Der Tote am Steinkreuz
Geheimnis kenne, Steine zu Reichtum zu machen, und daß Reichtum mehr Macht bedeute, als Eber sich vorstellen könne.«
»Erwähnte er den Namen des Mannes?«
»Es klang so wie Mór … Mór und noch was.«
»Morna?« fragte Fidelma.
»Ich glaube ja. Da du nach Bergwerke fragst – holt man aus ihnen nicht Steine, die wertvolle Metalle enthalten?«
»Hast du noch mehr davon erzählen hören? Hat Muadnat etwas darüber gesagt?«
»Nein. Interessant ist noch, daß zu der Zeit Menma und Muadnat anscheinend dicke Freunde wurden. Vorher war Muadnat nie freundlich zu dem Pferdewärter gewesen. Das war eigenartig. Ich weiß es, weil Agdae sich mal darüber beklagte, daß Muadnat und Menma nun oft in den Bergen auf die Jagd gingen und er sich ausgeschlossen fühlte.«
Langsam und nachdenklich stand Fidelma auf.
»Ich bin dir sehr dankbar für alles, was du mir berichtet hast, Clídna. Du warst mir eine große Hilfe.«
K APITEL 18
Zunächst hatte sie vorgehabt, Dubán zu suchen, um festzustellen, ob er herausgefunden hatte, wohin Dignait sich geflüchtet haben könnte. Sie war äußerst beunruhigt. Wenn ihr Clídna auch gesagt hatte, es gäbe andere in Araglin, denen sie eher einen Mord zutrauen würde als dem stämmigen Krieger, so konnte das Fidelmas Verdacht nicht ausräumen. Wenn er Eber haßte, warum war Dubán dann nach Araglin zurückgekehrt und in seine Dienste getreten? Und wenn er Crón liebte, dann war der Tod Ebers von Vorteil für beide. Sie traute ihnen nicht mehr wegen der Lügen, die sie ihr aufgetischt hatten. Unbewußt lenkte sie ihr Pferd über die Berge zum Bergwerk hin.
Es war ein mühsamer Ritt, denn mehrmals hielt es Fidelma für besser, sich vor einem einsamen Reisenden zu verbergen oder einen weiten Bogen um Gebäude herum zu machen, als beobachtet zu werden. Sie hatte das deutliche Gefühl, daß sich die Ereignisse verdichteten wie die Fäden eines Spinnennetzes, immer enger miteinander verflochten waren zur Mitte hin, wo die schattenhafte Gestalt eines großen Drahtziehers saß, der die verschiedenen Stränge manipulierte.
Fidelma erreichte das Waldstück, in dem sie und Eadulf den Höhleneingang entdeckt und Menma daraus hervortreten gesehen hatten. Sie überlegte, wie nahe sie wohl herankäme, ohne bemerkt zu werden, und wie viele Arbeiter da sein mochten. Ihr Instinkt sagte ihr, daß sie dort einen der Schlüssel zu all den Geheimnissen finden werde.
Mit geschärften Sinnen ritt sie durch den Wald und nahm die düsteren Eichen wahr, deren Blütenstände sich färbten, die weißen, roten und sogar rosafarbenen Blüten des kräftigen Weißdorns und die gerade abgeblühten Eiben. Die Buchen standen in leuchtend frischem Grün. Alles schien so friedlich, so idyllisch. Es war schwer zu glauben, daß Mord und Totschlag in diesem schönen Land umgingen.
Plötzlich scheute ihr Pferd, denn ganz in der Nähe war das eigenartige hohe Bellen eines jagenden Fuchses zu hören.
Es war klug, nicht zu vergessen, daß auch in so idyllischer Umgebung Raubtiere ihre Opfer suchten.
Sie näherte sich der Stelle, an der sie und Eadulf ihre Pferde angebunden hatten, und entschloß sich, das wieder zu tun und zu Fuß weiterzugehen. Das war gut so, denn als sie den Waldrand erreichte, hörte sie Hufschlag und duckte sich ins Unterholz. Auf dem nahen Weg kam aus der Richtung der Höhle ein Pferd angaloppiert. Fidelma sah eine schlanke Gestalt tief auf den Hals des Pferdes gebückt, und ein bunter Mantel wehte im Wind. Dann waren Pferd und Reiter vorbei. Fidelma verhielt einen Augenblick. Plötzlich meinte sie, von der Lichtung her einen Schrei zu hören, und ging vorsichtig darauf zu. Bald blickte sie über die Lichtung auf den Berghang, in dem sich der Höhleneingang befand. Zwei Pferde waren davor angebunden. Sie hielt sich im Schutz der Büsche verborgen.
Von dem Wagen war diesmal nichts zu sehen, und von dem Feuer war nur noch eine geschwärzte Stelle übrig, doch die Werkzeuge lagen noch an ihrem Platz. Sie horchte, aber außer dem Gesang der Waldvögel und dem Rauschen des Windes in den Wipfeln war nichts zu vernehmen. Fidelma betrachtete die Pferde. Sie waren gesattelt und bestimmt keine Ackergäule, sondern von der Art, wie sie Krieger ritten. Eins von ihnen kam ihr bekannt vor, und sie zürnte ihrem Gedächtnis, weil sie sich nicht erinnern konnte, wo sie es gesehen und wer es geritten hatte.
Sie wollte aufstehen und sich der Höhle nähern, als sich plötzlich die Ereignisse überschlugen. Eben
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