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Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Todeskünstler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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interessantes Konzept.« Er zuckte die Schultern. »Vielleicht haben Sie recht. Falls ja, dann ist das eines Tages . Irgendwann. Wir sind aber im Jetzt , nicht im Irgendwann. Und im Jetzt fange ich nun an zu zählen.« Er zögerte. »Ich werde langsam zählen. Langsame Herzschläge. Sie haben Zeit, bis ich bei fünf angekommen bin.«
    »Das Letzte, woran ich denken werde, bist du. Wie du einen schlimmen Tod stirbst.« Die Worte waren wertlos. Sie änderten nichts. Es war der letzte Widerstand, zu dem sie fähig war. Der Fremde schien sie nicht einmal zu hören.
    »Eins«, sagte er.
    Linda zwang sich, ihre Wut zu beherrschen. Zu der Pistole zu blicken, die der Fremde auf den Boden gelegt hatte.
    Das ist es also.
    Alles Unwesentliche ringsum verblasste. Es war, als hätte jemand die Lautstärke des Lebens heruntergedreht. Sie hörte ihr Herz schlagen und das langsame Zählen des Fremden.
    Eins war vorbei. Als Nächstes käme die Zwei, dann die Drei, dann die Vier. Und dann …? Sollte sie warten, bis sie die Fünf hörte? Oder sollte sie den Abzug kurz vorher drücken?
    Warum warten? Zögere nicht …
    »Eins« echote noch immer durch ihren Kopf, als sie sich zu der Pistole bewegte. Sie hörte das Wort in der Luft vibrieren. Sie hatte das Gefühl, als würde die Zeit langsamer ablaufen, als wäre jede Sekunde angefüllt mit einem ganzen Leben voller scharfer Ecken und Kanten, und als stieße sie sich an allen zugleich.
    Im Leben gibt es mehr Schmerz als Freude. Das wusste sie als Künstlerin. Es war eine geheime Zutat, die sie ihrem Potpourri aus Gemälden und Skulpturen hinzufügte.
    Die scharfen Ecken und Kanten lassen uns spüren, dass wir noch lebendig sind.
    Sie kniete auf dem Teppich nieder und nahm die Waffe hoch. Sie achtete darauf, dass der Lauf nicht auf den Fremden zeigte.
    »Zwei.«
    Sie war schockiert, als er sprach. Das Wort fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht.
    Der Schreck verging.
    Linda staunte über die Kälte des Stahls. Die glatt polierte Oberfläche. Das brutale, schreckliche Versprechen, das von diesem Ding ausging.
    Diese Ende in Richtung des Feindes , dachte sie und betrachtete den Lauf.
    Irgendjemand hatte diese Dinger erfunden. Irgendjemand hatte diese Dinger erträumt, skizziert, entworfen und verfeinert. Nehmen wir ein Stück Stahl und füllen es mit Stahlmantelgeschossen, und nehmen wir Treibladungen, die diese Geschosse in andere menschliche Wesen jagen.
    »Drei.«
    Diesmal war ihre Reaktion auf die nächste Zahl eher klinisch distanziert.
    Die Waffe war mit einem Schalldämpfer ausgestattet. Es war eine Waffe, wie Meuchelmörder und Killer sie benutzten, die heimlich und leise mordeten.
    Und doch war es nur ein Stück Metall. Nicht mehr, nicht weniger. Es war nichts Menschliches. Eine Waffe war nicht zu vermenschlichen. Man zielte mit ihr und feuerte, fertig.
    Was sagten die Marines? Das ist mein Gewehr. Es gibt viele wie dieses, aber dieses hier ist meins …
    »Vier.«
    Die Zeit blieb stehen. Sie wurde nicht einfach langsamer – sie erstarrte. Sie war bedeckt von Eis. Eingeschlossen in Bernstein.
    Und dann ein Blitz.
    Sam auf dem Fußboden.
    Blitz.
    Sam in ihren Armen.
    Blitz.
    Sam beim Auflegen des Telefons. Das Gesicht weiß. Er blickt sie an. »Mein Großvater ist gestorben.« Tränen, und Sam erneut in ihren Armen.
    Blitz.
    Sam über ihr, die Augen dunkel von einer Mischung aus Lust und Liebe, das Gesicht verzerrt vor Ekstase. Sie drängt ihn auszuhalten, nur noch eine Sekunde, nur noch eine weitere Sekunde, nur noch eine weitere Sekunde …
    Das ist der Augenblick, erkannte sie beinahe staunend. Dieses Gefühl, das man hat, wenn man ganz dicht vor dem Orgasmus steht, wenn man sich spannt, wenn man versucht, die drohende Explosion und das blendende Licht abzuwehren. Der Punkt, an dem man aufhört zu atmen, an dem das Herz zu schlagen aufhört, der Moment zwischen Leben und Tod.
    Blitz.
    Sarah.
    Blitz.
    Sarah lachend.
    Sarah weinend.
    Sarah lebend.
    Oh.
    Gott.
    Sarah.
    In einem letzten Gedankenblitz wurde Linda bewusst, dass sie dies am meisten von allem vermissen würde: die Liebe zu ihrer Tochter. Sie war durchdrungen von einer Sehnsucht, von einem Verlangen, das die Summe von allem war, was sie je beim Malen oder Bildhauern empfunden hatte.
    Wenn Schmerz Regen sein könnte, dann war dies ein Ozean voller Regen.
    Es brach in einem Heulen aus ihr hervor. Sie konnte es nicht kontrollieren. Es barst einfach hervor. Ein Schrei so qualvoll, dass er Vögel mitten im Flug anhalten

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