Der tote Raumfahrer
träumen...« murmelte er langsam. Nach einer Pause fügte er hinzu: »Und was der Mensch heute zu träumen wagt, setzt er morgen in die Tat um.«
Erneut folgte langes Schweigen. Hunt nahm eine Zigarette aus seinem Etui und zündete sie an. »Wissen Sie«, sagte er schließlich und blies eine Rauchwolke gegen die Glaswand der Kuppel, »Es ist eine lange Reise bis zum Jupiter. Wir könnten uns unten einen Drink genehmigen –als Marschverpflegung sozusagen.«
Eine Zeitlang schien Danchekker diesen Vorschlag in Gedanken von allen Seiten abzuwägen. Schließlich wandte er sich, soweit das innerhalb der Kuppel möglich war, von der Aussicht ab und drehte sich um, um Hunt direkt anzublicken.
»Lieber nicht, Dr. Hunt«, sagte er ruhig.
Hunt seufzte und erweckte den Anschein, als wolle er sich abwenden.
»Jedoch...« Der Tonfall von Danchekkers Stimme hielt ihn zurück, bevor er sich bewegen konnte. Er sah auf.
»Wenn Ihr Metabolismus in der Lage ist, den ungewohnten Schock nichtalkoholischer Getränke auszuhalten, dann wäre ein ordentlicher Kaffee... äh... vielleicht ausgespro-chen willkommen.«
Es war ein Witz. Danchekker hatte tatsächlich einen Witz gerissen.
»Ich werde es schon irgendwie überleben«, gab Hunt zurück, als sie auf die Lifttür zuschritten.
19
Die Einschiffung in das in der Umlaufbahn befindliche Jupiter-Fünf -Leitschiff war erst ein paar Tage später vorgesehen. Danchekker würde reichlich damit zu tun haben, letzte Vorbereitungen für den Transport seines Teams und der Geräteausstattung von der Mondoberfläche hinauf in den Orbit zu treffen. Hunt, der mit diesen Aktivitäten nichts zu tun hatte, arbeitete eine Reiseroute für die Örtlichkeiten aus, die er während der freien, ihm zur Verfügung stehenden Zeit besuchen wollte.
Zuerst einmal flog er mit einem Oberflächentransporter nach Tycho, wo er sich ein Bild von den Ausgrabungsar-beiten verschaffte, die in den Gebieten, in denen man auf Spuren der Lunarier gestoßen war, immer noch durchgeführt wurden. Hier lernte er schließlich viele der Leute kennen, die bisher für ihn nur als Gesichter auf Bildschirmen existiert hatten. Er besuchte auch die nicht weit von Tycho stattfindenden Tiefengrabungen und -bohrun-gen, mit denen Ingenieure versuchten, bis zu den Kernre-gionen des Mondes vorzustoßen. Sie glaubten, daß dort unten umfangreiche Erzadern gefunden werden konnten.
Wenn dies der Fall war, dann konnte der Mond innerhalb von Jahrzehnten zu einer gewaltigen Raumschiffswerft werden, in der Teile in Fertigungsanlagen auf der Oberfläche vorfabriziert und dann zur Endmontage in die Umlaufbahn transportiert wurden. Die ökonomischen Vorteile, Fernraumschiffe hier und aus Rohmaterialien des Mondes zu konstruieren, ohne alles aus dem Gravitationsfeld der Erde hierherschaffen zu müssen, versprachen gewaltig zu sein.
Als nächstes reiste Hunt zu den riesigen optischen Radioobservatorien von Giordano Bruno auf der Mondrückseite. Gigantische Teleskope, die durch keine Atmosphäre mehr behindert und deren Meßdaten nicht mehr durch das Eigengewicht entstellt wurden, und empfindliche Empfänger, die hier von den unablässigen irdischen Inter-ferenzen abgeschirmt waren, schoben die Grenzen des bekannten Universums weit über die Schranken hinaus, die ihren erdgebundenen Vorgängern auferlegt gewesen waren.
Hunt saß fasziniert vor den Bildschirmen und suchte die Planeten einiger naher Sterne heraus. Man zeigte ihm einen, der neunmal so groß wie Jupiter war, und einen anderen, der auf einer verrückten achtphasigen Bahn einen Dop-pelstern umkreiste. Er blickte tief ins Herz der Andromeda-Galaxis, betrachtete ferne Fleckchen an der äußersten Grenze des Erkennbaren. Wissenschaftler und Physiker beschrieben das neue, seltsame Bild des Kosmos, das sich aufgrund ihrer Arbeiten hier abzuzeichnen begann, und erklärten einige ihrer aufregenden Fortschritte im Verständnis der Raum-Zeitmechanik. Möglicherweise ließen sich bald Methoden für die Umgestaltung der astronomischen Geodäsie entwickeln. Bisher hatte man immer geglaubt, extrem hohen Geschwindigkeiten sei eine oberste Grenze gesetzt, doch vielleicht konnte man sie umgehen. Falls ja, dann würde die interstellare Reise zu einem durchführbaren Vorhaben werden. Einer der Wissenschaftler sprach die Überzeugung aus, daß der Mensch in fünfzig Jahren die Galaxis durchqueren würde.
Hunts letztes Ziel brachte ihn zurück auf die erdzugewandte Seite – zur Kopernikus-Basis, in
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