Der Todeswirbel
– «
David unterbrach sie brutal.
»Wofür halten die Cloades Rosaleen eigentlich? Für eine Milchkuh? Die ganze Sippschaft ist hinter ihr her, bettelt sie an und schmiert ihr Honig ums Maul. Und hinter i h rem Rücken? Da hasst man sie, wünscht ihr Tod und Teufel an den Hals.«
»Das ist nicht wahr!«
»Jawohl, es ist wahr. Ich habe sie satt, die Cloades! Alle miteinander. Und Rosaleen geht’s genauso. Von uns ist kein Geld mehr zu bekommen, also können Sie sich die Besuche und die Bettelei sparen.« Davids Gesicht war vor Wut verzerrt.
Frances erhob sich. Kein Muskel in ihrem Gesicht b e wegte sich. Sie zog sich ihre Handschuhe an, geistesabw e send, aber doch sorgfältig, als handle es sich um eine ä u ßerst bedeutsame Verrichtung.
»Sie machen keine Mördergrube aus Ihrem Herzen, David«, sagte sie.
»Es tut mir Leid«, murmelte Rosaleen. »Es tut mir Leid.«
Frances schenkte ihr nicht die geringste Aufmerksa m keit. Sie schritt zur Tür.
»Sie haben behauptet, ich hasste Rosaleen. Das stimmt nicht. Sie hasse ich.«
»Was meinen Sie damit?«, schnappte David mehr als er fragte.
»Eine Frau muss sehen, wo sie bleibt. Rosaleen hat e i nen um Jahrzehnte älteren Mann geheiratet. Warum nicht? Aber Sie! Sie heften sich wie ein Parasit an sie, l e ben von ihr, von ihrem Besitz.«
»Ich stelle mich nur zwischen sie und die Meute habgi e riger Geier, die sie umlauert.«
Sie standen einander gegenüber und maßen sich mit stummem Blick. Es schoss David durch den Kopf, dass Frances Cloade keine ungefährliche Feindin war. Er ve r hehlte sich nicht, dass diese Frau skrupellos ein einmal gestecktes Ziel verfolgen würde.
Als Frances Miene machte, das Schweigen zu beenden, spürte David beinahe körperlich die Spannung, die den Raum erfüllte. Doch Frances Cloade machte nur eine bedeutungslose Bemerkung.
»Ich werde nicht vergessen, was Sie gesagt haben, D a vid.«
Und ohne sich noch einmal umzusehen, verließ sie den Raum.
Rosaleen weinte leise.
»Hör auf, Närrin!«, fuhr David sie an. »Möchtest du e t wa, dass die ganze Bande über dich hinwegtrampelt und dir jeden Cent, den du besitzt, aus der Tasche zieht?«
»Aber wenn’s doch nicht mein rechtmäßiges Geld – «
Davids Blick machte sie verstummen.
»Ich hab’s nicht so gemeint, David.«
»Das will ich hoffen«, erwiderte er grob.
Das dumme Gewissen! Rosaleens Gewissen würde i h nen noch zu schaffen machen.
Ein Schatten flog über sein Gesicht. Rosaleen rief u n vermittelt: »Ein Schatten fällt auf mein Grab!«
David sah seine Schwester verdutzt an. Nach einem Moment der Verständnislosigkeit sagte er:
»Siehst du selbst, dass es so weit kommen könnte?«
»Was meinst du damit, David?«
»Ich meine, dass fünf oder sechs Leute keinen anderen Gedanken haben, als dich schneller in dein Grab zu b e fördern, als du hineingehörst.«
»Soll das heißen… Mord…?«
Ihre Stimme war fast tonlos vor Entsetzen.
»Aber so nette Leute wie die Cloades begehen doch keinen Mord.«
»Ich bin nicht so sicher, dass es nicht gerade die netten Leute wie die Cloades sind, die Morde begehen. Aber solange ich da bin und auf dich aufpasse, werden sie ke i nen Erfolg haben. Zuerst müssen sie mich aus dem Weg schaffen, wollten sie an dich ran. Falls ich jemals aus dem Weg geräumt werden sollte, Rosaleen, dann gib Acht auf dich, hörst du?«
»Sag nicht so furchtbare Dinge, David!«
Er packte ihren Arm.
»Gib Acht auf dich, Rosaleen, wenn ich nicht da sein sollte, um dich zu beschützen. Das Leben ist keine Sp a zierfahrt, es ist eine gefährliche Angelegenheit, und ich habe so das Gefühl, als sei es für dich ganz besonders gefährlich.«
8
» K annst du mir fünfhundert Pfund leihen, Ro w ley?«
Rowley starrte Lynn fassungslos an. Atemlos vom Laufen, die Lippen trotzig zusammeng e presst und mit blassem Gesicht stand sie in der Tür.
Besänftigend und in einem Ton, wie er ihn einem erre g ten Pferd gegenüber anzuwenden pflegte, sagte Rowley:
»Aber beruhige dich doch, Mädchen. Was gibt’s denn? Was ist denn los?«
»Ich brauche fünfhundert Pfund.«
»Die könnte ich auch gebrauchen, ehrlich gesagt.«
»Es ist kein Witz, Rowley. Kannst du mir das Geld le i hen?«
»Ich bin völlig blank, Lynn. Der neue Traktor – «
Lynn wehrte ungeduldig ab.
»Ja, ja, ich weiß, aber du könntest das Geld doch i r gendwo aufnehmen. Du könntest es dir doch sicher b e schaffen, wenn es sein müsste.«
»Wofür brauchst du es, Lynn? Ist
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