Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Hauptgrund war. Was er mir angetan hat, war nützlich für ihn.« Ihr Atem geht ein wenig schneller.
»Gibt es noch etwas, das uns weiterhelfen könnte?«, frage ich. »Irgendetwas, das er Ihnen getan hat? Ich weiß, dass es schwer für Sie ist.«
Sie wendet sich mir zu. »Dieser Kerl ist … oder war … wie ein Gespenst. Alles, was ihm ein Gesicht verleiht, hilft bei der Suche nach ihm weiter, nicht wahr?«
Ich antworte nicht. Es war eine rhetorische Frage.
Cathy seufzt. Es ist ein abgehackter Seufzer. Ihre Hände zittern, und ihr Atem geht immer noch schnell.
»Seltsam. Ich warte seit fast zwei Jahren darauf, jemandem die wahre Geschichte zu erzählen. Jetzt, wo ich es könnte, habe ich plötzlich furchtbare Angst.«
Ich ergreife Cathys Hand. Sie ist feucht von Schweiß und zittert, doch sie zieht die Hand nicht weg.
»Sie wissen ja, was mir passiert ist«, sage ich. »Nachher bin ich häufig ohnmächtig geworden. Aus den banalsten Gründen.«
»Ehrlich?«
»Erzählen Sie es nicht weiter«, sage ich. »Ehrlich. Ganz ehrlich.«
»Es ist die Wahrheit, Zuckerschnäuzchen«, sagt Callie mit sanfter Stimme.
Cathy zieht ihre Hand aus der meinen. »Es tut mir leid«, sagt sie. »Seit damals habe ich Tabletten gegen die Angst genommen … bis vor ungefähr zwei Wochen. Da habe ich beschlossen, mich davon zu befreien. Die Tabletten haben mich in einen Zombie verwandelt, und es wurde Zeit, wieder stark zu sein. Ich glaube immer noch, dass es die richtige Entscheidung war, aber …« Sie winkt mit der Hand. »Es macht die Dinge manchmal schwieriger.«
»Haben Sie Kaffee?«, wirft Callie ein.
Cathy runzelt die Stirn. »Kaffee?«
»Kaffee. Koffein. Nektar der Götter. Wenn wir hier sitzen und uns eine schreckliche Geschichte anhören sollen, dann nicht ohne Kaffee.«
Cathy lächelt ihr dankbar zu.
»Gute Idee.«
Die Normalität einer Tasse Kaffee scheint Cathy zu beruhigen. Sie umklammert ihre Tasse, während sie spricht, und hält hin und wieder inne, um einen Schluck zu trinken, wenn das Reden zu schwierig wird.
»Ich habe jahrelang in den Akten gewühlt, weil ich etwas zu finden hoffte, das einen Detective dazu bringen könnte, noch einmal einen Blick auf die Geschichte zu werfen. Verstehen Sie … ich war zwar angesehen als guter Cop, doch ich war trotzdem nur eine Uniformierte. Es sind zwei völlig verschiedene Klassen, die Zivilen und die Uniformierten. Die Leute beim Morddezernat sind besessen von Statistiken. Aufklärungsquoten, gelöste Morde pro Mitarbeiter und dergleichen. Wenn man denen einen ungelösten Fall auf den Schreibtisch legen möchte – insbesondere, wenn das bedeutet, den Fall aus dem Archiv der gelösten Fälle zurückzuholen –, tut man besser daran, etwas Überzeugendes zu bieten. Ich hatte nichts.«
»Die Schrammen an den Handgelenken waren nicht genug?«, frage ich.
»Nein. Und um ehrlich zu sein – ich weiß nicht einmal, ob es für mich genug gewesen wäre, wäre ich an ihrer Stelle gewesen. Die Verletzungen waren aktenkundig, doch nur im Bericht des Gerichtsmediziners, und sie konnten eine ganze Reihe anderer Ursachen haben. Sie hätten von Mrs. Lindstroms Ehemann stammen können. Vergessen Sie nicht, angeblich hat sie ihn erwürgt.«
»Ja.«
»Wie dem auch sei, ich hatte die Sache ein paar Jahre lang in meiner Freizeit verfolgt und nichts erreicht.« Sie stockt verlegen. »Ehrlich gesagt, ich habe vielleicht nicht immer so energisch daran gearbeitet, wie ich es hätte tun sollen. Manchmal habe ich selbst an Sarahs Geschichte gezweifelt. Ich lag nachts im Bett, überlegte und kam zu dem Schluss, dass ich Sarah nicht glauben wollte , sondern dass sie bloß ein verstörtes Kind war, das sich eine Geschichte ausgedacht hat, wie es den sinnlosen Tod seiner Eltern erklären kann.« Sie zuckt die Schultern. »Ich hätte mehr tun können. Aber … das Leben ging einfach weiter. Ich kann es nicht erklären.« Sie seufzt. »Ich machte meine Arbeit und wurde befördert. Und dann, eines Tages, wurde ich Detective.« Sie lächelt bei dem Gedanken daran. Wahrscheinlich ist es ihr nicht einmal bewusst. »Ich habe die Prüfungen mit Auszeichnung bestanden. Es war großartig. Selbst mein Dad wäre stolz auf mich gewesen.«
Mir entgeht nicht, dass sie in der Vergangenheitsform von ihrem Vater spricht, doch ich hake nicht weiter nach.
»Ich wollte zum Morddezernat, kam aber zur Sitte.« Sie zuckt die Schultern. »Ich war eine Frau, ich sah nicht schlecht aus, und ich war hart. Sie
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