Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
erst um fünf nach halb eins los, und du müsstest ein wenig schneller fahren.«
Er schüttelte in gespieltem Erstaunen den Kopf. »Irgendetwas stimmt nicht mit dir, so viel steht fest.«
Sie trat an ihn heran und küsste ihn auf die Nase. »Es ist genau das, was du so an mir liebst. Meine perfekten Fehler. Also, noch mal. Wie spät ist es?«
Er blickte auf die Uhr. »Zehn nach zwölf.«
»Siehst du, Dummerchen? Wir kommen um halb los. Das war doch gar nicht so schwer, oder?«
Er musste lachen. Er konnte nicht anders.
»Prima«, sagte er. »Dann lasse ich die Bestien raus und mache den Zwerg fertig.«
Die »Bestien« waren ihre beiden schwarzen Labrador Retriever, liebevoll auch bekannt als die »dunklen Mächte der Zerstörung«, oder, wie Sarah sie häufig nannte, »Hündchen«. Es waren zwei Dreißig-Kilo-Bündel aus größtenteils undressierter Liebe und Anhänglichkeit, absolute Wilde, ungeeignet für die zivilisierte Gemeinschaft.
Sam öffnete das Babygitter, das er als Barriere errichtet hatte,um die Bestien aus dem Rest des Hauses zu verbannen, und wurde augenblicklich mit einem Kopfstoß in den Hintern belohnt.
»Danke, Buster«, sagte er zu dem kleineren Rüden.
Kein Problem , erwiderte Buster, wedelte mit dem Schwanz und grinste ein breites Hundegrinsen.
Die größere Hündin, Doreen, umkreiste ihn wie eine mental gestörte Person – oder vielleicht ein Hai auf Beutezug –, während sie immer wieder die gleiche lautlose, jedoch offensichtliche Frage stellte.
Gibt es endlich Fressen? Gibt es endlich Fressen? Gibt es endlich Fressen?
»Sorry, Doreen«, sagte Sam, während sie ihn weiter unablässig umkreiste. »Das Mittagessen findet heute ein wenig später statt. Allerdings …« Er schenkte ihr einen übertrieben erwartungsvollen Blick. »Wenn ihr nach draußen geht, könnte ich euch vielleicht ein Leckerchen geben!«
Beim Wort »Leckerchen« katapultierte Doreen sich mit allen vieren in die Luft wie ein Springstock, eine spontane körperliche Zurschaustellung der allergrößten Freude.
Hurra! , schien sie zu sagen. Dad ist großartig! Dad ist wunderbar!
»Ich weiß«, sagt Sam grinsend. »Dad ist großartig. Dad ist wunderbar.«
Er ging zum Schrank und nahm ein paar Hundekekse hervor. Doreen sprang weiterhin unablässig in die Luft, außer sich vor Freude. Buster war kein Springer; er zog es vor, sich ein wenig würdevoller zu benehmen – doch auch er machte einen ziemlich erfreuten Eindruck.
»Kommt, ihr zwei!«, sagte Sam und ging zu der gläsernen Schiebetür, die nach hinten in den Garten führte.
Er öffnete sie und trat nach draußen. Die Bestien folgten ihm. Er schloss die Tür und stand vor ihnen, einen Hundekeks in jeder Hand.
»Sitz!«, befahl er den Bestien.
Beide gehorchten. Ihre Blicke waren so starr auf die Hundekekse gerichtet wie der Suchkopf einer Lenkrakete auf ihr Ziel. »Sitz« war eines der wenigen Kommandos, das sie beherrschten. Sie gehorchten allerdings nur, wenn dem Kommando die Aussicht auf Belohnung folgte.
Sam senkte die Hände, bis sie auf gleicher Höhe mit den Nasen der Bestien waren. »Wartet!«, ermahnte er sie zur Vorsicht. Wenn sie versuchten, sich ihre Leckerchen zu schnappen, bevor »Wartet!« aufgehoben wurde, ließ er sie noch länger warten, was sie überhaupt nicht mochten. »Wartet!«, sagte er einmal mehr. Doreen zitterte vor Begierde und fing an zu sabbern. Sam erbarmte sich ihrer und sagte das erlösende Wort, auf das sie so ungeduldig warteten: »Okay.«
Zwei Schnauzen voller Zähne schossen auf die Hundekekse in seinen Händen zu, und irgendwie gelang es ihnen, die Beute zu nehmen, ohne seine Finger abzubeißen. Sam nutzte die Ablenkung, um verstohlen die Schiebetür zu öffnen und ins Haus zurückzutreten. Er schloss die Tür hinter sich.
Buster merkte es als Erster. Mitten im kauen hielt er inne und blickte Sam durch die Scheibe hindurch an. Der Treuebruch seines Herrn stand in seinen Augen.
Du lässt uns im Stich? , schienen diese Augen zu fragen.
»Bis bald, Kumpel«, murmelte Sam lächelnd.
Zeit, um nach der dritten Bestie zu sehen, die ebenfalls in diesem Haus lebte. Sam war ziemlich sicher, dass sie sich versteckt hatte. Sarah war nicht begierig auf den Besuch beim Zahnarzt. Sam war insgeheim der gleichen Meinung. Er fühlte sich stets ein wenig schuldig, wenn er sie zu einem ihrer Arzttermine brachte, weil er wusste, dass sie unweigerlich in Tränen endeten. Er bewunderte Lindas kühlen Kopf und ihre praktische Ader in
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