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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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abfielen.
    Daheim war Sarah etwas Besonderes gewesen, und alles war hell und freundlich und voller Liebe.
    Hier war alles schwierig. Gefährlich. Hier war Sarah nichts Besonderes.
    Sie folgte Theresa in die Küche und zum Spülbecken.
    »Ich wasche die Teller vor«, sagte Theresa, »und du stellst sie in den Geschirrspüler. Weißt du, wie man das macht?«
    Sarah nickte. »Ich hab Mommy auch immer dabei geholfen.«
    Theresa lächelte ihr zu. Sie machten sich an die Arbeit und fielen bald in einen harmonischen Rhythmus. Fast schien alles normal.
    »Wer ist Jesse?«, fragte Sarah.
    »Der Junge, der hier wohnt. Er ist sechzehn.« Theresa zuckte die Schultern. »Jesse ist ganz nett, aber in letzter Zeit ist er Dennis gegenüber sehr trotzig. Ich glaub nicht, dass er noch lange hier sein wird.«
    Sarah stellte eine Hand voll Gabeln in den Besteckkorb. »Warum nicht?«, fragte sie. »Was wird denn mit ihm passieren?«
    »Dennis ist stinkwütend auf Jesse. Irgendwann wird er ihn verprügeln, aber diesmal wird Jesse sich wehren. Selbst Karen Watson, die alte Wachtel, wird das noch einsehen.«
    Sarah nahm einen Teller, den Theresa ihr reichte. »Ist Ms. Watson gemein?«
    Theresa blickte sie verwundert an. »Gemein? Rebecca und Dennis sind gemein, aber Karen Watson ist das Böse in Person!«
    Sarah dachte darüber nach. Das Böse in Person.
    Sie beendeten ihre Arbeit. Theresa gab Reinigungspulver in den Geschirrspüler und schaltete die Maschine ein. Sarah lauschte dem gedämpften Klang-Klang und empfand so etwas wie Trost dabei. Es hörte sich an wie zu Hause.
    »Jetzt gehen wir auf unser Zimmer«, sagt Theresa. »Auf dem kürzesten Weg. Inzwischen ist Dennis wohl ziemlich betrunken.«
    Sarah spürte erneut heraufziehende Gefahr. Allmählich begriff sie, dass das Leben hier in diesem Haus so war. Es war, als bewegte man sich mitten in der Nacht durch ein Minenfeld voller Eierschalen, während der Feind mit gespitzten Ohren nach dem kleinsten Geräusch lauschte. Die Atmosphäre in diesem Haus war angespannt und schwer und voller (Sarah spürte es) greifbarer Gefahren.
    Sie folgte Theresa, als diese die Küche verließ, und warf einen Blick zum Sofa, als sie am Wohnzimmer vorbeikamen. Was sie dort sah, schockierte sie. Rebecca und Dennis küssten sich. Das war keine große Sache; Daddy und Mommy hattensich auch immer wieder vor Sarah geküsst. Doch Rebecca hatte keine Bluse an, und Sarah konnte ihre Brüste sehen!
    Sarahs Magen zog sich bei dem Anblick zusammen. Sie wusste instinktiv, dass sie so etwas nicht sehen sollte. Küssen war in Ordnung, Brüste waren in Ordnung (sie war schließlich ein Mädchen), aber Brüste und küssen … ihr Gesicht brannte, und sie fühlte sich unwohl.
    Sie betraten ihr Zimmer, und Theresa schloss die Tür, wobei sie sorgfältig darauf achtete, ja kein Geräusch zu machen.
    (Eierschalen im Minenfeld, Anspannung und Gefahr. Eierschalen und Gefahr.)
    Sarah saß auf der Bettkante. Sie fühlte sich ganz schwach.
    »Tut mir leid, dass du das sehen musstest«, murmelte Theresa wütend. »Sie sollten so was nicht tun, wenn andere sie dabei beobachten können. Besonders nicht vor Kindern.«
    »Ich will nicht hier sein … Ich mag nicht hier sein«, sagte Sarah leise und verzagt.
    »Ich auch nicht, Sarah.« Theresa verstummte. »Ich will dir noch was verraten«, sagte sie schließlich. »Du kannst es jetzt noch nicht verstehen, aber irgendwann. Vertrau keinem Mann. Männer wollen nur eins … das, was du auf dem Sofa gesehen hast. Manchen ist es sogar egal, wie alt du bist. Einige von denen mögen es umso mehr, je jünger du bist!«
    In Theresas Stimme schwang eine Bitterkeit mit, die Sarah verwundert den Kopf heben ließ. Die Dreizehnjährige saß auf ihrem Bett und weinte lautlose Tränen voller Wut. Sie wollte nicht, dass Sarah etwas davon merkte.
    Sarah sprang vom Bett und setzte sich neben Theresa, legte die kleinen Arme um das ältere Mädchen und drückte es. Sie tat es ohne nachzudenken; es war ein Reflex, wie bei einer Pflanze, die sich nach der Sonne dreht.
    »Nicht weinen, Theresa. Bitte, wein nicht.«
    Das ältere Mädchen schluchzte, wischte sich die Tränen ab und zwang sich zu einem zittrigen Lächeln.
    »Was für eine Heulsuse ich bin.«
    »Es ist doch alles gut«, sagte Sarah. »Wir sind Schwestern. Schwestern dürfen voreinander weinen.«
    Theresa sah niedergeschlagen aus, angefüllt mit einer Mischung aus alten Wunden und altem Glück. Sie vermengten sich in ihrem Geist, eine schlammige

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