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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gleichgewicht zu bringen, sodass
sie aneinandergeklammert gegen die Pritsche stolperten und zu
Boden fielen.
Thobias schrie lauter. Die Flammen leckten über sein Gesicht,
versengten sein Fell und mussten ihm heftige Schmerzen
zufügen, aber all das steigerte seine Wut noch. Messerscharfe
Krallen fuhren aus seinen Fingern, schlugen auf Ludowig ein,
und rissen Fleischfetzen und Blut aus seinem Rücken und der
Schulter.
Auch Ludowig schrie vor Schmerz. Aber er ließ nicht von
seinem Opfer ab, sondern klammerte sich mit größerer Kraft an
Thobias.
Andrej ergriff sein Schwert. Blitzschnell rollte er sich herum
und rammte es dem Werwolf bis ans Heft in den Rücken.
Das Ungeheuer schrie. Es war ein unmenschlich hoher,
spitzer Laut voller Schmerz und noch größerer Wut. In
Todesangst löste er Ludowigs Griff, fuhr herum und streckte die
schrecklichen Klauen nach Andrej aus.
Plötzlich erstarrte er. Aus seinem Schrei wurde ein Krächzen,
dann ein Wimmern. Er machte einen letzten, taumelnden
Schritt, griff mit beiden Händen nach der Schwertklinge, die
aus seiner Brust ragte und fiel auf die Knie. Sein Wimmern
erstarb.
Andrej schoss in die Höhe, zog das Schwert aus dem Rücken
des Werwolfes und wich hastig einen halben Schritt zurück, die
Waffe mit beiden Händen zum Zuschlagen bereit erhoben. Aber
er wusste, dass er sie nicht mehr nötig hatte. Der Werwolf war
tot. Die Dunkelheit in ihm war im gleichen Moment erloschen,
in dem das Leben Thobias verlassen hatte.
»Gott im Himmel«, murmelte Martius. »Was …?« Er
erwachte urplötzlich aus der Lähmung, in der er die ganze Zeit
verharrt und dem schrecklichen Geschehen zugesehen hatte,
war mit einem Satz neben Ludowig und schlug mit bloßen
Händen die Flammen aus, die aus dem schwarzen Fell auf
seinem Arm und seiner Schulter züngelten. »Vater Ludowig!
Was ist mit Euch? Was hat Euch dieses Ungeheuer angetan?!«
Ludowig wälzte sich stöhnend auf den Rücken und schob
Martius’ Hände fort. Sein Gesicht war zu einer Grimasse
verzerrt, aber Andrej ahnte, dass es nicht der körperliche
Schmerz war, der ihn wimmern ließ.
»Wir müssen raus hier«, entschied Andrej. Er steckte das
Schwert ein und hob den Fuß, um die Flammen auszutreten, die
aus Thobias Gewand leckten. Das Feuer hatte bereits auf die
Tür und den Rahmen übergegriffen, und in dem alten,
trockenen Holz breiteten sich die Flammen mit unheimlicher
Schnelligkeit aus.
Die Luft war schon jetzt heiß und so voller Qualm, dass man
kaum noch atmen konnte.
»Martius! Ludowig! Schnell!«
Tatsächlich wollte Martius nach dem alten Mann greifen, aber
Ludowig schlug seine Hand beiseite und richtete sich in eine
halb sitzende Position auf.
»Geht«, flüsterte er. »Bringt Euch in Sicherheit.«
»Ihr versteht anscheinend nicht«, rief Andrej verzweifelt.
»Die Kirche wird niederbrennen!«
»Laßt mich«, beharrte Ludowig. Sein Blick suchte den
verkrümmt daliegenden Körper dessen, der einst sein Sohn
gewesen war, und plötzlich erschien ein Ausdruck in seinen
Augen, der Andrej einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Ludowig würde sie nicht begleiten, das begriff er.
»Ich bleibe hier.«
»Dann werdet Ihr sterben«, sagte Martius leise. Er
bekreuzigte sich.
Ludowig sah ihn an. »Ihr wisst, dass ich bleiben muß«, sagte
er. »Geht. Aber …
verschont die anderen, ich beschöre Euch.«
»Die anderen?«
»Die Menschen hier im Ort sind unschuldig«, flüsterte
Ludowig. Seine Stimme wurde schwächer, und mit seinem
Körper begann eine unheimliche Veränderung vonstatten zu
gehen. Andrej konnte spüren, wie sich Ludowigs Seele auflöste.
Martius musste es wohl auch spüren, denn obwohl die Hitze
immer größer wurde und die Flammen immer rascher um sich
griffen, machte er keinen Versuch, sich in Sicherheit zu
bringen, sondern starrte nur aus dunklen Augen auf den
sterbenden alten Mann herab.
    »Ihr verlangt viel von mir, Vater Ludowig«, sagte er heiser.
»Vielleicht mehr, als ich Euch versprechen kann.«
»Es … es ist vorbei, Martius«, murmelte Ludowig. Seine
Stimme wurde leiser, fast mit jedem Wort, das er sprach.
»Thobias und ich waren … die Letzten. Gefährdet nicht Euer
Seelenheil, indem ihr Unschuldige tötet. Und jetzt geht.
Schnell!«
Martius schien noch etwas erwidern zu wollen, aber Andrej
ließ ihm keine Zeit dazu. Ludowig hatte Recht. Alles brannte
lichterloh. Noch während der Inquisitor versuchte sich zu
bekreuzigen, packte Andrej ihn am Arm und riss ihn mit

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