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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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sich das Mondgestein bis hin in beträchtliche Tiefen, möglicherweise bis auf die Hälfte der Entfernung zum Kern, in glutflüssiges Magma. Die Hitze, die das bewirkte, stammte von der durch weitere Aufnahme von Materie freigesetzten Gravitationsenergie. Während der darauf folgenden Abkühlungsphase sanken die schweren, eisenhaltigen Mineralien ab, während die leichteren, aluminiumreichen an die Oberfläche stiegen und die Hochlandkruste formten. Ein fortdauerndes Meteoritenbombardement sorgte immer wieder für eine Durchmischung und komplizierte den Prozeß bis zu einem gewissen Grad. Aber vor 4,3 Milliarden Jahren war die Herausbildung der Kruste so gut wie abgeschlossen. Das Bombardement dauerte bis vor 3,9 Milliarden Jahren an, und zu dieser Zeit existierten bereits die meisten bekannten Oberflächenformationen. Von diesem Zeitpunkt an bis vor 3,2 Milliarden Jahren stieg basaltische Lava empor, deren erneute Verflüssigung an manchen Orten durch Konzentrationen radioaktiver Hitzequellen unter der Oberfläche verursacht wurde, ergoß sich in die Becken, die von Meteoriteneinschlägen stammten, und schuf die dunklen Mare. Die Kruste kühlte sich bis hinab in größere Tiefen weiter ab, und bald konnte Geschmolzenes nicht mehr an die Oberfläche durchdringen. Danach blieb über Äonen hinweg alles unverändert. Gelegentlich entstand ein weiterer Meteoriten-Einschlagskrater, und niedersinkender Staub sorgte für eine teilweise Erodierung des obersten Millimeters der Oberfläche, aber im wesentlichen wurde der Mond zu einer toten Welt.
    Diese Entwicklungsgeschichte leitete sich aus genauen Beobachtungen und begrenzten Erforschungen der erdzugewandten Seite ab. Untersuchungen der erdabgewandten Seite von Orbitalobservatorien aus ließen vermuten, daß sich dort in etwa dasselbe abgespielt hatte, und da dies in Einklang mit der existierenden Theorie stand, wurde ihre Stichhaltigkeit auch Jahre nach dem Apolloprogramm von niemandem in Zweifel gezogen. Natürlich mußten noch einige Details geklärt werden, aber das allgemeine Bild stand überzeugend fest. Als der Mensch jedoch in größerer Anzahl auf den Mond zurückkehrte und dort länger blieb, führten Bodenerschließungsarbeiten auf der erdabgewandten Seite zu vollkommen unerwarteten und völlig überraschenden Entdeckungen.
    Obgleich die Oberfläche der erdabgewandten Seite für einen entfernten Beobachter genauso wie die der erdzugewandten Seite aussah, bewies die Beschaffenheit im mikroskopischen Bereich, daß ihre Entwicklungsgeschichte eine total andere war. Als sich überdies Stützpunkte, Startrampen, Kommunikationseinrichtungen und all das andere Zubehör, das den Menschen überallhin begleitete, auf der erdzugewandten Seite auszubreiten begann, ließ die daraus resultierende methodische Oberflächenerfassung auch dort Seltsamkeiten zutage treten.
    Die Untersuchungen der Gesteinsproben, die von den acht bis zur Mitte der siebziger Jahre erforschten Mondregionen stammten, hatten zu übereinstimmenden Resultaten geführt, die die orthodoxen Theorien erhärteten. Selbst als aus acht erforschten Orten Tausende wurden, paßte der größte Teil der zusätzlichen Informationen ins Bild – bis auf einige Ausnahmen, die anzudeuten schienen, daß einige der geologischen Formationen auf der erdzugewandten eigentlich auf die erdabgewandte Seite gehörten.
    Keine der auf gut Glück hervorgebrachten Erklärungen war wirklich überzeugend. Aber bald gerieten diese Dinge aus dem Brennpunkt der Aufmerksamkeit. Die Direktoren und Offiziere der UNWO störten sich jedoch nicht sehr daran, zumal die rein wissenschaftliche Aktivität auf dem Mond inzwischen zugunsten intensiver Bautätigkeit zurückgegangen war. Nur Studentengruppen an einigen Universitäten fanden die Zeit, sich über die Differenzen in den spektralen Eigenschaften von Mondstaubproben Gedanken zu machen. So verblieb die Akte mit den dokumentierten Angaben über ›Anomalien der Mondhemisphären‹ über lange Jahre hinweg – zusammen mit unzähligen anderen – im ›Bisher ungelöst‹-Ablagefach der Wissenschaft.
     
    Zur Routinearbeit der Gruppe L gehörte eine methodische Überprüfung des gegenwärtigen Erkenntnisstandes in jedem Wissenschaftszweig, der von Bedeutung für die Bewältigung des Lunarierproblems sein konnte. Alles, was mit dem Mond zusammenhing, stand natürlich hoch oben auf der Checkliste, und bald hatte die Gruppe genügend Informationen zusammengetragen, um eine kleine Bibliothek zu

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