Der Todeswirbel
mit dem ka l ten spöttischen Lächeln, das für sein Gesicht geschaffen schien.
Vor wenigen Sekunden waren sie einander so nahe g e wesen; nun schienen sie Meilen voneinander entfernt, getrennt durch unüberbrückbare Gegensätze.
»Nein! Nein! Nein!«, rief Lynn abwehrend.
»Doch! Doch! Doch!« David ahmte ihren Ton nach.
»Ich kann’s nicht glauben! Wie viel denn?«
»Fünfhundert Pfund.«
Lynn unterdrückte einen Ausruf.
»Ich bin gespannt, wie viel Frances haben will. Man kann Rosaleen wirklich keine fünf Minuten allein lassen. Das arme Ding versteht’s nicht, nein zu sagen.«
»War sonst noch… jemand…«, fragte Lynn bedrückt.
»Tante Kathie hatte ein paar Schulden, die sie drückten, aber es war nicht viel. Mit zweihundertfünfzig Pfund war der Schaden behoben. Sie hatte schreckliche Angst, ihre Bitte um Unterstützung könnte dem Doktor zu Ohren kommen. Der wäre nicht sehr erbaut gewesen von den Schulden, umso mehr, als sie von der Bezahlung spiritist i scher Medien herstammten. Die gute Tante Kathie ahnte natürlich nicht, dass der Doktor selbst ebenfalls schon um ein Darlehen ersucht hatte.«
»Was für einen Eindruck müssen Sie von uns haben«, sagte Lynn leise.
Völlig unerwartet für David machte sie plötzlich kehrt und lief davon. Sie hatte die Richtung zu Rowleys Farm eingeschlagen, und die Erkenntnis, dass sie sich zu Ro w ley flüchtete, wie eine verwundete Taube an ihr ang e stammtes Plätzchen flattert, machte David mehr zu schaffen, als er sich einzugestehen wagte.
Stirnrunzelnd straffte er die Schultern und schaute zu dem Haus auf dem Hügel empor.
»Nein, Frances«, murmelte er. »Du hast dir den falschen Tag ausgesucht.«
Er platzte in den Salon hinein, als Frances gerade sagte:
»Ich wünschte, es ließe sich einfacher erklären, Ros a leen, aber es ist wirklich furchtbar schwierig – «
»Ist’s das wirklich?«, unterbrach David, der unbemerkt eingetreten war, sie.
Frances fuhr herum. Im Unterschied zu Adela hatte sie es keineswegs darauf abgesehen gehabt, Rosaleen allein anzutreffen. Die Summe, die sie brauchte, war zu groß, als dass anzunehmen gewesen wäre, Rosaleen hätte sie ohne Beratung mit ihrem Bruder gewährt. Frances war es daher denkbar unangenehm, dass David nun den Ei n druck erhielt, sie habe das Geld ohne sein Wissen aus Rosaleen herauslocken wollen. Doch sein unerwartetes Auftauchen bestürzte sie, und überdies entging ihr nicht, dass er sich in besonders schlechter Laune befand.
»Ich bin froh, dass Sie kommen, David«, sagte sie o benhin. »Gerade habe ich Rosaleen anvertraut, dass wir durch Gordons plötzlichen Tod in arge Verlegenheit g e raten sind…«
Sie fuhr fort, die Lage zu schildern, flocht geschickt die notwendige Summe ein, erwähnte die Hypotheken auf ihrem Haus, Gordons Versprechungen, auf die fest zu bauen gewesen war, und die drückenden Steuerlasten.
Eine gewisse Bewunderung für Frances glomm in D a vids feindlich gesinntem Gemüt auf.
Wie hemmungslos diese Frau doch zu lügen verstand! Die Geschichte, die sie da auftischte, war schlau und. glatt zusammengefügt; sie klang wahrscheinlich, aber sie entsprach bestimmt nicht der Wahrheit. Was war eigen t lich die Wahrheit? Frances und ihr Mann mussten tief in der Patsche sitzen, wenn Jeremy seiner Frau gestattete, diesen Gang nach Canossa anzutreten.
»Zehntausend?«, erkundigte er sich geschäftsmäßig.
»Eine Menge Geld«, murmelte Rosaleen voller Eh r furcht vor der Zahl.
Schnell hakte Frances ein.
»Eine Menge Geld, ich weiß. Weil es sich um eine schwer aufzutreibende Summe handelt, komme ich ja zu Ihnen. Jeremy wäre nie auf dieses Geschäft eingegangen, hätte Gordon ihm nicht seine Unterstützung zugesagt. Es ist furchtbar, dass Gordons plötzlicher Tod – «
»Sie alle an einer windigen Ecke Ihrem Schicksal übe r lässt«, vollendete David den Satz mit höflichem Spott, »nachdem sich’s unter seinen Fittichen bisher so beha g lich leben ließ.«
»Sie haben eine merkwürdige Art, die Situation zu schildern«, entgegnete Frances mit einem nervösen Fl a ckern in den Augen.
»Rosaleen darf das Kapital nicht anrühren. Nur die Zi n sen stehen ihr zu.«
»Ich weiß, und die Besteuerung ist heutzutage horrend. Aber es ließe sich doch sicher machen. Wir würden es ja zurückzahlen.«
»Es ließe sich allerdings machen«, antwortete David kalt. »Aber es wird nicht gemacht.«
Frances wandte sich hastig Rosaleen zu.
»Rosaleen, Sie sind doch großzügiger
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