Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
summt. Es ist Alan.
»Ich hab etwas gefunden, das ich dir sofort sagen wollte.«
»Schieß los.«
»Während ich mich mit den Kingsleys befasst habe, ist mir der Gedanke gekommen, mich nach Cathy Jones zu erkundigen. Der weibliche Cop aus dem Tagebuch.«
»Gute Idee.« Cathy Jones war eine geübte Beobachterin und am Ort des Geschehens, und sie hatte in den Jahren nach dem Mord an Sarahs Eltern immer wieder Kontakt zu ihr. »Was hast du herausgefunden?«
»Eine schlimme und merkwürdige Geschichte. Sehr schlimm. Und sehr merkwürdig. Cathy Jones wurde vor zwei Jahren zum Detective befördert. Einen Monat später war sie nicht mehr bei der Polizei.«
»Warum?«
»Sie wurde in ihrer Wohnung überfallen und zusammengeschlagen. Sie lag drei Tage im Koma. Und es kommt noch schlimmer.«
»Inwiefern?«
»Der Angreifer hat sie mit einem Rohr geschlagen. Zahlreiche Verletzungen, doch am schlimmsten waren die bleibenden Schäden am Sehnerv. Sie ist fast blind.«
Ich versuche, das alles zu verarbeiten. Es gelingt mir nicht ganz.
»Das ist immer noch nicht alles«, sagt Alan.
»Was denn noch?«
»Der Angreifer hat sie ausgepeitscht. Auf die Fußsohlen. So stark, dass Narben zurückgeblieben sind.«
»Was?«
»Ja, Smoky. Ich habe genauso reagiert. Das mag schlimm sein, aber …«
»Ich weiß schon. Das Merkwürdigste ist, dass er sie am Leben gelassen hat.«
»Genau. Er hat bisher jeden umgebracht, soweit wir wissen, mit Ausnahme von Sarah. Warum hat er Cathy Jones verschont?«
»Hast du schon mit ihr gesprochen?«
»Deswegen rufe ich an. Ich habe eine Anschrift, aber ich bin hier mitten in der Arbeit …«
»Gib mir die Adresse. Ich fahre mit Callie hin. Wir reden mit ihr.«
KAPITEL 33
Cathy Jones wohnt in einer Eigentumswohnung in Tarzana, in einer ruhigen Vorstadtgegend des riesigen Molochs von Greater Los Angeles. Das Gebäude ist hübsch und gepflegt, wenngleich die letzte Renovierung bereits ein paar Jahre zurückliegt.
Der Regen hat für den Moment aufgehört, doch der Himmel ist grau, und die Wolken sehen immer noch bedrohlich aus. Callie und ich benötigen fast eine Stunde, um hierherzufahren. L.A. hasst den Regen, und das zeigt sich überall: Wir sind an zwei Unfällen auf dem Freeway vorbeigekommen.
Wir haben uns telefonisch angekündigt, haben aber nur den Anrufbeantworter erreicht.
»Bist du so weit?«, frage ich Callie, als wir vor Cathy Jones’ Tür stehen.
»Nein. Aber klopf trotzdem an.«
»Mach ich.«
Ein Moment vergeht. Ich höre das Geräusch von Schritten auf einem Dielenboden, dann eine Frauenstimme. Sie klingt klar, aber unsicher.
»Wer ist da?«
»Cathy Jones«, sage ich.
Eine Pause. Dann: »Nein. Ich bin Cathy Jones.«
Callie sieht mich mit erhobenen Augenbrauen an.
»Ms. Jones, ich bin Special Agent Smoky Barrett vom FBI. Ich bin in Begleitung einer Kollegin hier, Agent Callie Thorne. Wir würden uns gerne mit Ihnen unterhalten.«
Die Stille ist drückend.
»Worüber?«
Ich könnte »Den Überfall auf Sie« antworten, doch ich beschließe, mich auf andere Weise zu nähern.
»Sarah Langstrom.«
»Was ist passiert?«
Ich bemerke das Erschrecken in ihrer Stimme, vermischt mit einer Spur Resignation.
»Dürfen wir hereinkommen, Ms. Jones?«
Eine weitere Pause, gefolgt von einem Seufzer.
»Ich schätze, das müssen Sie wohl. Ich gehe nicht mehr nach draußen.«
Ich höre das Geräusch eines schweren Riegels; dann wird die Tür geöffnet.
Cathy trägt eine dunkle Sonnenbrille. Ich bemerke kleine Narben unter ihrem Haaransatz und an den Schläfen. Sie ist eine kleine Frau, schlank und sportlich. Sie trägt weite Hosen und eine ärmellose Bluse, die ihre drahtig-muskulösen Arme zeigt.
»Kommen Sie herein«, sagt Cathy.
Wir leisten ihrer Aufforderung Folge. Im Innern der Wohnung ist es dunkel.
»Knipsen Sie ruhig das Licht an. Ich selbst brauche es nicht, wie Sie sehen. Aber machen Sie es bitte wieder aus, wenn Sie gehen.«
Sie führt uns mit sicheren Schritten ins Wohnzimmer. Das Innere der Wohnung ist moderner als die Fassade des Gebäudes. Der Teppich ist in einem unaufdringlichen Beige gehalten, die Wände sind cremeweiß. Das Mobiliar ist geschmackvoll.
»Sie haben eine sehr hübsche Wohnung«, bemerke ich.
Cathy nimmt in einem Sessel Platz und deutet mit einer Handbewegung aufs Sofa.
»Ich habe vor sechs Monaten einen Innenarchitekten beauftragt.«
Wir setzen uns.
»Ms. Jones …«
»Cathy.«
»Cathy«, verbessere ich mich. »Wir sind wegen Sarah
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