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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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Summen gewonnen haben könnte. Warum hatte er Lennart nichts davon gesagt? Sicher, John war niemand, der solche Dinge herausposaunte, seinem einzigen Bruder hätte er allerdings schon erzählen können, daß er ein kleineres Vermögen gewonnen hatte. Warum diese Verschwiegenheit? Nicht einmal Berit hatte etwas davon erfahren dürfen. Micke war der einzige, der wußte, um wieviel Geld es ging, auch wenn er es nicht zugeben wollte.
    Was hatte John vorgehabt? Das hatte sich Lennart in den letzten Tagen gefragt, ohne eine Erklärung zu finden. Er glaubte, daß die Antwort auf die Frage, wer John ermordet hatte, hier lag. Irgend etwas, mit dem sein Bruder sich insgeheim beschäftigt hatte, war ihm zum Verhängnis geworden.
    Er hätte seinen Bruder beschützen können. Wenn John doch nur etwas erzählt hätte, dann hätte Lennart ihn rund um die Uhr begleitet und ihm den Rücken freigehalten. Dazu hatte man doch Brüder. John hingegen hatte ihn nicht in seine Pläne eingeweiht, und das schmerzte Lennart doppelt.
    Micke stand auf der Dragarbrunnsgatan. Den Firmenwagen hatte er auf dem Bürgersteig geparkt. Als Lennart kam, hatte er den größten Teil der Ausrüstung bereits ausgeladen.
    »Eigentlich wäre es besser, wenn man es Sonntag früh machen würde«, meinte Micke und hob ein paar rote Kegel von der Ladefläche.
    Lennart erwiderte nichts, sondern half ihm wortlos. Es war Jahre her, daß er seine Winterausrüstung getragen hatte, und er kam sich vor, als wäre er verkleidet. Er konzentrierte sich darauf zu verstehen, was seine Aufgabe sein würde, aber sie war nicht weiter schwierig. Abladen, Warnschilder und Absperrungen aufstellen.
    Micke redete mit dem Hausmeister, der ihnen die Schlüssel besorgte und Zugang zum Dach verschaffte. Lennart schaute hinauf. Es war hoch, allerdings nicht so hoch, daß er nicht damit klargekommen wäre, aber Micke würde ihn niemals aufs Dach lassen.
    Er litt nicht immer an Höhenangst, das wechselte. Sein Vater hatte ihn auf eine ganze Reihe von Dächern mitgenommen. Damals hatte er keine Angst gehabt. Das war erst später gekommen. Auf den Baustellen hatte er nur ungern auf einem Gerüst oder einem mehrstöckigen Rohbau gearbeitet, aber das hatte er sich nicht anmerken lassen.
    Die ersten Stunden ging alles glatt. Der morgendliche Verkehr wurde immer dichter, und Lennart achtete darauf, daß niemand die abgesperrte Zone betrat. Es war gar nicht so kalt, so daß man sich warm halten konnte, indem man die Arme um sich schlug und auf der Straße ein wenig auf und ab ging.
    Die Busfahrer nickten ihm zu, wenn sie vorbeifuhren. Eine ältere Frau beschwerte sich darüber, daß die Gehwege nicht gut genug geräumt würden. Ein alter Bekannter aus der Ymergatan ging vorbei, tat jedoch, als würde er Lennart nicht kennen, vielleicht war er in seinem Aufzug auch nicht zu erkennen.
    Gegen neun wurde er langsam unruhig. Um diese Uhrzeit versammelten sie sich sonst immer in der Nähe des Alkoholgeschäfts und warteten darauf, daß es öffnete. Glücklicherweise kam Micke zu einer Kaffeepause herunter, und er konnte diese Gedanken für eine Weile verdrängen. Sie tranken den Kaffee im Auto. Die Tassen dampften, und durch ihre Atemzüge beschlugen sofort die Scheiben.
    »Wir kommen gut voran«, faßte Micke zusammen. »Wie läuft es mit den Leuten?«
    »Kein Problem. Die meisten sind gut gelaunt. Es ist nur ein bißchen langweilig.«
    Micke warf ihm einen Blick zu. Vielleicht ahnte er, was in Lennarts Kopf vorging. Er goß sich noch eine Tasse ein.
    »Sehnst du dich auf die Dächer hinauf?« fragte er.
    »Nein, das kann ich nicht behaupten.«
    »Hast du mal mit Albin zusammengearbeitet?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich habe ihm manchmal ein bißchen geholfen. Jetzt würde mich kein Mensch mehr rauflassen.«
    Die restliche Zeit der kurzen Pause schwiegen sie. Lennart spürte, daß er wieder unruhig wurde. Er sollte den Mörder jagen, nicht auf der Straße stehen und versuchen beschäftigt auszusehen.
    Im Laufe des Vormittags verschoben sie die Absperrung mehrmals und arbeiteten sich die Straße herab. Die Eisstücke schlugen mit einem spröden, aber dennoch harten Geräusch auf die Straße. Die Leute blieben fasziniert von der Schönheit der Eiszapfen und der Kaskaden aus zersplitterndem Eis stehen.
    Lennart schob Schnee und Eis vom Bürgersteig, während er gleichzeitig nach oben und zu beiden Seiten sah. Er blieb stehen und ruhte sich einen Moment auf die Schaufel gestützt aus. Ein bekanntes

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