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Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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ausgeliefert?
    Endlich hatte Simon den Schmutz auch aus der letzten Furche hervorgeholt. Er beugte sich vor, um die Worte zu entziffern: »Folge mir nicht! Flieh!«
    Simon setzte sich auf den Boden. Nachdenklich strich er über die Kerben in der Metallwand. Warum hatte sein Großvater diese Nachricht hinterlassen? Hatte er geahnt, dass Simon nach Avaritia fliehen würde? Hatte er vorhergesehen, dass die Dorfbewohner ihn in diesen Wagen sperren und an Drhan ausliefern würden? Simon war klar, dass es besser war, seinem Opa nicht zu folgen, und genauso klar war, dass er aus dieser Box fliehen musste! Nur wie? Hatte sein Großvater einen Weg hinaus gefunden?
    Im gleichen Moment rumpelte es und ein heftiger Stoß erschütterte den Wagen. Eines der Räder war durch ein Schlagloch gefahren. Simon taumelte zur Seite und prallte gegen die Tür. Das Fahrzeug schlingerte und die Reifen schlitterten quietschend über den Asphalt. Der Hüne im Fahrerhaus fluchte, Simon hörte seine Stimme leise durch die Wand. Noch ein paarmal schwankte der Aufbau hin und her, dann fing sich der Wagen wieder.
    Simon rappelte sich auf und rieb seine schmerzende Schulter.
    Da bemerkte er einen Lichtschimmer, der gerade eben noch nicht da gewesen war. Durch den Stoß hatte sich eine Lücke zwischen den beiden Türen aufgetan. Sonnenlicht fiel durch den Spalt, Staub tanzte in dem feinen Strahl. Simons Herz klopfte. War das Schloss nicht fest verriegelt? Vielleicht hatte die Decke doch verhindert, dass der Mechanismus arretiert war.
    Kurz entschlossen ließ sich Simon noch einmal gegen die Tür fallen. Ein dumpfer Stoß erschütterte den Aufbau. Die Türen blieben verschlossen. Stattdessen hämmerte der Hüne mit seiner Faust gegen die Rückwand des Fahrerhauses. »Ruhe dahinten! Sonst komme ich und sorge dafür, dass du still bist.«
    Der Wagen rumpelte erneut, die Karosserie zitterte, Steine schlugen von unten gegen den Aufbau. Die Asphaltstrecke, auf der sie bis hierher gefahren waren, war zu Ende, eine Piste aus Sand und Schotter ersetzte die glatte Fahrbahn. Es war ein provisorisches Verbindungsstück, Simon sah es, als er einen Blick aus dem Gitterfenster werfen konnte. Nach einigen Hundert Metern endete die Schotterpiste und mündete in einer breiten, mehrspurigen Straße, es war die Autobahn, die durch die Vorstadt zum Stadtzentrum führte.
    Simon erkannte seine Chance. Bei dem Lärm, den die aufwirbelnden Steine verursachten, würde der Hüne seinen Ausbruchversuch nicht bemerken. Er ließ sich gegen die Tür fallen, dann ein zweites, ein drittes Mal. Das Blech zitterte, doch die Tür blieb fest verschlossen. Simon blickte aus dem Fenster: Die Piste war fast zu Ende, ihm blieben nur noch wenige Sekunden. Schnell trat er an die Rückwand der Box und lehnte sich an sie, dann stieß er sich ab und sprang gegen den Türflügel. Mit voller Wucht prallte seine Schulter gegen das Metall. Im gleichen Augenblick holperte der Wagen über eine Bodenwelle, die Karosserie dröhnte und die Tür knarrte. Einer der Türflügel öffnete sich, Simon taumelte ins Leere. Er schrie auf, während er hinauskippte, der aufschwingenden Tür hinterher. In letzter Sekunde ertasteten seine Finger den Türgriff, er klammerte sich daran fest, während seine andere Hand nach der Oberseite der Tür griff. Seine Beine verloren ihren Halt, er schwang hinaus, jetzt hing er in der Luft. Dicht unter ihm raste die Straße vorbei, aufwirbelnde Steinchen prasselten gegen seine Beine.
    Der Hüne im Fahrerhaus schien nichts zu bemerken.
    Ein weiterer Schlag erschütterte den Wagen. Sie hatten das Ende der Sandpiste erreicht und bogen auf die verlassene Autobahn ein. Simon stöhnte, als die Schwerkraft seinen Körper mit sich zog. Fast hätte er losgelassen, doch mit letzter Kraft krallte er sich an der Tür fest. Die Reifen quietschten, als der Hüne den Wagen auf die Asphaltstraße lenkte. Von der Fliehkraft in Bewegung gesetzt, schwang die Tür zurück, Simon raste wieder auf die Box zu. Im letzten Augenblick, kurz bevor seine Finger im Türspalt zerquetscht worden wären, ließ er los. Er schleuderte in das Innere der Box, knallte schmerzhaft gegen die Wand, taumelte zu Boden. Krachend fiel hinter ihm die Tür in das Schloss, Simon schrie entsetzt auf.
    »Ruhe dahinten! Oder soll ich zu dir kommen und für Ruhe sorgen?« Die wütende Stimme des Hünen drang durch die Wand.
    Simon reagierte nicht. Er lag auf dem Boden seines Gefängnisses, den Kopf verzweifelt in seinen Armen

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