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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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alten Wilhelm Malthus im Frühjahr leitete er die Geschäfte allein, bedächtig und erfolgreich. Das war es, was er sich vom Leben wünschte; er hatte nie befürchtet, dem könne eines Tages etwas entgegenstehen. Oder jemand.
    «Elias?» Viktor Malthus drehte sich nach seinem Bruder um. «Welche Laus läuft dir gerade über die Leber? Denkst du immer noch an die abgesoffenen Äcker? Vergiss es, mein Lieber, wenigstens für heute. Wenn du nicht längerherumtrödelst und deiner müden Stute gut zuredest, bleibt uns vor dem Nachtessen noch ein halbes Stündchen für ein Bier im
Bremer Schlüssel
. Bist du dabei?»
    «Nein, heute nicht. Aber geh du nur. Solange du pünktlich zum Essen kommst   …»
    Er sprach den Satz nicht zu Ende, ihm war eingefallen, dass er etwas sagen wollte, was nicht zutraf. Tatsächlich legte ihre Mutter bei der Abendmahlzeit großen Wert auf Pünktlichkeit. Ihre Augen wurden streng, ihr Mund leidend, wenn er, was hin und wieder unumgänglich war, zu spät an dem großen Tisch erschien. Wenn jedoch Viktor zu spät kam, und das geschah weitaus häufiger, hob sie nur scherzend den drohenden Finger. Nur um darauf glücklich seinen Teller zu füllen und zu erklären, der Dienst eines Offiziers auf den Wällen sei eben nicht mit der Uhr zu messen. Und niemand widersprach. Konnte denn ein Gärtner einfach die Hacke und die Samenbeutel fallen lassen, ein Kaufmann die Feder ins Tintenfass stecken, wie es ihm beliebte?
    Trotz des geringen Verkehrs auf der Straße von den Vier- und Marschlanden und vom Zollenspieker hatte sich vor dem Steintor eine kleine Schlange von Fuhrwerken gebildet, die meisten waren auf der nördlicher gelegenen Straße von Lübeck gekommen. Die Kutsche war nicht mehr zu sehen. Der Post wurde stets Priorität eingeräumt, sie hatte das Tor passiert, bevor ein hoch mit Tonnen und Säcken beladener Achtspänner über die Zugbrücke in die schmale Tordurchfahrt rollte und sie verstopfte. Die Torwache nahm es heute mit der Kontrolle der Fracht und der Berechnung der Akzise besonders genau.
    Elias erfüllte das Zeit verschwendende Warten mit Ungeduld, doch Viktor nickte zufrieden. Seit dem Munitionsdiebstahl aus dem kleinen Magazin auf der BastionEberhardus war entsprechende Ordre ergangen; es befriedigte ihn zu sehen, wie die Soldaten sich daran hielten. Eigentlich ging es darum, die gestohlene Munition zu finden, wenn sie hinausgeschmuggelt wurde – aber wusste man, ob nicht auch welche undeklariert in die Stadt gebracht und dort heimlich verkauft wurde? Es war viel von gärender Unruhe in England zu hören, auch von frechen Raubüberfällen in London am hellen Tag und auf offener Straße. So weit durfte es hier nicht kommen.
    Viktor Malthus war sicher, dass die Munition von ganz normalen Dieben gestohlen worden war, sie würden genug Abnehmer finden, in der Stadt und vor den Toren. Doch so oder so, es war immer gut, die starke Hand und das wachsame Auge des Militärs zu zeigen.
    Der Soldat, der mit seinem bajonettbestückten Gewehr vor dem Tor stand, erkannte den Reiter in der roten Uniform, er salutierte und begann sofort, die Männer und Frauen, die sich an dem Fuhrwerk vorbei durch das Tor hinaus in die St.-Georg-Vorstadt drängten, zur Eile anzutreiben, und schrie auch einen bellenden Befehl in das Dunkel des Tores, um die Nachfolgenden zurückzuhalten, damit der Oberleutnant und sein Begleiter ohne Wartezeit passieren konnten. Niemand murrte, alle beeilten sich, Platz zu machen, und Elias, der seinem Bruder zögernd folgte, fragte sich wieder einmal, wieso es einem Mann solche Privilegien verschaffte, nur weil er eine Uniform trug und im tiefsten Frieden auf den Wällen patrouillierte. Besser gesagt: seine Untergebenen patrouillieren ließ. Kurzum: einem Mann, der keiner richtigen Arbeit nachging.
    Einer der Männer auf dem Weg aus der Stadt und nach Osten schien der gleichen Meinung zu sein. Er war von kräftiger, nicht sehr großer Gestalt, sein Gesicht wettergegerbt, wie von vielen Jahren auf See. Der schwarze, kurzgeschorene Bart gab ihm trotz der hellen Augen etwas Düsteres. Kurz bevor er den Offizier auf dem nervösen Apfelschimmel passierte, räusperte er sich derb und spuckte aus. Sein Auswurf verfehlte die Hufe nur um wenige Zoll, und der Blick, der Viktor traf, war so abschätzend wie verächtlich.
    Niemand außer den beiden Malthus’ bemerkte die kleine Attacke, alle hatten es eilig, vor der Dunkelheit ihr Ziel zu erreichen. Elias sah dem ohne Hast und mit

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