Der Todesflug der Cargo 03
wie er bei Flugzeugen verwendet wird, die in großer Höhe fliegen. Das andere Teil ist das Bugrad eines Flugzeugs, komplett mit Felge und Reifen. Nach dem Rost und Schmutz zu urteilen, müßten beide Teile schon einige Jahre auf dem Buckel haben.«
»Das mag schon sein. Ich erinnere mich nur nicht, diese Dinger je in der Garage gesehen zu haben. Ich sagte dir ja, dass mein Vater vor drei Jahren bei einem Unfall ums Leben kam. Seitdem bin ich nicht mehr in der Garage unten gewesen. Und vorher, als Vater noch lebte, sind mir diese beiden Flugzeugteile nie aufgefallen. Wenn sie vorher dagewesen wären, hätte ich sie bestimmt bemerkt.«
»Kannst du dich erinnern, ob in dieser Gegend irgendwann einmal ein Flugzeug abgestürzt ist?« erkundigte sich Pitt.
»Keine Ahnung. Aber wenn ein Flugzeug hier abgestürzt ist, müßte ich das nicht unbedingt wissen. Ich komme ja selten hierher. Mit den Nachbarn habe ich wenig Kontakt. Und wenig Gelegenheit, über die örtlichen Neuigkeiten zu sprechen.«
»Wo wohnen denn die nächsten Nachbarn?«
»Die Straße abwärts, in Richtung auf die Stadt. Dann die erste Abzweigung nach links.«
»Und wie heißen sie?«
»Raferty. Lee und Maxine Raferty. Er war früher bei der Kriegsmarine.«
Laura sah Pitt an und drückte seine Hand. »Warum fragst du mich das alles?«
»Aus Neugierde, Liebes.« Er nahm ihre Hand zu seinen Lippen hoch und küßte sie. »Bis nachher. Zum Feinschmeckermahl am flackernden Kamin bin ich pünktlich zurück. Vermutlich gibt es angebrannte Kartoffeln. Oder?«
»Laß dich überraschen«, sagte Laura und lächelte. Aber Pitt war schon weg. In langsamem Lauf bewegte er sich die Straße hinunter, in die Richtung, die zur Stadt und zu den Rafertys führte. »Wolltest du nicht angeln gehen?« rief Laura hinter ihm her. »Ich hasse Angeln«, rief Pitt zurück.
»Warum nimmst du nicht den Jeep, wenn du zu den Rafertys willst?«
»Der Waldlauf war deine Idee. Jetzt hast du einen Waldläufer und bist immer noch nicht zufrieden.«
Pitt war jetzt schon so weit weg, dass Laura ihn kaum noch hören konnte. Sie sah zu, wie er sich immer weiter entfernte, bis der helle Punkt, den seine Gestalt vor der dunklen Silhouette des Waldes bildete, schließlich hinter einer Wegbiegung verschwand. Dann spürte sie die Kühle des Herbstes und fröstelte. Männer können schon recht eigenartig sein, dachte sie, während sie kopfschüttelnd in die warme Berghütte zurückging. Recht eigenartig. Und wenn sie Dirk Pitt heißen, sogar ausgesprochen rätselhaft.
3
Maxine Raferty sah aus, wie Frauen von der amerikanischen Westküste aussehen. Ihre Figur war eher dicklich. Sie trug ein lose fallendes Kleid aus buntbedrucktem Stoff und eine Brille mit randlosen Gläsern. Ihr Haar, dessen graue Farbe sie sich mit einem Blaustich hatte tönen lassen, trug sie unter einem Haarnetz verborgen. Es sah nicht sehr vorteilhaft aus, wie Pitt zugeben mußte. Maxine Raferty saß, dick mit Decken gegen die aufkommende Kühle eingehüllt, auf der überdachten Terrasse ihres Blockhauses. Sie las einen Krimi. Lee Raferty, ihr Mann, befand sich draußen, vor dem kleinen Anwesen. Er kauerte unter dem Vorderteil eines hochrädrigen kleinen Lastwagens und war, wie Pitt aus seiner öl-verschmierten Kleidung schloß, dabei, eine Reparatur an dem sichtlich altersschwachen Fahrzeug auszuführen. Dirk Pitt lief näher heran. Vor der Blockhütte angekommen, stoppte er und begrüßte die beiden Bewohner. »Guten Tag.«
»Guten Tag«, entgegnete Lee Raferty. Er war hager wie eine Bohnenstange und kaute, während er Pitt prüfend, aber nicht unfreundlich, ansah, an einer erloschenen Zigarre. Dann übernahm Maxine, seine Frau, die Regie der Fühlungnahme mit dem Fremden.
»Genau der richtige Tag für einen Fitness-Lauf«, lobte sie. Es entging Pitt nicht, dass ihre Augen recht kritisch auf ihm ruhten.
»Da haben Sie recht. Der kalte Wind verhindert, dass man ins Schwitzen kommt. Anstrengend ist’s trotzdem.«
Pitt stand da und sah zur Terrasse der Blockhütte hinauf. Er lächelte und wartete ab. Die Rafertys ihrerseits gaben sich freundlich, aber zurückhaltend. Es war die Art von Reserviertheit, wie Pitt sie des öfteren bei Menschen in der Provinz beobachtet hatte. Freundlich – aber auch auf der Hut vor dem Fremden, Unbekannten. Insbesondere wenn der Besucher ohne klar ersichtlichen Anlaß kam, oder wenn sein Aussehen verriet, dass er aus der Stadt stammte. Nach einer kleinen Weile gegenseitigen
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