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Der Toeter und andere Erzaehlungen

Der Toeter und andere Erzaehlungen

Titel: Der Toeter und andere Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veijo Meri
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Kinderhand einen Pfennig fallen. – Wie sagt man da? sagte der Kutscher.
    Es blieb mucksmäuschenstill hinter dem Tor. Die Hände verschwanden eine nach der anderen. – Bedankt euch bei der Frau Baronin. Aber als das Dankeschön nicht kam, hob der Kutscher mit beiden Händen die Leine an, ließ die Zügel locker, und die Pferde setzten sich in Trab.
    Unter dem Weg floß ein kleiner Fluß. Die Brückenbohlen gaben nach, wie Webstuhltritte.
    – Einen Winter ist hier solch eine Geschichte passiert, ein russischer Kapitän war im Schlitten unterwegs und das Pferd und der Schlitten saßen hier fest. Das Pferd rührte sich nicht, man konnte anstellen was man wollte.
    – Wer hat kutschiert? fragte die Baronin.
– Wie heißt der nur? Ich weiß das schon, aber ich
komm jetzt nicht drauf.
– Ob du es auch wirklich weißt?
    – Der Kapitän stieg vom Schlitten, zog den Säbel aus der Scheide und stellte sich vor das Pferd. Mit der anderen Hand hob er das Kumt hoch und sah durch den Spalt, zwischen Mähne und Kumt. Wenn man da durchsieht, weiß man, was in das Tier gefahren ist. Er schlug mit dem Säbel gegen die Schlittenschere, und etwas fiel herunter, aber der Kutscher hat nicht aufgepaßt, was das war; so etwas wie ein kurzer Weiberzopf. Der Kapitän sagte, auf der Schere hätte ein kleiner Teufel gesessen, ganz ungeniert, so ein winziges Teufelchen. Das hat er mit seinem Säbel erschlagen. Der dachte, man würde ihn nicht sehn, dieser Teufel nämlich. Der konnte sich nicht vorsehn. – Glaubst du, daß das wahr ist?
    – Ein bißchen wird man schon daran glauben müssen.
    – Wie ist dann der Zopf da hingekommen? – Ich hab mir gedacht, wenn er dem Pferd so einen Flausch von der Mähne oder vom Schwanz abgesäbelt hat.
    – Jetzt versuchst du einen alten Menschen zu verulken.
    – Ich weiß nicht; der Kutscher hat mir das erzählt. Danach hat sie niemand mehr aufgehalten, das Pferd kam wieder schön in Trab, so hat er erzählt. – So eine richtige Schnapsgeschichte ist das. Du sollst mir nicht erzählen, was dir jemand anderes erzählt hat. Der kann dir auch etwas vorgeflunkert haben. Erzähl du, was du selber gesehn hast.
    – Er hat erzählt, der Kapitän habe gesagt, daß dieser Teufel so ein handspannenlanges Männchen gewesen sei, angezogen wie ein Bauer, mit Fäustlingen, einer Fellmütze auf dem Kopf, und mit einer Pfeife zwischen den Zähnen. Der habe da seine Beine baumeln lassen und auf dem Deichselarm gesessen. – Die richtigen Geschichten für Sauföppe sind das. Graue Schnapsmännchen hat er gesehn. Bei solchen in der Gegend herumreisenden Kapitänen ist das kein Wunder, daß ihnen graue Männchen über den Weg laufen.
    – Könnten das die gewesen sein? überlegte der Kutscher.
    Sie waren auf der Anhöhe mitten im Dorf, wo sich die Wege kreuzten. Der Kutscher hielt den Wagen mitten auf der Kreuzung an.
    – Als ich jung war, war ich einmal mit dem Baron
    in Paris. Ich war so müde, so müde. Wir waren dort in der Oper. Und in der Pause sagte ich zum Baron: Ich schaff‘s nicht mit rauszugehn, ich blieb hier sitzen. Wir hatten so eine kleine Loge gleich über dem Parkett. Ich saß da auf meinem Stuhl und die anderen waren alle fort und vor mir unten waren alle Stühle leer. Auf einmal begannen überall zwischen den Stühlen winzig kleine Menschen herumzulaufen, wie auf der Straße, die liefen da in wildem Tempo hin und her als hätten sie miteinander Greifchen gespielt. Ich hab mich richtig kneifen müssen, aber die liefen da einfach herum. Ich hab mich vor denen nicht gefürchtet, nur furchtbar lachen hätte ich müssen, aber ich hab mir gedacht, das gibt einen Skandal, wenn ich jetzt laut loslache im leeren Zuschauerraum. Als dann die Leute zurückkamen, verschwand das kleine Volk, verkroch sich irgendwo in den Stühlen, wo das halt so verschwindet. Aber ich hab mich nicht getraut, dem Baron zu sagen, was ich gesehn hatte. Auch den anderen konnte ich das nicht erzählen. Was hätten die von mir gedacht? Womöglich, daß ich dort in Paris gesüffelt habe. Der Kutscher wartete darauf, daß die Baronin mit ihrer Geschichte fertig würde, um sie fragen zu können, in welcher Richtung es weitergehn solle. – Kehren wir um oder möchten die Frau Baronin noch irgendwo hinfahren? .
    Die Baronin sagte nichts und dachte nach.
    – Was für ein Haus ist das dort? fragte sie schließ-
lich.
– Taappolas Kate.
– Ich mach der Taappolaschen, der Hedvig, einen
Besuch, sagte die Baronin munter.
Der Kutscher

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