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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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sich für das Grüppchen interessieren, das nun aus dem Auto stieg.
    »Maul halten«, sagte der Magere. Der Junge war ebenfalls schon auf dem Bürgersteig. Der Alte fuhr weiter.
    ›Seafood Murmansk‹, stand in schwungvoller Schrift über der Tür, zu der sie nun geführt wurde.
    Zwei Frauen mit Einkaufstaschen gingen vorbei. Sie plauderten miteinander. Britta hätte gern geschrien, aber sie nahm sich zusammen. Eine ältere Frau führte ihren Dackel an der Leine spazieren. Das Tier blieb stehen und sah Britta an. Die Frau mußte es energisch weiterzerren.
    Ein paar Häuser weiter war ein Laden für Surfing und Wassersportbedarf mit sehr bunt bemalten Schaufenstern und einem aufgetakelten Surfbrett vor der Tür. Die Sonne schien. Es war ein milder Spätsommertag mit knallblauem Himmel. Die Straßenbäume zeigten den ersten Anflug von herbstlichem Gelb nach dem langen, trockenen Sommer.
    Zu dem Seafood-Murmansk-Geschäft führten einige Stufen hoch. Hinter dem Schaufenster waren Pappkartons gestapelt. Es gab eine Verkaufstheke, auf der einige Kaviardosen in unterschiedlichsten Größen das einzige Angebot zu bilden schienen. Und es roch schwer nach Fisch und Muscheln und alten Pappkartons. Was um Himmels willen hatten diese Verbrecher hier zu suchen?
    Britta wurde durch den Laden geführt und einen anschließenden großen, völlig kahlen und unmöblierten Raum. Dann ging es durch einen Gang, eine Treppe hinunter, o Gott, ein Keller, eine Tür, die der Magere öffnete. Eine sehr helle Deckenleuchte wurde eingeschaltet, eine Glühbirne in der Fassung lediglich. Es war ein großer Raum. Die kleinen Fenster mit Ziegelsteinen zugemauert. Spartanische Einrichtung: ein Tisch, drei Stühle, ein Holzsessel mit Armlehnen, beinahe ein Thron. Dorthin dirigierte der Magere sie, hielt sie am Ellenbogen.
    Britta wurde plötzlich bewußt, daß ihre Blase übervoll war. Noch zwei Minuten, und sie würde sich naß machen. Noch nie hatte sie da lange durchhalten können. Der Drang, Pipi zu machen, übertraf an Intensität sogar ihre Angst.
    »Ich muß mal«, sagte sie kläglich.
    Der Magere reagierte nicht.
    »Ich muß sofort!« Sie merkte selber, daß ihre Stimme kickste.
    Der Magere trat dicht vor sie. Sie war daran gewöhnt, daß Männeraugen aufleuchteten bei ihrem Anblick. Diese nicht.
    »Halt's Maul!«
    »Ich muß aber!«
    Unversehens schlug er zu. Die Ohrfeige riß ihr den Kopf zur Seite. Das Trommelfell schien geplatzt zu sein. Tränen traten ihr in die Augen. Nun war es sowieso geschehen. An ihren Schenkeln breitete sich nasse Wärme aus.
    Der Unhold drückte sie auf den harten Sessel. Sie fühlte, wie ihre Wange anschwoll. Erst in diesem Augenblick ging ihr mit letzter Gewißheit der absolute Ernst ihrer Lage auf. Sie saß in einem wahrscheinlich schallisolierten Keller. Zwei Mörder bewachten sie. Der mit dem Revolver hinten im Hosenbund hatte ihr eben mit scheinbarer Belanglosigkeit gezeigt, daß er vor Gewalt ihr gegenüber nicht zurückschreckte. Und der mit dem Messer, der hübsche kleine Junge, der immer wieder zugestochen hatte vorhin, bevor der andere das Massaker durch einen ganz leisen Schuß beendet hatte, der sah gelassen zu. Vielleicht sogar genüßlich? Er war bestimmt nicht um einen Deut mitleidiger.
    Sie hatten etwas mit ihr vor. Jaaa, sie hatten etwas mit ihr vor! Was? Sie wußte es nicht. Doch sie hätten sie getötet oder laufenlassen, auf keinen Fall hätten sie die Zeugin mitgeschleppt in diesen Keller, wenn sie nicht etwas mit ihr vorhätten.
    Der Junge war von hinten an ihren Sessel herangetreten und warf ihr plötzlich eine Schlinge über, die er etwa in Höhe ihrer Schenkelbeuge an der Lehne festzerrte. Der Magere ergriff ihre rechte Hand. Sie ließ es ohne Widerstand geschehen, daß er den Unterarm mit einem Lederriemen an der Sessellehne festschnallte. Dasselbe tat er mit ihrem linken Arm.
    Sie schloß die Augen, als sei es so möglich, zu entfliehen in ein anderes Land. Vielleicht würde sie aus einem Alptraum erwachen, wenn sie die Augen wieder öffnete?
    Sie spürte, wie die beiden Männer nun ihre Füße an die vorderen Stuhlbeine schnallten. Dann gingen sie wortlos zur Tür und machten das Licht aus. Sie machten das Licht aus! Es war stockdunkel. Sie hörte, wie die Tür verschlossen und offenbar verriegelt wurde.
    Nein, das kann nicht wirklich sein. Ein schrecklicher Traum. Es kann nicht sein, daß ich hier angeschnallt sitze wie ein Todeskandidat auf dem elektrischen Stuhl! Ich hab' doch

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