die ARA geliefert hatten. Ganz anders klangen die in Israel gefertigten Felo-Gewehre, die – wie Machita wußte – von den Soldaten der südafrikanischen Streitmächte verwendet wurden. Das Felo-Gewehr verursachte ein scharfes, bellendes Geräusch. Aus dieser neuartigen Waffe wurden mit jedem Schuss Hunderte von rasiermesserscharfen kleinen Scheiben geschleudert, von denen jede einzelne tödlich wirkte. Die gefährlichen Projektile waren so scharf, dass sie einen fünfundzwanzig Zentimeter dicken Baumstamm durchtrennen konnten.
Aus den zahlreichen Schüssen von Felo-Gewehren schloss Machita, dass die südafrikanische Armee die Grenze überschritten hatte, um eine Blitzaktion zur Rache für Tazareen durchzuführen. »Sei verflucht, Jumana!« schrie er in hilflosem Zorn. »Du bist schuld an diesen Morden.«
Überall waren Sterbende zu sehen und Tote, die in grotesker Verkrümmung dalagen. Der Exerzierplatz war von zerfetzten Körpern und blutigen Leichenteilen übersät. Vor Schreck wie erstarrt, bemerkte Machita einen Hubschrauber der Südafrikanischen Armee, der über dem großen Mannschaftsgebäude kreiste und sich nun mit einem bedrohlichen Aufheulen seiner Rotoren zum Angriff nieder senkte. Vereinzeltes Gewehrfeuer, das von den Verteidigern abgegeben wurde, war zu hören. Dann sah Machita, wie der Schatten einer großen Bombe sich im rasenden Fluge auf das Dach des Mannschaftsgebäudes senkte. Sekunden später erfolgte eine ohrenbetäubende Detonation. Ein Inferno von Flammen, Gebäudetrümmern, Staub und Rauch hüllte das Gelände in gespenstische Dunkelheit. Immer noch war nicht zu erkennen, wo die Bodentruppen der Angreifer Stellung genommen hatten. Aus gutgetarnten Positionen ringsumher beschossen sie mit automatischen Waffen die wenigen ARA-Rebellen, die noch von der Feuerwalze des plötzlichen Überfalls verschont geblieben waren. Die Operation verriet erstklassige Planung und eine militärisch perfekte Durchführung.
Inmitten der von den brennenden Gebäuden aufsteigenden Rauchwolken erkannte Machita jetzt die rasch wachsenden Konturen des angreifenden Armeehubschraubers, der auf das Gebäude zugeflogen kam, in dessen Keller Machita, gezwungenermaßen untätig, als Gefangener ausharrte. Er glitt von der hohen Fensterbrüstung, an die er sich geklammert hatte, herunter und warf sich flach auf den modrig-kalten Kellerboden. Die Explosion, die in der nächsten Sekunde das Gebäude erschütterte, war wesentlich stärker, als er befürchtet hatte. In einem Zustand
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