Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
hatte einen Gast gehabt, eine koreanische Dame namens Do Ik. Diese hatte für ihr Zimmer tageweise bezahlt und war am Mittwoch abgereist. Sie hatte allen ein großzügiges Trinkgeld gegeben und keinen Ärger gemacht. Ja, sie hatte einen Fotoapparat dabei, aber sie war Touristin. Da war das doch ganz normal. Angesichts der Wirtschaftslage konnte es nicht überraschen, dass ihr Zimmer seit ihrer Abreise nicht neu vermietet worden war, wohl auch, weil es zur Hauptstraße hinausging.
    Der Deutsche salutierte, als die Polizeiparade an seinem Zimmer vorbeimarschierte, und seine neue Freundin rannte fluchtartig in die Hütte. Die Rezeptionistin schloss die Tür zum Zimmer der Koreanerin auf: B4.
    »War irgendjemand in diesem Zimmer, seit sie ausgezogen ist?«, fragte einer der Detectives aus Bangkok.
    »Ja, die Putzfrau«, antwortete sie.
    »Sonst noch jemand?«
    »Nein.«
    Das Zimmer war etwas klein für eine achtzehnköpfige Suchmannschaft, doch weder Bangkok noch Lang Suan oder Pak Nam waren bereit, die Verantwortung den anderen zu überlassen. Man einigte sich auf eine Delegation von zwei Männern aus jeder Dienststelle, insgesamt sechs. Alle trugen vorschriftsmäßig Gummihandschuhe, hoben Laken und Handtücher aber trotzdem vorsichtig mit dem stumpfen Ende von Bleistiften an und öffneten damit auch die Schubladen. Es war ein Riesenzufall, dass ein Beamter vom Revier in Pak Nam die einzige Spur im ganzen Zimmer fand. Und was für eine Spur! Sie war von derart entscheidender Bedeutung, dass der Fall sich plötzlich weit öffnete. Ging es bisher um lokale Ermittlungen in einem unbedeutenden Mordfall, so waren diese plötzlich von weltweitem Interesse.
    Es war Lieutenant Chompu, der den winzigen Zettel entdeckte, der offenbar unter das Sitzkissen eines der unbequemen Plastikstühle gerutscht war. Darauf war handschriftlich die Adresse einer Website notiert. Jeder, der Chompus lustige Bemerkungen am Mitteilungsbrett in Pak Nam gelesen hatte, mochte eine gewisse stilistische Nähe erkennen. Er hatte seine Handschrift so gut wie möglich verstellt, doch da die Detectives aus Bangkok den Zettel sofort an sich nahmen, wurde dieser Zusammenhang nie hergestellt. Und es fragte auch niemand, wieso die Verdächtige ihre eigene Internetadresse auf einen Zettel schreiben sollte. Vom kriminalistischen Standpunkt aus betrachtet, gab es über die mangelhafte Kooperationsbereitschaft innerhalb der Polizei so einiges zu sagen.
    Wir drei – Opa Jah, Lieutenant Chompu und ich – saßen an einem unserer Strandtische. Ein Reigen regionaler Speisen, von überallher zusammengekauft, stand vor uns, zugedeckt mit Tellern und Klarsichtfolie. Wir hatten eine Flasche Whisky, 100 Pipers – für Opa Jah auf Eis, für Chompu und mich Mizuwari . Das ist Japanisch und heißt »im Wasser ertrunken«. Wir waren immer noch ganz aufgeregt, nach allem, was uns der Lieutenant erzählt hatte.
    »Ich bin direkt auf den Stuhl zugesteuert«, sagte er. »Ich konnte den Zettel mit der Webadresse unterbringen, aber ich dachte, es geht bestimmt schief, wenn ich die Fotos auch noch unter die Matratze schiebe. Ich meine, wir waren zu sechst in einem zwei mal zwei Meter großen Zimmer.«
    »Glauben Sie, es reicht?«, fragte ich.
    »Um einen Zusammenhang zwischen der geisteskranken Mika und dem Mord an Abt Winai herzustellen? Das ist schwer zu sagen. Höchstwahrscheinlich wird man Videoaufnahmen finden, auf denen Dok Ik bei der Einreise zu sehen ist, diese mit dem Foto auf der Website vergleichen und sagen, dass es sich um eine völlig andere Person handelt.«
    »Sie ist mit ihrem eigenen Pass ein- und wieder ausgereist«, sagte Opa.
    Beide blickten wir auf.
    »Wie kommst du darauf?«, fragte ich.
    »Sie hat sich solche Mühe gegeben, ihren Ausweis bei der Autovermietung nicht vorzeigen zu müssen. Indem sie einen Wagen mit Chauffeur gemietet hat, musste sie ihren Reisepass nicht hinterlegen. Und in der Ferienanlage hat man auch nicht nachgesehen. Sie kam in die richtige Gegend. Die Hotels brauchen hier so verzweifelt Gäste, dass sie sich im Grunde überhaupt nicht dafür interessieren, wer man ist.«
    »Die Reisepass-Theorie würde uns das Leben bestimmt viel leichter machen, falls sie stimmt«, sagte Chompu. »Aber das stellt noch immer keinen Zusammenhang zwischen ihr und dem Mord her. Solange man weder dem Chauffeur noch der Rezeptionistin im 69 ein neueres Foto von Mika Mikata zeigen kann, gibt es keine Verbindung zu dem Mord. Einzig und allein Ihr

Weitere Kostenlose Bücher