Der Tote vom Maschsee
Dr. Offermanns Spaziergängen
gefragt, ehe Sie mir das mit der Sozietät unter die Nase gerieben haben. Und
zum Schluss, quasi im Vorbeigehen, kam die wichtigste Frage, wegen der Sie
gekommen sind, nämlich die nach dem Diktiergerät.«
»Ãh, ja. Kann sein«, gesteht Fernando und schaut sie reuig von unten
herauf an.
»Wichtig ist auch das, was jemand nicht sagt. Zum Beispiel hat
Strauch so gut wie nichts über seine Kindheit erzählt.«
Fernando nickt. »Stimmt. Da muss was gewesen sein.«
»Ganz sicher. Dann lauschen Sie mal weiter.«
»Warten Sie! Kennen Sie diesen Strauch persönlich? Wissen Sie, wie
er aussieht?«
»Ich bin ihm noch nicht begegnet. Martin sagte, er sehe
durchschnittlich aus. MittelgroÃ, einigermaÃen gut gebaut, nicht schön, nicht hässlich.
Warum?«
»Nur so. Der Stimme nach habe ich ihn mir als knorzigen Gartenzwerg
vorgestellt. So was wie Goebbels in jung.«
Sie schüttelt den Kopf und schlieÃt leise die Tür, wie man es beim
Verlassen eines Krankenzimmers macht.
Ob ich sie zum Mittagessen einladen soll, überlegt Fernando.
»â¦Â gabâs halt eine günstige Wohnung und
eine Werkstatt im Hinterhof.«
»Verstehe.«
»Sind ja nicht nur die Türken, auch diese Punks
und Junkies überall. Aber wenigstens hat mich damals keiner rumkommandiert, ich
war mein eigener Herr.«
»Das hat Ihnen gefallen.«
»Ja.«
»Hatten Sie damals eine Freundin?«
»Ja, in Garbsen habe ich bei Sonja gewohnt. Die
ist mit nach Linden gezogen. Sie hat auch gesagt, ich soll mich selbstständig
machen.«
»Hat Sonja gearbeitet?«
»Als Friseuse.«
»Wie war das Verhältnis zwischen Ihnen beiden?«
»Gemischt. Anfangs gut, später nicht mehr so.«
»Gab es Streit?«
»Ja, manchmal. Sie wollte immer bestimmen, was
Sache ist. Hat mich runtergemacht, ich würde zu wenig Geld verdienen, hätte ihr
weià Gott was versprochen. Aber gleichzeitig hat sie ständig rumgemeckert, wenn
ich weg war. Ich hatte Aufträge, auch auswärts. Was hätte ich machen sollen?
Aber ich habe sie nie geschlagen, oder so.«
»Wie war der Sex?«
»Das war das Einzige, wo wir uns verstanden haben,
Sonja und ich. Ich hatte auch mal andere Frauen, wenn sie mich genervt hat. Ich
war nicht so ein Frustrierter, der keine abkriegt, falls Sie das meinen.«
»Hatten Sie nach Ihrer Entlassung aus Hameln
Kontakt zu Ihrer Mutter?«
»Nein. Hab sie einmal angerufen, weil es mir
dreckig ging, finanziell. War aber irgendein Macker am Telefon. Da hab ich nur
meine Nummer hinterlassen. Sie hat aber nie zurückgerufen.«
»Wissen Sie noch ungefähr, wann das war?«
»Das war noch, als ich in Gehrden gewohnt habe.«
»Ihre Werkstatt in Linden ⦠Wo genau war die?«
»In der DieckbornstraÃe, Hinterhof.«
»Und wo haben Sie gewohnt?«
»Im Vorderhaus. Dritter Stock, Altbau.«
»Haben Sie auch gelegentlich in Ihrer Werkstatt
übernachtet?«
»Ja. Wenn ich Krach mit Sonja hatte.«
»Was war das für ein Raum?«
»Ein ganz normaler Raum.«
»Mit einem Kellerraum, der dazu gehörte.«
»Hören Sie, ich weiÃ, worauf Sie hinauswollen.«
»Ja?«
»Ja.«
(Einige Sekunden Stille.)
»Woher kannten Sie Birte?«
»Wen?«
»So hieà das Mädchen, das tot auf den Bahngleisen
gefunden wurde. Birte Lahm.«
»Ich habe sie nie gefragt, wie sie heiÃt.«
»Sie wollten ihren Namen nicht wissen?«
»Nein. Sie war für mich mehr so ein Objekt.«
»Sie kannten Sie also vorher nicht?«
»Nein, aber das steht doch alles in den Akten,
das habe ich alles schon vor Jahren erzählt.«
»Vielleicht steht da ja was Falsches. Ich möchte
es gerne von Ihnen hören.«
»Ich habe sie nie vorher gesehen. Sie ist auf den
Hof gekommen, weil die Werkstatt, die ich gemietet hatte ⦠da war früher eine
Fahrradwerkstatt. Die stand plötzlich vor mir, mit ihrem Rad. Felge verbogen.
Ich habe ihr gesagt, dass hier keine Fahrradwerkstatt mehr ist.«
»Und dann?«
»Dann weià ich nicht mehr, was über mich gekommen
ist. Ich war an dem Tag so ScheiÃe drauf, weil ich gerade entdeckt hatte, dass
Sonja fremdgegangen war. Die hat das auch noch zugegeben und gesagt: âºWas
erwartest du denn, du Versager.â¹ Und dann ist mir noch ein dicker
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