Der Todeswirbel
irgendetwas passiert?«
»Ich brauche das Geld für ihn.«
Eine jähe Bewegung mit dem Kopf deutete in Richtung des Hauses auf dem Hügel.
»Für Hunter? Ja, aber um Himmels willen – «
»Mama hat sich das Geld von ihm geborgt. Sie steckt in Schwierigkeiten mit irgendwelchen Zahlungen.«
»Sie sah in letzter Zeit schlecht aus. Ich kann mir vo r stellen, dass es schwer ist für sie.« Rowley nickte voller Verständnis. »Ich wünschte, ich könnte dir helfen, Lynn.«
»Ich ertrage es nicht, dass sie sich von diesem Me n schen Geld leiht.«
»Sei vernünftig, Lynn. Schließlich ist es Rosaleen, die über das Geld zu verfügen hat, nicht Hunter. Und was ist schließlich dabei?«
»Was dabei ist? Rowley! Wie kannst du nur so fragen!«
»Ich finde beim besten Willen nichts dabei«, beharrte Rowley. »Sie weiß, dass Gordon uns alle stets unterstützt hat, und es ist nur natürlich, dass sie jetzt einspringt, wenn Not am Mann ist.«
»Rowley, du wirst dir doch nicht etwa auch von ihr g e borgt haben?«
»Nein, aber das ist etwas anderes. Ich kann nicht gut zu einer Frau gehen und sie bitten, mir Geld zu geben.«
»Begreifst du denn nicht, dass es grässlich ist für mich, David Hunter für etwas dankbar sein zu müssen?«, fragte Lynn eindringlich.
»Du bist ihm in keiner Weise zu Dank verpflichtet. Es ist nicht sein Geld.«
»Doch, es ist sein Geld. Er allein ist maßgebend. Ros a leen tut nur, was er sagt.«
»Wenn du es so betrachtest – möglich. Aber juristisch gesehen gehört das Geld ihr und nicht ihm.«
»Du willst oder kannst mir also nichts leihen?«
Sie schnitt alle vom Thema abweichenden Erörteru n gen mit einer schroffen Handbewegung ab.
»Nimm doch an, Lynn, und sei nicht so hartnäckig. Wenn du in wirklicher Not wärst, ich meine, wenn’s um Erpressung oder drückende Schulden ginge, da könnte ich natürlich ein Stück Land verkaufen oder Vieh, aber so etwas sollte man nur tun, wenn’s wirklich keinen anderen Ausweg mehr gibt, wenn es ums Letzte geht. Was weiß ich, was die Regierung einem nächstens an neuen Lasten aufbürdet? Es ist einfach zu viel für einen Mann allein, eine solche Farm zu bewirtschaften.«
»Ich weiß«, entgegnete Lynn voller Bitterkeit, »wenn nur Johnnie nicht gefallen wäre – «
»Lass gefälligst Johnnie aus dem Spiel«, fuhr Rowley auf.
Er hatte regelrecht geschrien. Entgeistert starrte Lynn ihn für einen Augenblick an. Dann drehte sie sich um und ging langsam heim.
»Kannst du es ihm nicht zurückgeben, Mama?«
»Ausgeschlossen, Lynn, ausgeschlossen. Ich ging ger a dewegs zur Bank damit. Und dann habe ich gleich A r thurs und Bodgham und Knebworth bezahlt. Knebworth hat in letzter Zeit entsetzlich gedrängt. Ach, was war das für eine Erleichterung, diese drückenden Schulden los zu sein. Seit Nächten habe ich kein Auge mehr zugetan. R o saleen war sehr nett und verständnisvoll.«
»Da wirst du wohl jetzt von Zeit zu Zeit zu ihr pilgern.«
»Das wird hoffentlich nicht nötig sein. Was in meinen Kräften steht, tue ich; aber bei der heutigen Lage! Alles wird teurer, und dies dürfte sich auch kaum bald ändern.«
»Wir hätten sie nicht um Geld angehen dürfen«, erklärte Lynn hartnäckig. »Jetzt hat jeder das gute Recht, uns zu verachten.«
»Wer verachtet uns?«
»David Hunter.«
»Es will mir nicht einleuchten, was das David Hunter angehen soll. Zum Glück war er heute Morgen nicht d a heim, als ich vorsprach. Er hat sie vollkommen in der Gewalt.«
»Den ersten Morgen nach meiner Heimkehr hast du e i ne so sonderbare Bemerkung gemacht, Mama. ›Wenn er überhaupt ihr Bruder ist.‹ Was meintest du damit?«
»Ach…« Mrs Marchmont sah leicht irritiert drein. »Man hört so mancherlei reden. Du weißt doch…«
Lynn begnügte sich damit, ihre Mutter fragend anzus e hen. Mrs Marchmont hüstelte verlegen und fuhr dann fort:
»In Gesellschaft von Frauen dieser Art, Abenteuerinnen – der gute Gordon hat sich natürlich einfangen lassen? –, ist meist ein junger Mann anzutreffen, der so gut wie d a zugehört. Angenommen, Rosaleen kabelte nach Kanada, oder was weiß ich wohin, dem jungen Mann, und dann tauchte der junge Mann plötzlich auf, und Rosaleen gab ihn als ihren Bruder aus. Wie hätte Gordon wissen sollen, ob es wirklich ihr Bruder war oder nicht?«
»Ich glaube es nicht«, erklärte Lynn. »Ich glaube es ei n fach nicht.«
Mrs Marchmont zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. »In diesen Dingen, liebes Kind, weiß man
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