Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
ich steck ihn dir rein, wo’s richtig wehtut!«
Die darauf folgende Stille schien kein Ende nehmen zu wollen. Dann nasse Geräusche.
»So ist es gut. Braves Mädchen.« Sarah hatte keine Ahnung, was dieses »braves Mädchen« bedeutete, doch sie wusste, dass es irgendetwas Schlimmes sein musste.
(Sehr böse)
Sie spürte die Anwesenheit von etwas sehr, sehr Bösem im Zimmer. Etwas Hässlichem. Sie fühlte sich schmutzig und schämte sich, ohne zu wissen warum.
Die Geräusche veränderten sich, wurden schneller, und verstummten dann. Dennis stöhnte – ein tiefes, grauenhaftes Stöhnen, das Sarah Schauer über den Rücken jagte.
Wieder eine lange Stille. Die Geräusche von Bewegung, von Bettlaken. Die Dielen knarrten. Schritte. Sie hörte, wie jemand zu ihrem Bett kam.
(Monster)
Die Schritte verstummen, und Sarah wusste, dass Dennis neben ihr stand. Auf sie hinunterstarrte. Sie versuchte nicht zu atmen, sich nicht zu rühren. Versuchte
(Nichts sein)
Sie konnte Dennis riechen. Rauch und Alkohol, durchsetzt mit süßlichem Schweiß, weckten in ihr den Wunsch zu schreien und zu würgen.
»Du bist ein hübsches kleines Ding, Sarah«, murmelteDennis. »Wenn du groß bist, wirst du sicher eine gut aussehende junge Lady sein. Vielleicht komme ich dich dann öfters besuchen.«
(Nichts sein Nichts sein Nichts sein)
Sarah hatte so schreckliche Angst, dass ihr übel wurde.
Sie spürte, wie Dennis sich entfernte. Hörte seine Schritte, die sich zur Tür bewegten und dann aus dem Zimmer.
Dann waren sie allein. Sarah hörte ihren eigenen Herzschlag, schnell wie der eines Kolibris, laut wie eine Trommel.
Schließlich beruhigte er sich so weit, dass sie ein anderes Geräusch hören konnte. Theresa weinte leise.
Sprich mit ihr!
Ich hab Angst. Ich will nicht unter der Decke hervor. Bitte, ich bin erst sechs, und ich will nichts mehr davon nichts mehr nichts mehr …
Halt die Klappe! Sie ist deine SCHWESTER ! Deine Schwester, du Angsthase!
Sarah kniff die Augen ein letztes Mal fest zusammen und schlug sie dann auf, holte tief Luft und fasste allen Mut, den ihr kindliches Herz aufzubringen vermochte. Sie schlug die Bettdecke zurück.
»Theresa?«, flüsterte sie. »Was ist?«
Schniefende Geräusche.
»Mir geht es gut, Sarah. Schlaf weiter.«
Sie klang überhaupt nicht, als ginge es ihr gut. Ganz und gar nicht.
»Soll ich zu dir kommen und dich umarmen … bei dir schlafen?«
Eine Pause.
»Nein, komm nicht her. Nicht in … dieses Bett. Ich komme zu dir.«
Sarah beobachtete Theresas Schatten, der sich erhob und auf sie zubewegte. Die Bettfedern knarrten, als das ältere Mädchen zu ihr ins Bett stieg.
Sarah streckte die Hände aus, berührte Theresas Schulternund bemerkte, dass das ältere Mädchen schluchzte, das Gesicht ins Kissen gepresst, um das Geräusch zu ersticken.
Sarah zerrte mit ihren kleinen Händen an Theresas Schultern, zog sie zu sich.
»Theresa, bitte nicht weinen.«
Theresa ließ sich ohne Widerstand von Sarah in die Arme nehmen, legte den Kopf an Sarahs Brust und schluchzte, schluchzte, schluchzte. Sarah streichelte ihr übers Haar und weinte selbst.
Was war passiert? Vor ein paar Stunden hatten sie noch Go-Fish gespielt und waren glücklich gewesen, und dann war Dennis gekommen und hatte diese bösen bösen bösen bösen Dinge getan.
Eine neue Angst durchflutete Sarah.
Vielleicht ist es von jetzt an immer so.
Sie presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
Nein. Der liebe Gott würde nicht zulassen, dass das Leben so gemein ist.
Irgendwann wurde Theresas Schluchzen leiser, dann schniefte sie nur noch, und dann verstummte sie ganz. Ihr Kopf blieb an Sarahs Brust, und Sarah streichelte ihr weiter übers Haar. Mommy hatte das bei ihr immer gemacht, wenn sie traurig oder wütend war, und es hatte jedes Mal geholfen.
Vielleicht tun das alle Mommys. Vielleicht hat Theresas Mommy es auch getan.
»Männer sind böse, Sarah«, sagte Theresa unvermittelt.
»Mein Daddy war nicht böse!«, antwortete Sarah und bedauerte die Worte augenblicklich.
Sarah war erst sechs, doch sie wusste, dass Theresa nicht über Männer wie Daddy redete. Sie redete über Männer wie Dennis. Auch wenn er der erste dieser Männer war, dem Sarah je begegnet war, so wusste sie doch, dass Theresa hundert Prozent recht hatte mit ihm.
»Nein, dein Daddy war bestimmt nicht böse«, sagte Theresa. Es klang nicht aufgebracht.
»Theresa?«
»Ja?«
»Was hat Dennis damit gemeint, dass er mich später mal
Weitere Kostenlose Bücher