Der Todeswirbel
ihre Kehle.
»Ich habe zwei Menschen ermordet«, klang es an ihr Ohr. »Glaubst du, ich werde davor zurückschrecken, e i nen dritten Mord auf mein Gewissen zu laden?«
Seine Hände umschlossen ihre Kehle fester. Es fli m merte vor Lynns Augen, dann wurde alles schwarz, sie war dem Ersticken nahe…
Und da, plötzlich, hustete jemand leise. Ein kurzes, g e künsteltes Husten.
In der Tür stand Hercule Poirot, ein um Entschuld i gung bittendes Lächeln spielte um seine Lippen.
»Ich hoffe, ich störe nicht?«, sagte er höflich.
Einen Augenblick schien die Atmosphäre zum Zerre i ßen gespannt. Dann sagte Rowley mit müder Stimme:
»Sie sind im richtigen Augenblick gekommen. Es stand auf Messers Schneide.«
33
H ercule Poirot zog ein sauberes Taschentuch hervor, tränkte es mit kaltem Wasser und reic h te es zusammen mit einer Sicherheitsnadel Lynn.
»Legen Sie sich das um den Hals, Mademoiselle. Es wird den Schmerz gleich lindern.«
Er geleitete sie behutsam zu einem Stuhl.
»Sie haben kochendes Wasser?«, fragte er dann Rowley, auf den dampfenden Kessel auf dem Herd deutend. »Ein starker Kaffee täte gut.«
Mechanisch brühte Rowley Kaffee auf.
»Ich glaube, Sie haben nicht begriffen«, sagte er dann langsam. »Ich habe versucht, Lynn zu erwürgen.«
»Tz… tz… tz… «, machte Poirot, als sei er betrübt da r über, Rowley bei einer Geschmacklosigkeit zu ertappen.
Stumm wartete er, bis Rowley mit den Tassen zum Tisch trat. Lynn nippte an ihrem Kaffee. Die Wärme tat gut. Der Schmerz ließ nach.
»Und nun können wir reden. Wenn ich das sage, meine ich: Ich werde reden.«
Hercule Poirot reckte sich zu voller Höhe auf.
»Wie viel wissen Sie?«, fragte Rowley. »Wissen Sie, dass ich Charles Trenton getötet habe?«
»Das ist mir seit einiger Zeit bekannt«, gab Poirot zu.
Die Tür wurde aufgerissen. David Hunter stürzte in die Küche. Beim Anblick der drei Menschen blieb er abrupt stehen und sah verdutzt von einem zum andern.
»Was ist mit deinem Hals los, Lynn?«
»Noch eine Tasse«, befahl Hercule Poirot. :
Rowley reichte ihm eine. Poirot nahm sie, schenkte Kaffee ein und drückte sie dann dem fassungslosen D a vid in die Hand.
»Setzen Sie sich. Wir werden jetzt gemeinsam Kaffee trinken, und Sie drei werden zuhören, wie Hercule Poirot Ihnen einen Vortrag über Verbrechen hält.
Ich will von den Cloades sprechen. Es ist nur einer von ihnen anwesend, also brauche ich kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Die Cloades hatten nie die Möglic h keit, sich über ihre eigene Stärke oder Schwäche klar zu werden. Bis zu dem Tag, da sie plötzlich auf sich selbst gestellt waren. Über Nacht zwang das Schicksal sie, mit ihren Schwierigkeiten allein fertig zu werden. Ohne auch nur im geringsten darauf vorbereitet zu sein, befanden sie sich in einer unsicheren Situation. Zwischen sie und ihr gewohntes, sicheres Leben, garantiert durch Gordon Cl o ades großes Vermögen, war Rosaleen Cloade getreten. Rosaleen Cloade war an allem schuld. Rosaleen Cloade war der Schlüssel zu allen Schwierigkeiten, und ich bin überzeugt, dass jeder Einzelne von den Cloades einmal den Gedanken hegte: ›Wenn Rosaleen doch tot wäre…«‹
Ein Schauer überlief Lynn.
»Haben Sie daran gedacht, Rosaleen Cloade zu töten?«, fragte Poirot Rowley, ohne den Ton der Stimme zu ve r ändern.
»Ja«, gab Rowley leise zu. »An dem Tag, als sie mich hier auf der Farm besuchte. Es ging mir durch den Kopf, dass ich sie leicht töten, könnte. Ja, der Gedanke kam mir, als ich ihr mit ihrem Feuerzeug Feuer gab für ihre Zigarette.«
»Sie vergaß das Feuerzeug hier, nehme ich an.«
Rowley nickte. »Ich weiß selbst nicht, wieso ich den Gedanken nicht in die Tat umsetzte«, sagte er nachden k lich.
»Es war nicht die Art Verbrechen, zu der Sie fähig sind. Das ist die Antwort«, entgegnete Poirot. »Den Mann, den Sie ermordeten, töteten Sie in einem Anfall blinder Wut, und Sie hatten nicht die Absicht, ihn zu töten.«
»Mein Gott, woher wissen Sie das?«
»Ich glaube, ich habe Ihre Handlungen ziemlich genau rekonstruiert. Unterbrechen Sie mich, wenn ich mich irre. Nachdem Beatrice Lippincott Ihnen von dem belausc h ten Gespräch erzählt hatte, gingen Sie zu Ihrem Onkel Jeremy Cloade. Sie wollten seinen fachmännischen Rat. Aber Sie änderten Ihren Plan, ihn zu Rate zu ziehen. Sie erblickten eine Fotografie. Das gab den Ausschlag.«
Rowley nickte.
»Ja, das Bild stand auf dem Schreibtisch. Die Ähnlic h keit fiel
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