Der Todeskreuzer
ihr, dass beim InterGalaktischen Bankenclan eine Stelle auf sie warte, und mache ihr klar, dass das Einzige, was sie dafür tun müsse, sei, es nicht zu vermasseln. Dass sie eine weiße Weste behalten, den höchsten Normen von Politik. Kultur und gutem Benehmen gerecht werden und die Tatsache ignorieren müsse, dass verglichen mit den Lebensumständen, an die sie gewöhnt war, 99 Prozent der Galaxis noch immer hungrig, krank und ungebildet waren. Außerdem gelte es, das Imperium mit seinem wunderbaren Mangel an diplomatischer Spitzfindigkeit mit offenen Armen willkommen zu heißen und einfach über den zunehmend unbehaglicheren Druck von Lord Vaders stetig fester zupackender Faust hinwegzusehen.
Schnellvorlauf: fünfzehn Jahre später. Das Mädchen -jetzt eine Frau - beschließt, nach Rhinnal zu gehen, um dort ausgerechnet Medizin zu studieren - diese schmutzigste aller Wissenschaften, die man lieber Droiden über-lässt, voller Blut, Eiter und Infektionen und schwerlich das, worauf ihre Eltern gehofft hatten. Dennoch wird ihre Entscheidung unterstützt, ausgehend von der Hoffnung, dass das Ganze bloß eine idealistische Laune von ihr ist und die kleine Zahara bald wieder davon ablassen würde, um ihren rechtmäßigen Platz am Familientisch einzunehmen. Immerhin ist sie noch jung; sie hat jede Menge Zeit.
Bloß, dass sich die Dinge anders entwickelt haben. In ihrem zweiten Jahr auf Rhinnal lernte Zahara einen Chirurgen kennen, der doppelt so alt war wie sie, einen schroffen Veteranen hunderter humanitärer Missionen in die Gebiete jenseits der Kernwelten, der ihr die Augen für die wahren Bedürfnisse der Galaxis rings um sie herum geöffnet hatte. Die ungleiche Liebesaffäre nahm im Großen und Ganzen ihren vorhersehbaren Verlauf. Doch selbst, nachdem sie sich getrennt hatten, konnte Zahara das Bild nicht vergessen, das er ihr gezeichnet hatte, ein Zeugnis niederschmetternden Elends, von Lebewesen, deren Verzweiflung ihr Begreifen gänzlich überstieg. Er erinnerte sie daran, dass die Armen zu endlosen Millionen da draußen waren, Menschen und Fremdweltler gleichermaßen, Kinder, die an Unterernährung und Krankheit starben, während sich die Oberschicht der Galaxis in selbstgewähltem Vergessen suhlte. Entweder kann man mit so etwas leben, oder man kann es nicht. Das zumindest hatte der Chirurg in einer ihrer - wie sich herausstellte - letzten gemein-samen Nächte zu ihr gesagt.
Und wie sich zeigte, konnte sie es nicht. Nachdem sie von mehreren Hilfsorganisationen aufgrund ihres Mangels an Erfahrung grundsätzlich abgelehnt worden war, traf Zahara die Entscheidung, für das Imperium zu arbeiten, was ihre Familie widerwillig akzeptierte - zumindest wusste man hier, womit man es zu tun hatte. Das änderte sich allerdings, als ihre Eltern erfuhren, was für eine Stelle sie antrat, und stattdessen mit Sprachlosigkeit, Entsetzen und Empörung reagierten. Ihre Tochter würde nicht auf einem imperialen Gefängnisschiff arbeiten. Die Demütigung, die dies verhieß, überstieg schlichtweg jedes Maß.
» Und dennoch bin ich hier«, dachte Zahara jetzt, endlich Königin über ihr eigenes Miniaturkönigreich, Herzogin der leeren Betten und Schutzheilige der ewig währenden Magenschmerzen. Unfreiwilliges Lustobjekt von einhundert emotional frustrierten Gefängniswärtern und unter-privilegierten Sturmtrupplern. Spenderin von Arzneien, mit dem Auftrag, die Insassen der imperialen Gefängnisbarkasse Sühne lange genug am Leben zu halten, damit sie auf irgendeinem abgelegenen Knastplaneten dauerhaft weggesperrt werden konnten.
Die Ironie dabei bestand natürlich darin, dass sie in einer Standardwoche, oder wann immer sie ihr Ziel schließlich erreichten, zu ihrem Vater und ihrer Mutter zurückkehren würde - vielleicht nicht unbedingt demütig, aber nahe dran. Ihre Mutter würde schnauben und finster dreinblicken und ihr Bruder sie verspotten, doch ihr Vater würde sein kleines Mädchen in die Arme schließen - und nachdem eine angemessene Zeitspanne verstrichen war, hätte sie ihre Buße abgeleistet und man würde sie wieder im Kreise der Familie willkommen heißen. Und dann würde ihre Zeit auf dem Schiff zu dem werden, wofür ihre Eltern es von Anfang an gehalten hatten: zu einem Abenteuer in ihrer Jugend, zu einer charmanten Dinneranekdote für Diplomaten. Sie werden nie für möglich halten, womit unsere Kleine ihre Zeit zugebracht hat, als sie noch jung war ...
Als sie sich von Neuem in der Krankenstation umschaute,
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