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Der Toeter und andere Erzaehlungen

Der Toeter und andere Erzaehlungen

Titel: Der Toeter und andere Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veijo Meri
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unbemerkt zurück.
    Lackström redete pausenlos, er hatte jemand gefunden, der ihm zuhörte. Santavirta wandte sich ihm von Zeit zu Zeit beflissen zu und nickte.
    – Ja ja. Das war was!
    Aber mehr noch blickte er zu Regina hin, auf ihr rotes Haar, ihre wie bei einer Wäscherin nach oben gekämmte Frisur. Das Haar glänzte wie neuer Kupferdraht, und wo jetzt die Sonne draufschien, durch die offenstehende Küchentür hinter ihr, war es als hätte das Haar Feuer gefangen.
    Der Alte erzählte von einem gewaltigen Sturm, der irgendwann im letzten Jahrhundert in Helsinki gewütet habe.
    – Im Alten Kirchpark brachen alle großen Bäume um. Ich ging am nächsten Tag hin und sah zu, wie sie die Bäume zersägten, damit man sie wegschaffen konnte. Ich war im Brunnenpark während des Sturms, die Steine kullerten nur so, faustdicke Steine. Ich habe niemals später solch einen Sturm erlebt. Die Brandung schleuderte entlang der Küste alle Segelboote an Land und zerschmetterte sie, sie warf sie solange hin und her, bis kein Stück mehr ganz blieb. Ein gewisser Sjöblom bat mich, daß ich sein Boot versenken gehe. Ich schwamm hin, kletterte auf den Mast und warf es um, und es sackte ab, daß man nur noch die Mastspitze sah. Der Sjöblom hatte versprochen, mich auf eine Segelfahrt nach Porvoo mitzunehmen, aber sie klauten sein Boot. Als es gehoben werden sollte, war da nichts anderes als eine verdammt lange Stange in den Grund eingerammt. Aber ein anderer alter Kapitän, ein Blomberg, segelte nach Porvoo und nahm Sjöblom mit, und der Sjöblom mich. Sie waren die ganze Fahrt unter Deck und süffelten. Ich mußte das Steuer halten und allein die Segel bedienen. Ich war erst elf Jahre alt. Gesegelt hatte ich schon of, aber noch niemals auf Porvoo zu. Ich mußte immer nach unten fragen, wo herum wir segeln, wenn wir vor einen Stein kamen. Sie sagten, links oder rechts. Sie kannten die ganze Route auswendig. Als wir in Porvoo ankamen, sagte Sjöblom, er steige nicht aus. »Wir haben einen sitzen. Was meinst du, was deine Mutter sagt?« »Die ist schon fünfzehn Jahre tot«, sagte Blomberg. »Ist sie schon tot? Du lieber Gott!« »Gehn wir wenigstens an ihr Grab, wo wir schon hier sind«, sagte Blomberg. »Wir können nicht, wir sind benebelt«, sagte Sjöblom. »Der Bengel kann gehn.« Ich mußte den Hügel hinauflaufen, wo die ihren Kirchhof haben, aber wie sollte ich da das Grab so schnell finden. Ich kam ins Boot zurück und wir segelten schnurstracks ab. Noch nicht mal aufs Deck sind die Kerls aus ihrer Kajüte gekommen während der ganzen Fahrt.
    – Eßt jetzt, Papachen, sagte Regina. Die Suppe
wird kalt.
– Ich eß nicht mehr.
    Regina trug die Teller in die Küche und brachte den Kaffee.
    – Papachen hat ein gutes Gedächtnis, sagte Santavirta.
    – Muß man schon, wenn man so alt ist. Sonst würden einem nicht so alte Geschichten kommen. Als wir von Porvoo zurückfuhren, erzählten sich die beiden Alten tolle Sachen, die ganze Fahrt, aber immer wieder die gleichen. Der Blomberg kannte so eine Geschichte von Bellman …
    – Von dem Dichter Bellman? fragte Santavirta. – Wo hast du das denn her?
    – Ich dachte nur, wegen des gleichen Namens. – Jetzt habt Ihr Mauno geduzt, Papachen, sagte Regina.
    – Das versteht sich doch von selbst, sagte Santavirta. – Hu-Hu! Papachen, der Kaffee wird kalt, rief Regina. – Was? Hast du denn Kaffee für mich? – Ich hab ihn Euch schon eingegossen.
    – Warum hast du mir das nicht sofort gesagt? – Aber, Papachen, wenn Ihr erzählt und nicht hört! – Könnt Ihr zuhörn, Papachen, was Regina und ich uns überlegt haben, sagte Santavirta und warf Regina einen Blick zu. Regina errötete und blickte ihn furchtsam an, aber dann hielt sie ihren Blick so fest auf die Zuckerdose gerichtet, daß einer der Zuckerwürfel zu kullern begann.
    – Mein Bruder Alarik ging zur See. Der war von Anfang an dafür bekannt, daß wenn er in Hietalahti landete, die Polizisten den Brunnenpark-Kai entlangrannten, um ihn zu empfangen. Denn wenn die Jungs an Land gingen, machten sie einen gewaltigen Wirbel. Immer wollten sie die Polizei zusammenhaun, wenn sie nach ihren langen Reisen an Land gingen. Sie hatten sich das auf See schon so ausgedacht, wie sie die zusammenhauen werden. Gleich im Hafen gab es eine wüste Keilerei, aber die Polizisten wurden mit ihnen doch so weit fertig, daß sie sie ins Revier von Punavuori abführen konnten. Aber im Revier fing der Krawall von vorne an, nur daß die

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