Der Tote vom Kliff
stellen
computergesteuerte Werkzeug- und Präzisionsdrehmaschinen her, die unter anderem
in der Waffenproduktion heiß begehrt sind.«
»Dann ist es nicht verwunderlich, wenn die Chinesen so
heiß auf das Unternehmen und dessen Know-how sind. Das würde auch erklären,
dass …« Lüder brach mitten im Satz ab. Er wollte in Gegenwart von Balzkowski
nicht den Namen Dr. Dr. Buurhove erwähnen.
»Ich habe mich da mal schlaugemacht«, fuhr Balzkowski
fort. »Der alte Konsul möchte den Konzern gern behalten. Leider hat er alles
seinem unfähigen Sohn übergeben.«
»Das zeugte aber nicht von Weitblick«, warf Christoph
Johannes ein.
»Er konnte nicht anders. Jedenfalls möchte Dr. Gisbert
Hundegger jetzt Kasse machen. Gegen den Widerstand des Seniors. Der ist noch
ein alter Unternehmer von echtem Schrot und Korn. Der Konsul empfindet
Verantwortung für das Wohl seiner Belegschaft und hat auch in schwierigen
Zeiten eine hohe soziale Kompetenz bewiesen.«
»Warum ist er entmachtet worden? Zumindest klingt es
so.«
»Darf ich noch einen Kaffee?«, lenkte Balzkowski ab.
Während Große Jäger Nachschub bestellte, wiederholte
Christoph Johannes seine Frage.
»Das ist schon ein Weilchen her. Da war etwas aus dem
Ruder gelaufen, und es gab ein paar Probleme.«
»Welcher Art waren diese?«
Balzkowski sah Christoph Johannes an und zuckte die
Schultern. »Keine Ahnung. Man munkelt, dass es Versäumnisse in der
Weiterentwicklung gab. Der Laden war nicht innovativ genug. Jedenfalls hat die
gute Verbindung zum damaligen Direktor der Stuttgarter Zweigniederlassung der
Bank dazu beigetragen, dass Hundegger gerettet wurde.«
»Wissen Sie, wer das war?«
»Sicher. Dr. Laipple, den man jetzt auf Sylt
umgebracht hat. Da gibt es alte Seilschaften rund um Stuttgart. Der Laipple
stammt aus Calw. Die hängen doch alle irgendwie zusammen. Da weiß jeder vom
anderen, welchen Dreck der am Stecken hat. Laipple war schon immer ein
Cleverle. Der hat das Potenzial, das in der Hundegger-Fabrik steckte, erkannt
und die Bank als Investor eingebracht. Die sind bis heute an
Hundegger-Industries beteiligt und haben es auch ermöglicht, dass der alte
Hundegger sich ein Imperium zusammenkaufen konnte. Darunter unser Stahlwerk und
auch Noskemeier aus Neumünster. Ich vermute, dass die Bank im Rahmen der Finanzkrise
auch neues Geld braucht und deshalb aufseiten des jungen Hundegger ist, der
alles verkloppen will. Die wollen Kasse machen. Da kommen die Chinesen gerade
recht. Überlegen Sie einmal. Wenn jetzt viele Banken Unmengen von Geld
verlieren, dann muss es doch irgendwo geblieben sein. Geld löst sich nicht in
Luft auf. Man spricht immer nur von Verlusten, aber irgendwo ist es doch
geblieben.«
»Solche Leute wie Gruenzweig?«
»Sie müssen schon selbst zu einer Meinung kommen.«
Lüder betrachtete Christoph Johannes nachdenklich. Der
Leiter der Husumer Kripo bewies ein außergewöhnliches Geschick, Balzkowski
Informationen zu entlocken, die plötzlich vieles klarer aussehen ließen.
Insbesondere schien es jetzt eine Verbindung zwischen den Beteiligten zu geben,
auch wenn die unterschiedlichen Tatausführungen der Morde an Gruenzweig und Dr.
Laipple auf zwei Täter deuteten. Warum wurde der Bankmanager ermordet?
Enthielten die entwendeten Papiere so brisante Informationen?
»Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen
Vater und Sohn Hundegger einerseits und Dr. Laipple andererseits«, mischte sich
Lüder ein. »Die Hundeggers sind Unternehmer. Dr. Laipple war Manager.«
Balzkowski beugte sich vor. Die Schläfenadern traten
deutlich hervor. Der Volksmund nannte sie Zornesadern.
»Ich halte nichts von Managern. Wir erinnern uns an
Daimler. Da wurden im Größenwahn Milliarden verpulvert, als die Chrysler
kauften und jedes Jahr Unmengen in den maroden Laden buttern mussten. Haben Sie
schon vergessen, dass Daimler Eigentümer der Fokker Flugzeugwerke war, als die
pleitegingen? Was war mit BMW und
Rolls-Royce? Jeder Familienvater überlegt beim Kauf eines neuen Autos, wie hoch
der Wiederverkaufswert ist. Aber die Manager, die kaufen – wie die Allianz –
für Milliarden mal eben eine Bank, die über hundert Jahre gut und allein
gewirtschaftet hat – und versilbern sie nach einiger Zeit wieder für die
Hälfte. Macht nichts? Doch! Wenn die das Geld nicht verbrannt hätten, könnte
mir die Versicherung bequem einen wesentlich höheren Gewinnanteil für meine
Lebensversicherung auszahlen. So funktioniert Misswirtschaft. Nein,
Weitere Kostenlose Bücher