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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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Fredriksson studierte Rydes Bericht über Vivan Molins Wohnung. Nichts Besonderes, überall waren Fingerabdrücke von Vincent Hahn. Das einzige, was sie in einem versteckten Winkel gefunden hatten und was Fredriksson die Augenbrauen hochziehen ließ, war ein Paar Handschellen, die Ryde zusammen mit zwei Pornos und einem Massagestab in einem Schrank entdeckt hatte. Batteriegetrieben mit zwei Stufen, wie Ryde mit einer gewissen Begeisterung vermerkt hatte.
    Sie hatten gerade erst damit begonnen, sich einen Überblick über Vivan Molins Familie und ihren Freundeskreis zu verschaffen. Ihre Eltern lebten nicht mehr, sie hatte keine Geschwister. In ihrem Telefonbuch stand eine »Tante Bettan«, die sich jedoch nicht gemeldet hatte, als die Polizei bei ihr anrief. Fredriksson hatte Julius Sandemar, einen jungen Beamten, gebeten, sich noch einmal mit Hahns Bruder in Tel Aviv in Verbindung zu setzen. Er schien der einzige zu sein, der ihnen etwas über eventuelle Verwandte sagen konnte. Außerdem sollte er darüber informiert sein, daß bei seinem Bruder dringender Tatverdacht in einem Mordfall bestand.
    Jemand hatte gemeint, Hahn könnte vielleicht das Land verlassen wollen, um seinen Bruder in Israel aufzusuchen, aber es stellte sich heraus, daß er keinen gültigen Paß hatte. Die Kollegen am Flughafen Arlanda waren dennoch informiert worden.
    Fredriksson hatte nicht die geringste Ahnung, wo Hahn sich jetzt aufhalten könnte. Seltsam, dachte er, ein Mensch ohne soziale Kontakte. Wohin geht ein so einsamer Mann? In die Kneipe? Es fiel ihm schwer, sich Hahn an einer Theke vorzustellen. In die Stadtbücherei? Schon eher. Sandemar würde mit einem Foto in die Bücherei gehen müssen, um es dem Personal zu zeigen. Gab es in Sävja vielleicht eine Stadtteilbibliothek? Fredriksson bezweifelte es. Die Stadtteilbibliotheken schienen nach und nach alle geschlossen zu werden.
    Sie hatten mit den Ärzten in Sävja und mit der Universitätsklinik gesprochen, aber Hahn war nirgendwo registriert. In Ulleråker war er wegen Depressionen behandelt worden, aber das war vor acht Jahren gewesen. Der Arzt, der ihn damals behandelt hatte, war nicht mehr da.
    Die Durchsuchung der Wohnung hatte ebenso wenig erbracht. Fredriksson ahnte, daß Hahn früher oder später wieder auftauchen würde, aber tatenlos abzuwarten, bis ein Mörder sich verriet, war nicht nach seinem Geschmack. Er wollte ihn aufspüren, seine Phantasie ließ ihn jedoch im Stich.
    Mit den traditionellen Kriminellen hatte man es leichter, über ihre Rückzugsorte und ihren Bekanntenkreis war man in der Regel gut informiert. Ein psychisch kranker Mensch, ein Einzelgänger war dagegen unberechenbar und viel schwerer zu finden. Auf der anderen Seite hatte Fredriksson die Erfahrung gemacht, daß diese Leute, wenn die Sache erst einmal ins Rollen gekommen war, öfter Fehler machten und letztlich leichter gefaßt werden konnten.
    Fredriksson war überzeugt, daß sie es mit zwei Mördern zu tun hatten. Im Grunde beharrte nur Sammy Nilsson darauf, daß Hahn mit dem Mord am kleinen John in Verbindung stand. Er vertrat die Theorie, daß Hahn sich für alte Demütigungen in der gemeinsamen Schulzeit rächen wollte. Sammy glaubte nicht an einen Zufall und suchte nach dem Zusammenhang. Ottosson ließ ihn einstweilen gewähren. Sammy hatte begonnen, Klassenkameraden von John, Gunilla Karlsson und Hahn aufzustöbern. Die meisten wohnten noch in Uppsala, und Sammy hatte bereits eine Handvoll von ihnen getroffen, aber bisher war dabei nichts herausgekommen, was dafür sprach, daß Hahn sich auf einem Rachefeldzug befand. Trotzdem konnte sich in Vincents Gehirn ein Ereignis festgesetzt haben, in dem außer ihm kein Mensch ein Motiv für einen Mord sehen würde.
     
    Nachdem er die Wohnung seiner ehemaligen Schwägerin verlassen hatte, war Hahn zur Vaksalagatan gegangen und hatte den Bus ins Stadtzentrum genommen. Die Mütze, die er am Vorabend gestohlen hatte, verbarg die Wunde auf seiner Stirn. Er hatte siebenhundert Kronen in Vivans Wohnung gefunden, das war nun seine gesamte Barschaft. Jetzt gab es nur noch einen Ort, an den er fliehen konnte.
    Der Geruch der Menschen im Bus verwirrte ihn und machte ihn wütend, zugleich hatte er das Gefühl, daß die Erinnerung an Vivans Röcheln, als er die Telefonschnur immer fester um ihren Hals gezogen hatte, ihn größer werden ließ. Er konnte sich über die erbärmlichen Menschen im Bus erheben. Sie hatten nichts mit ihm zu tun. Sie waren klein. Er war

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