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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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weiter Richtung Schloß.
    Bei seiner Flucht zog er sich die Mütze über und bewegte sich den Schloßhügel zur Nedre Slottsgatan hinab. Er verließ den Park am oberen Ende des Svandamm. Dort atmete er erst einmal durch, nahm etwas Schnee, rieb sich das Gesicht sauber und zog die Mütze bis über die Augenbrauen.
    Ein Taxi fuhr vor dem Restaurant Flustret los. Er stoppte es mitten auf der Kreuzung und setzte sich auf die Rückbank. Der Taxifahrer sah ihn im Rückspiegel an.
    »Nach Årsta«, sagte Vincent Hahn und war selber erstaunt, daß seine Stimme so normal klang. »Sie können mich im Zentrum absetzen.«
    Im Funkgerät krachte es. Der Fahrer tippte etwas in seinen Fahrtencomputer ein, ehe er Gas gab und an der Islandsbron vorbeifuhr.
    Während der Fahrt sagte Vincent nichts, dachte aber um so intensiver nach. Nun war er ein gejagter Mann, und er plante mit einer gewissen Begeisterung, wie er seine Verfolger hereinlegen würde. Bisher war es gut gelaufen. Die Spur würde sich am Krankenhaus verlieren. Der Mann, der ihn in seinem Auto mitgenommen hatte, würde sich bestimmt bei der Polizei melden, sobald er morgen die Tageszeitung gelesen hatte. Das Pärchen mit der Mütze dagegen wahrscheinlich nicht. Jetzt kam es nur darauf an, keine Dummheiten zu machen. Die Wunde mußte versorgt werden, das war jetzt das Wichtigste.
    Er bezahlte und gab reichlich Trinkgeld, stieg aus und wartete, bis das Taxi davongefahren war, ehe er die Straße nach Salabackar überquerte. Jetzt hing alles davon ab, ob Vivan zu Hause war, seine ehemalige Schwägerin. Sie war seit fast fünfzehn Jahren von seinem Bruder Wolfgang geschieden. Vivan wohnte in einer Dreizimmerwohnung in der Johannesbäcksgatan. Platz gab es also genug, die Frage war nur, ob sie ihn hereinlassen würde. Sie sahen sich nicht sehr oft, trafen sich nur ab und zu in der Stadt. Zwei-, dreimal waren sie dann einen Kaffee trinken gegangen, und sie hatte ihn auch einmal in Sävja besucht. Sein Bruder meldete sich nur selten bei ihm; der Kontakt zu Vivan war auch eine Möglichkeit, sich über Wolfgang auf dem laufenden zu halten, der seit zehn Jahren in Tel Aviv lebte.
    Er warf einen Schneeball gegen ihr Fenster und war außerordentlich zufrieden mit sich, weil er schon beim ersten Wurf getroffen hatte. Vivans Gesicht erschien unmittelbar danach zwischen den Gardinen, so als hätte sie dort gestanden und nur darauf gewartet, daß an diesem Abend ein Schneeball angeflogen kam.
    Obwohl das Fenster im dritten Stock war, konnte er erkennen, daß sie Angst hatte. Vielleicht dachte sie ja, es wäre ihr Exmann. Im ersten Jahr nach der Scheidung hatte Wolfgang sie terrorisiert, angerufen, an die Tür gehämmert und ihr vor dem Hauseingang aufgelauert, wenn sie zur Arbeit wollte.
    Lächelte sie deshalb, als sie entdeckte, daß es ihr Schwager war? Das Gesicht verschwand vom Fenster, und einige Sekunden später ging das Licht im Treppenhaus an. Vincent empfand Dankbarkeit, was äußerst selten vorkam. Endlich jemand, der für mich da ist, dachte er und trat dicht vor die Tür.
    Vivan lächelte immer noch, als sie ihm aufmachte, aber ihr Lächeln verwandelte sich in eine erschreckte Miene, als sie sein Gesicht sah.
    »Was ist denn mit dir passiert?«
    »Ich bin überfallen worden«, sagte er mit unterwürfiger Stimme, was sie noch mehr verschreckte.
    »Überfallen?« wiederholte sie mechanisch.
    Er nickte und trat ein.

20
    Mossa blieb vor dem Restaurant kurz stehen. Er holte eine Zigarette heraus, zündete sie an, nahm einen Zug und nickte einem Bekannten zu, der gerade hineingehen wollte. Lennart fand, daß Mossa alt geworden war. Die dunklen Haare waren nicht mehr so dunkel, und die Körperhaltung war nicht mehr so selbstsicher wie früher, aber Mossa hatte nach wie vor Stil. Er ist kühl, dachte Lennart, nicht kalt, aber kühl.
    Der Iraner war allein. Das war er meistens, und deshalb war er auch immer gut zurechtgekommen. Er spielte seine Karten selber aus, zahlte seine Spielschulden selber, strich aber vor allem die Gewinne alleine ein.
    Jetzt setzte er sich in Bewegung. Lennart folgte ihm, jedoch mit gehörigem Abstand. Er hatte das Gefühl, daß Mossa sonst etwas spüren könnte, so als hätte er ein eingebautes Radar. Lennart wollte abwarten. Auf offener Straße Kontakt zu ihm aufzunehmen, das war keine gute Idee, denn man wußte nie, wer sie zusammen sah. Lennart war das egal, aber Mossa konnte in dieser Hinsicht empfindlich sein.
    Lennart folgte ihm die Sysslomansgatan

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