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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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räumte die Gläser vom Tisch und schnappte sich dabei den Geldschein.
    Lennart dachte an Mossa. Wo konnte er nur sein? Er hatte ihn seit Wochen nicht mehr gesehen. Mossa verteilte seine Gunst auf Stockholm und Uppsala, und gelegentlich fuhr er sogar bis nach Dänemark. Lennart hegte den Verdacht, daß ihn nicht nur Spiele nach Kopenhagen führten. Es war von Stoff die Rede, obwohl Lennart nicht glaubte, daß der Iraner so bescheuert war, mit Drogen zu dealen.
    Mossa war Spieler und bekannt für seine Vorsicht. In den letzten Jahren war er nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten, was jedoch nicht bedeutete, daß er auf dem Pfad der Tugend wandelte, sondern lediglich zeigte, wie geschickt er sich verhielt. Er stand in dem Ruf, Polizei und Staatsanwaltschaft könnten ihm nichts anhaben.
    Lennart kannte ihn seit etwa zehn Jahren. Er wußte, daß John manchmal mit Mossa gespielt hatte, daß er den schweigsamen schmächtigen Mann gemocht hatte. John setzte zwar nur selten größere Beträge und niemals in den Partien, in denen ordentlich zugelangt wurde, war aber dennoch ein gern gesehener Mitspieler, wenn es um geringere Einsätze ging, bei den gemütlichen Zwischenspielen, in denen nicht das Geld, sondern die Geselligkeit wichtig war.
    Mossa spielte nie in Clubs, außer ganz selten einmal Roulette; wenn es ums Kartenspiel ging, hielt er sich an private Spielrunden.
    Lennart war ein paarmal mit von der Partie gewesen, verfügte aber letztlich weder über das nötige Geld noch die erforderliche Ausdauer.
    »Ich habe gehört, daß er in Stockholm ist«, sagte der Barkeeper, »zu Weihnachten aber wieder in die Stadt kommen soll. Seine Mutter wohnt ja hier.«
    Na also, es wird, dachte Lennart. Er wußte, wo die Mutter wohnte, aber sich bei ihr nach ihrem Sohn zu erkundigen, kam nicht in Frage. Mossa würde ausrasten. Es gab andere Wege.
    »Danke«, sagte er und legte einen Hunderter auf die Theke.
     
    Er trat auf die Kungsgatan hinaus und folgte der Sankt Persgatan in östlicher Richtung. Vor dem Haus der Heilsarmee blieb er stehen, steckte sich eine Zigarette an und betrachtete das Haus, in dem er als Wölfling gewesen war, allerdings nur einmal. Das war beim Osterfest der Pfadfinder gewesen, und er hatte jede Menge Eier gegessen. Bengt-Ove, ein Nachbarsjunge, hatte ihn dorthin gelockt.
    Später war er einmal im Suff in das Heilsarmeehaus hineingestolpert. Im Foyer wurde er von Bengt-Ove empfangen, der seit seiner Wölflingszeit dabeigeblieben war. Sie hatten sich ein paar Sekunden lang angesehen, und dann hatte Lennart wortlos auf dem Absatz kehrtgemacht.
    Damals hatte er sich dafür geschämt, daß er betrunken war und so abgerissen aussah, und jedesmal, wenn er an dem Haus vorbeikam, regte sich diese Scham wieder in ihm. Im Grunde war Bengt-Ove ganz in Ordnung. Er hätte Lennart bestimmt keine Vorwürfe gemacht, und ihn wegen seines Lebenswandels, seiner stinkenden und zerrissenen Kleider, seiner Fahne und seines Lallens nicht getadelt. Damals war er am Boden gewesen, und in seinem Rausch hatte er sich an das Osterfest der Wölflinge vor dreißig Jahren erinnert, so als wäre er durch seinen einzigen Besuch in diesem Haus jemand, der dazugehörte.
    Lennart fragte sich manchmal, was wohl passiert wäre, wenn er damals geblieben wäre. Er hatte ein paar Freunde, die bekehrt worden waren und der Kriminalität und dem Alkohol abgeschworen hatten. Wäre ihm das auch gelungen? Er glaubte es nicht, aber sein Besuch bei der Heilsarmee hatte den Gedanken an ein anderes Leben in ihm geweckt. Er gab es nur ungern zu, aber er betrachtete den hastig abgebrochenen Besuch inzwischen als eine vertane Chance. Im Grunde hatte er sich das wie so oft erst im nachhinein zurechtgelegt; es war ein schöner Gedanke, vor allem in Momenten großer Reue.
    Er gab niemandem eine Schuld. Früher hatte er das getan, doch mittlerweile war sein Weltbild so abgeklärt, daß er wußte, sein Leben lag einzig und allein in seiner Hand. Was nützte es da, von Ungerechtigkeiten zu schwafeln? Er hatte seine Chance gehabt. Lennart ging weiter.
    Die Liste mit den Namen steckte in der Brusttasche seiner Jacke. Drei hatte er abgehakt, es blieben also noch fünf Personen, zu denen er Kontakt aufnehmen wollte. Er würde erst ruhen, wenn der Mörder seines Bruders umzingelt werden konnte. Seine acht Waffenbrüder mußten ihm dabei helfen.
    Er beschloß, zu Micke zu gehen. Sie hatten seit dem Mord an John noch nicht miteinander gesprochen. Er wußte, daß Micke

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