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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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hat die Haft keinerlei Auswirkungen auf Ihre malerischen Qualitäten gehabt«, sagte ich.
    Sie drehte sich um und fand mich in mehr oder weniger derselben Haltung wie bei unserer ersten Begegnung. Sie lächelte und wandte sich wieder ihrer Aufgabe zu.
    »Manche lernen es nie«, sagte sie.
    »Hab ich auch schon gehört. Ist Abt Kem zurück?«
    »Er war nie weg. Er hat da oben eine Höhle, hinter dem Bergkamm. Da geht er manchmal hin, um nachzudenken.«
    Das klang glaubwürdig. Ich konnte mir nicht ernstlich vorstellen, dass er nach Bangkok raste, um seine holde Maid zu retten. Die Nonne steckte den langen Büffelhaarpinsel in die Dose. Er fiel heraus, spritzte ihr die Knöchel voll und blieb in einer weißen Pfütze vor ihren Füßen liegen. Sie lachte und ließ ihn dort.
    »Er hat ein Eigenleben«, sagte sie. »Wie könnte ich je hoffen, ihn zu zähmen?«
    Sie ging den Weg entlang, blieb kurz stehen, um nachzusehen, ob ich ihr folgte. Ich war nicht mit einem Plan gekommen, einem Fragebogen, einer Taktik. Wenn sie nicht mit mir reden wollte, war ich darauf vorbereitet. Ich würde mich verabschieden, ihr Glück wünschen und sie mit ihren Geheimnissen allein lassen. Aber es war, als hätte sie auf mich gewartet. Wir setzten uns auf ihre Veranda und blickten in den Himmel auf. Es war einer dieser Tage, an denen man dachte, dass Mutter Natur ihre Farbideen vielleicht beim Betrachten teurer Swimmingpools fand.
    »Wenn ich doch nur so malen könnte«, sagte sie. Unerwartet sah sie mir direkt in die Augen. Ich empfang seltsame Zuneigung für sie. »Der junge Polizist meinte, ich hätte meine Freiheit Ihnen zu verdanken.«
    »Daran waren mehrere beteiligt, aber ich nehme das Lob gern in deren Namen entgegen.«
    Sie nickte, was ich als Dank auffasste.
    »Er hatte etwas in seinem Herzen«, legte sie ohne Vorwarnung los. »Er sah weder gut aus, noch war er stark, nicht mal ein besonders guter Schüler, aber er hatte etwas in seinem Herzen, das ich fühlen konnte. Ich war dreizehn oder vierzehn, kämpfte mich durch diesen Hindernisparcours, den alle Teenager meistern müssen, und sah nicht, wo mein Platz auf diesem Planeten war. Ich fing an, ihm Fragen über das Leben zu stellen. Keine Fragen wie: ›Warum sind wir hier?‹ Nur kleine Geheimnisse des Lebens. ›Glaubst du, Bäume spüren Schmerz?‹, ›Würden Ameisen gern unabhängig sein?‹ Eher lächerlich. Aber er hatte immer eine Antwort, die mich zum Nachdenken brachte, und sie ergab für mich immer einen Sinn. Er heiterte mich auf.
    Und je älter ich wurde, desto wichtiger wurden mir seine Antworten. Wir wurden gute Freunde, er wurde wie ein Teil von mir. Ich kann das, was ich für ihn empfunden habe, nicht ›Liebe‹ nennen, nicht im physischen Sinne. Es war wie ein wundervoller Friede, ihn in meinem Leben zu haben. Vielleicht war meine Seele in seine verliebt. Dann wurde er Mönch. Es hat mich kein bisschen überrascht. Ich wusste, er brauchte Anleitung, um mit all den Gefühlen zurechtzukommen, über die wir gesprochen hatten. Als er ging, fühlte ich mich so schrecklich leer, nicht wegen des Menschen, sondern wegen der Botschaft. Ich wusste, dass ich bereit war, selbst zu suchen. Ich war bereit für ein Leben in Frömmigkeit und Bescheidenheit.
    Über gemeinsame Freunde blieben wir in Kontakt. Viele Jahre haben wir uns nicht gesehen, aber wir trugen einander im Herzen. Das wusste ich immer. Und dann erfuhr ich völlig überraschend, dass ich einen Hirntumor habe. Ein Glioblastom. Es ist inoperabel. Ich war nicht am Boden zerstört, weil wir alle irgendwann ins nächste Leben weiterziehen, aber ich erwähnte es beiläufig in einem Brief an Abt Kem. Zu meiner Überraschung lud er mich hierher ein, um die mir verbleibende Zeit mit einem alten Freund zu verbringen. Also kam ich her. Und ich warte. Es hat schon angefangen. Meine hervorragende Koordination ist Ihnen ja schon aufgefallen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis mein Verstand meinem handwerklichen Geschick folgt. Ich werde nicht mehr wissen, an welchem Ende ich den Pinsel festhalten soll oder welche Farbe weiß ist.
    Er und Abt Winai haben viele Stunden über mich gesprochen. Wahrscheinlich hätte es mir schmeicheln sollen, dass zwei bedeutende Männer so viel Zeit in mich investierten. Am Tag des Mords fällten sie die Entscheidung, dass ich bleiben sollte. Und hier bin ich nun.«
    Zwei bis drei große Holzblöcke drückten mir auf die Brust. Ich konnte weder atmen noch weinen. Ich musste mir mit Seufzern

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