Der Tote vom Kliff
Anhaltspunkte, was
Hundegger möchte. Bisher sind es nur Vermutungen, dass er sein ganzes Imperium
an die Chinesen verkaufen will.«
»Wir bleiben am Ball«, versprach Helge Thiel.
Wenn wir nur wüssten, welche Dokumente Dr. Laipple von
seinem Mörder entwendet wurden, dachte Lüder auf dem Rückweg in sein
Dienstzimmer. Ich weiß immer noch zu wenig von den Beteiligten, setzte er seine
Überlegungen fort. Welche Geheimnisse umgeben Vater und Sohn Hundegger, die
beiden Opfer Gruenzweig und Laipple, Dr. Dr. Buurhove? Warum nahm sich Hubert
Fixemer das Leben? Lüder begann seine Informationen zusammenzufügen.
Es war eine ganze Weile später, und der Notizblock vor
ihm hatte sich schon mit einer Reihe von Stichworten gefüllt, als Große Jäger anrief.
Der Oberkommissar berichtete von den jüngsten
Ereignissen auf der Insel.
»Bei mir hat es geklingelt, als Gödeke Matthiessen von
der Begegnung mit einem Fremden sprach. Die zwei haben sich ordentlich etwas
hineingeschüttet. Kollege Paulsen hat einen Mitarbeiter in die Kneipe
geschickt. Der Wirt konnte die Passage bestätigen. Matthiessen ist ihm bekannt,
aber den zweiten Zechkumpan konnte er nicht beschreiben. Und als Matthiessen
erwähnte, dass der andere behauptete, Betriebsrat eines Unternehmens zu sein,
das geschlossen werden soll, dachte ich an Hubert Fixemer.«
»Das könnte zutreffen«, überlegte Lüder laut. »Obwohl
Balzkowski behauptet hat, er hätte mit Fixemer getrunken.«
»Es passen noch mehr Dinge. Bei Fixemer wurde eine
erhebliche Alkoholkonzentration im Blut gemessen.«
»Aber erst am Folgetag, als er Selbstmord beging.«
»Restalkohol«, erklärte Große Jäger. »Da kenne ich
mich aus. Außerdem ist der Tranquilizer identisch. Die Spuren fanden sich
sowohl in Fixemers wie in Gruenzweigs Blut.«
Große Jäger legte eine Pause ein, und da Lüder
schwieg, fuhr er fort: »Hinzu kommt die zeitliche Übereinstimmung. Am Abend,
als Matthiessen und seine neue Bekanntschaft kräftig getrunken haben, wurde
Gruenzweig ermordet.«
»Moment«, fuhr Lüder dazwischen. »Das ist doch ein
Entlastungsargument.«
»Stimmt«, erwiderte Große Jäger. »Also muss Lothar
Balzkowski, der andere Betriebsrat, Matthiessens Zechkumpan gewesen sein. Das
hat er uns auch im Gespräch auf Sylt bestätigt, als wir ihn uns vorgenommen
hatten. Er hat uns sogar die Kneipenquittung gezeigt. Mit seiner Einlassung, er
hätte mit Fixemer getrunken, wollte er diesem ein Alibi verschaffen.«
»Also doch Fixemer«, sagte Lüder halblaut.
»Der ja auch am Morgen nach dem Mord panikartig
abgereist und nach Neumünster zurückgekehrt ist.«
»Da müssen wir noch nachbohren.«
»Habe ich mir gedacht«, sagte Große Jäger. »Deshalb
habe ich mich mit Lothar Balzkowski in Verbindung gesetzt. Der fährt heute von
Sylt zurück nach Gelsenkirchen. Er wird in Husum Station machen und uns in der Direktion
aufsuchen.«
»Da wäre ich gern dabei«, sagte Lüder.
»Sie haben ein schnelles Auto. Wir warten mit dem
Verhör, bis Sie da sind.«
Es ist ein Phänomen, dass eine Strecke, die man ein
zweites oder drittes Mal fährt, nicht mehr so weit erscheint wie beim ersten
Mal. Lüder war über die Autobahn zweiter Klasse, wie er die Verbindung zwischen
Kiel und Rendsburg nannte, auf der es keinen Randstreifen gab, über die
Kanalhochbrücke bis Schleswig/Schuby gefahren und hatte dann die Bundesstraße
Richtung Husum genutzt. Diese Querverbindung ließ sich relativ schnell
bewältigen, es sei denn, man hatte einen Lkw oder landwirtschaftlichen Verkehr
vor sich.
Er stellte seinen BMW hinter dem Gebäude der Husumer Polizeidirektion in der Poggenburgstraße ab und
traf im Büro Christoph Johannes und Große Jäger. Der dritte Schreibtisch war
immer noch leer.
»Da wohnt Mommsen«, erklärte Große Jäger. »Das Kind.
Der ist schon im zweiten Jahr auf der Polizeihochschule in Münster. Der soll
Karriere machen. Aber im Herbst kommt er wieder.« Er schniefte durch die Nase.
»Ist dann wohl so ‘ne Art Polizeigeneral. Und das hier in Husum.«
Große Jäger angelte nach einer zerknautschten
Zigarettenpackung und zündete sich einen Glimmstängel an. Er bemerkte Lüders
erstaunten Blick. »Ich weiß. Das ist in öffentlichen Gebäuden verboten. Nur
nicht in Husum. Die Nordfriesen sind eben liberal und tolerant. Ich hätte den
sehen mögen, der dem Chef untersagt hätte, in seinem Büro Zigarre zu rauchen.
Apropos Chef … Vielen Dank auch.«
Lüder war eben so ratlos wie Christoph
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